Chemischer Pflanzenschutz – was läuft schief?
Zukunft Obstbau – eine fachliche Bewertung
Der chemische Pflanzenschutz gerät in der Öffentlichkeit zunehmend unter Druck. Im Obstbau können wirtschaftlich bedeutende Schaderreger schon jetzt nicht mehr ohne sogenannte Notfallzulassungen bekämpft werden. Zudem führt die einhellige Meinung und das Verhalten vieler Verbraucher, dass man makelloses ungespritztes Obst und Gemüse auch zu Schleuderpreisen bekommen kann, dazu, dass die landwirtschaftliche Produktion nicht entsprechend honoriert wird. In Deutschland schließen nach Aussage der Fachgruppe Obstbau rund 100 Obstbaubetriebe jährlich ihre Tore, da sie nicht mehr auskömmlich wirtschaften können.
Foto: W. Dahlbender
Aus fachlicher Sicht ist ein chemischer Pflanzenschutz unverÂzichtbar. Drei wesentliche Aspekte nehmen einen entscheidenden Einfluss auf den chemischen PflanzenÂschutz und lassen ihn unter enormen Druck geraten:
- Klimawandel begünstigt wärmeliebende und bereits etablierte SchadÂerreger.
- Verfügbarkeit wirksamer chemischer PSM nimmt dramatisch ab.
- Die Anforderungen des LebensÂmitteleinzelhandels steigen in Deutschland weiter an.
Der Klimawandel ist auch im Obstbau angekommen. Infolge der immer wärmeren Winter treiben die Obstgehölze immer früher aus und die Gefahr von Spätfrostschäden steigt damit deutlich an. Zunehmende HagelerÂeignisse, Unwetter mit Starkregen sowie zunehmende Trockenheit und Hitze erschweren den Anbau der und erfordern von den Obstbauern hohe Investitionen in Hagelnetze und in die Bewässerung. So ist der Anbau vielerorts ohne Bewässerung kaum noch möglich.
Kirschessigfliege und invasive Wanzen erschweren Obstbau
Der Klimawandel hat allerdings auch Auswirkungen auf den Pflanzenschutz:
- Zunehmendes Aufreten neuer Schädlinge, wie Fruchtfliegen, invasive WanÂzenarten, wärmeliebende SchildÂläuse
- Positiver Einfluss auf bereits etablierÂte Schadinsekten, wie Spinnmilben, Pflaumenwickler oder Apfelwickler
Neue invasive und wärmeliebende Schaderreger breiten sich von Süden her kommend in Deutschland aus. Diese sind mit biologischen oder biotechnischen Maßnahmen nicht oder nicht alleine wirksam bekämpfbar. Die Marmorierte Baumwanze ist das beste Beispiel, sie verursacht bereits am Bodensee erhebliche Fruchtschäden an Apfel und Birne. Schwer bekämpfbare Schildlausarten wie die Maulbeerschildlaus oder die Rote Austernförmige Schildlaus nehmen überhand und besiedeln zunehmend auch Kirschen und Zwetschen.
Uwe Harzer – LW 11/2020