Was folgt aus der Pflanzenschutzsaison 2019?

Obstbauern bereiten sich auf viele Schaderreger vor

Der milde Winter 2018/2019 führte zu einem frühen Austrieb der Obstgehölze. Bereits Anfang März waren die Knospen beim Apfel aufgebrochen. Am deutlichsten konnte man den frühen Saisonbeginn am Apfelblütenstecher erkennen, der bereits Ende Februar aktiv wurde und in den bekannten Befallslagen abgeklopft werden konnte. Ungewöhnlich war der frühe Befall an den Knospen, bereits im Grünspitzenstadium konnten Einstichlöcher der Käfer beobachtet werden.

Ob Apfelblütenstecher oder Marmorierte Baumwanze - ob einheimische oder mit dem Klimawandel eingewanderte Schaderreger - es braucht im Obstbau Pflanzenschutzmittel, um die neuen Entwicklungen aufzufangen.

Foto: U. Harzer

Normalerweise reichen Behandlungen im Mausohrstadium aus, um Befall zu verhindern, in 2019 kamen die Gegenmaßnahmen im Mausohrstadium allerdings zu spät. Ein Versuch, der am DLR Rheinpfalz in Neustadt durchgeführt wurde, hatte dies anschaulich bestätigt. Der Versuch wurde vierfach wiederholt an der Sorte Gala angelegt, die Behandlungen mit Calypso als Vergleichsmittel und mit Exirel erfolgten am 12. und 19. März im Mausohrstadium. In Grafik 1 sind die Klopfprobenfänge aus der Versuchsparzelle und die Behandlungstermine dargestellt. Die Knospen an der Sorte Gala befanden sich am Versuchsstandort in der zweiten Märzdekade im Mausohrstadium, bereits an den ersten Märztagen konnten Knospen im Grünspitzenstadium beobachtet werden.

Calypso als Vergleichsmittel erreichte im Versuch bei zwei Behandlungen einen Wirkungsgrad von nur 49 Prozent. Exirel konnte den Befall gegenüber Unbehandelt immerhin um 83 Prozent reduzieren.

In Unbehandelt lag der Befall zum Zeitpunkt der Bonitur bei immerhin knapp 25 Prozent befallener Einzelblüten. Die Bonitur erfolgte am 23. April an 100 Einzelblüten pro Parzelle.

In Grafik 2 sind die Ergebnisse nochmals graphisch dargestellt. Die einmalige Behandlung von Exirel zu dem späteren Termin fiel in der Wirkung gegenüber der Doppelanwendung doch deutlich ab, das heißt der zweite Termin am 19. März war deutlich zu spät.

In einem Blütenstecherversuch des Landratsamts Karlsruhe in 2019 erreichte Exirel bei nur einer Anwendung am 6. März einen Wirkungsgrad von 96 Prozent bei 22 Prozent befallener Blütenbüschel in Unbehandelt. Da Nordbaden und die Pfalz in der Phänologie der Bäume vergleichbar sind, unterstreicht dieser Versuch, dass die Behandlungen in Neustadt zu spät erfolgten und die Behandlung im Grünspitzenstadium auf dem Augustenberg durch das LRA Karlsuhe (A. Fried, E. Schell) optimal terminiert war.

Konsequenzen für das Jahr 2020 beim Apfelblütenstecher

Da zur Bekämpfung des Apfelblütenstechers in Deutschland keine ausreichend wirksamen Insektizide zugelassen sind, hat die Fachgruppe Obstbau für 2020 einen Antrag auf Notfallzulassung nach Art. 53 der VO (EG) 1107/2009 für Exirel gestellt. Mittlerweile wurde diese Zulassung für 120 Tage ab dem 15. Februar bis zum 13. Juni erteilt. Damit ist gewährleistet, dass das Mittel rechtzeitig zu Beginn der Blütenstecheraktivität zur Verfügung steht. Das DLR Rheinpfalz wird frühzeitig mit Klopfproben beginnen und die Aktivität des Käfers verfolgen, um den optimalen Bekämpfungstermin bestimmen zu können. Warnhinweise beachten.

Das Jahr 2019 hat abermals gezeigt, dass die milden Winter und die mittlerweile sehr warmen bis heißen Sommer auch für schwer bekämpfbare wärmeliebende Schildlausarten sehr förderlich sind. Der Befall durch die San José-Schildlaus, Maulbeerschildlaus, Rote Austernschildlaus und Ahornschmierlaus nimmt weiter zu. So konnte in zwei Apfelanlagen in Meckenheim bei Neustadt an Fuji 39 Prozent und an Braeburn 26 Prozent Fruchtbefall durch die San José-Schildlaus bonitiert werden. In der Südpfalz nimmt der Befall durch die Maulbeerschidlaus an Süßkirschen deutlich zu, besonders betroffen sind die beiden Sorten Samba und Grace Star.

Da die meisten dieser invasiven Schildlausarten nicht ausreichend durch eine Austriebsspritzung mit einem Mineralöl bekämpft werden können, fehlt derzeit in Deutschland ein wirksames zugelassenes Insektizid, das im Mai (rückstandsrelevante Anwendung) gegen die Wanderlarven der Schildläuse eingesetzt werden kann. Movento SC 100 wäre eine sichere und nachhaltige Lösung, dies haben viele Versuche des amtlichen Dienstes und die Praxiserfahrungen des letzten Jahres in aller Deutlichkeit bestätigt. Mit einer zweimaligen Anwendung des Mittels im Mai konnte in vielen Pfirsichbetrieben die schwer bekämpfbare Maulbeerschildlaus sehr eindrucksvoll bekämpft werden. Movento SC 100 stand in der vergangenen Saison über eine Notfallzulassung zur Verfügung. Die Fachgruppe Obstbau hat aufgrund der positiven Erfahrungen mit Movento auch für 2020 einen Antrag auf Notfallzulassung zur Bekämpfung der Schildläuse im Steinobst gestellt.

Uwe Harzer – LW 13/2020