Digitalisierung Zukunftsthema der Maschinenringe

Erste Anwendungen in Kassel vorgestellt

Der Bundesverband der Maschinenringe ist gut aufgestellt. Diesen Eindruck erweckte der Tag der Maschinenringe vergangene Woche in Kassel. Dort wurden zum einen die ersten Anwendungen aus der Digital-Strategie vorgestellt. Zum anderen steht der Bundesverband laut Aussage seines Präsidenten Leonhard Ost finanziell auf gesunden Füßen und kann sich aus den Mitgliedsbeiträgen der Landesverbände und den Erträgen seiner GmbH finanzieren.

Bei der Präsentation unterschiedlichster Dienstleistungsangebote in Kassel vertrat der Maschinenring Wetterau mit seinem Angebot die hessischen Farben mit von links: Tobias Reitschmidt, Yannick Nagel, Christian Seibert, Vorsitzender, Eckhard Baumgarten und Klaus Jung-König, Vorstand.

Foto: Dietz (5), MR (1)

Die Veranstaltung, die unter dem Motto „Menschen/Wissen/Digitalisierung stand, fand zum vierten Mal in Hessen statt. „Für uns als Landesverband hat das eine besondere Bedeutung. Das Kongress-Palais in Kassel ist ein toller Rahmen, und Nordhessen ist zudem eine Region mit starken Maschinenringen“, so der Vizepräsident des Bundesverbandes und Landesvorsitzende Hessen, Friedrich Schäfer.

Landwirtschaft in nur einer Generation stark verändert

„Wir werden es schaffen, alle Landwirte am technischen Fortschritt, der sich aus der Digitalisierung, dem Zukunftsthema der Maschinenringe, ergibt, teilhaben zu lassen“, erklärte Leonhard Ost, Präsident des Bundesverbandes. „Die Digitalisierung nimmt Fahrt auf. Nach der Vorstellung der Digital-Strategie im vergangenen Jahr stellen wir die ersten Anwendungen vor“, so Ost. So ist die neue Software für die Geschäftsstellen der Maschinenringe (MR) einer der zentralen Pfeiler der Digitalstrategie der MR.

Als weiteren Pfeiler der Digital-Strategie nannte der Bundesvorsitzende die Weiterbildungsangebote der Akademie der MR. Denn anhaltende Weiterbildung sei die Voraussetzung dafür, mit der rasanten technischen Entwicklung Schritt zu halten. „Wie wir heute in der Landwirtschaft arbeiten, hat mit dem, wie nur eine Generation vor uns in der Landwirtschaft gearbeitet wurde, kaum noch etwas zu tun“, so Ost. Neben der gemeinsamen Nutzung von Maschinen sorgen die MR nach Ost für weitere Einkünfte ihrer Mitglieder. Aus Tätigkeiten, die die MR organisierten, wie Winterdienst, Grün-

anlagenpflege oder andere Dienstleistungen konnten 2018 8 Mio. Euro an Landwirte ausgeschüttet werden.

Zuverlässiger Datensatz für Cross-Compliance

Erwin Ballis, Geschäftsführer des Bundesverbandes, bezeichnete die Ackerschlagkartei als Grundlage für zahlreiche Dienstleistungen für die Landwirte. „Das ist die einzige Ackerschlagkartei auf dem Markt, bei der die Basis eine digitale Plattform ist, die ausschließlich Landwirten, den Mitgliedern der MR gehört“, so Ballis. Damit werde auch klar definiert, dass die Datenhoheit immer beim Landwirt liege.

Vorgestellt wurde eine App, um Diesel-Sammelbestellungen durchzuführen, und eine Mitglieder-App, die künftig einen einfachen Zugang für die Landwirte zu allen digitalen Anwendungen bieten wird. Überdies gibt es neu einen sogenannten Werbebaukasten, mit dessen Hilfe bundesweit ein einheitliches Erscheingungsbild aller MR möglich wird, wie das bei den Sparkassen der Fall ist.

Denken die Lösungsansätze für die Digitalisierung vom Landwirt her und nutzen konsequent deren Wissen und Erfahrung: Die Mitglieder des Teams Digitalisierung, angesiedelt in der Bundesgeschäftsstelle in Neuburg.

Foto: Dietz (5), MR (1)

Das Team Digitalisierung um Erwin Ballis versteht sich als Ideenschmiede. In einem Rollenspiel wurde erläutert, wie elektronisch vom Lohnunternehmer erfasste Daten zu von ihm durchgeführten Düngungs- oder Pflanzenschutzarbeiten zum MR gelangen, der im Hintergrund damit die fälligen Geldströme organisiert, wie die Daten weiter wandern zum Steuerberater, der sie in die Steuererklärung einfließen lässt, und wie sie letztlich beim Landwirt verbleiben, der mit diesem revisionssicheren Datensatz gewappnet ist für Cross-Compliance-Prüfungen. Dieser Zwang zur Daten-Integration erfordert auch eine veränderte Herangehensweise an Konzepte für die Digitalisierung.

„Wir machen uns eine Methode zu Nutze, wie sie in den angelsächsischen Ländern seit langem üblich ist“, so Ballis. „Mit der Methode 80/20 wird ein Programm zu 80 Prozent entwickelt. Anschließend befragen wir die Mitglieder, machen uns deren Wissen und Erfahrungen zu eigen. Dann erst vervollständigen wir das Programm und sind unterm Strich erheblich schneller am Ziel. Wir haben eine Lust am Ausprobieren entwickelt“, so der Geschäftsführer. Alle zu entwickelnden Programme werden laut Ballis vom Landwirt als Anwender her gedacht. Daher auch die unmissverständliche Aufforderung des Teams Digitalisierung an die Zuhörer: „Ihr entscheidet über Eure Zukunft! Wirkt mit! Das machen nicht alleine die von der Bundesgeschäftsstelle in Neuburg. Das können wir gar nicht.“

Blick über Tellerand gehört dazu

„Der Kunden-Mehrwert ist entscheidend für Erfolg oder Misserfolg eines digitalen Angebotes“, so Verena Fink von der Kölner Unternehmensberatung Woodpecker Finch. In die Falle fehlender Kundennähe können nach ihr unbewegliche Großkonzerne genauso geraten wie flotte Start-ups. Ein digitales Tagebuch etwa für Frauen von Frauen in den USA entwickelt scheiterte, weil an den Kundinnen vorbei gedacht. Dasselbe Angebot unter der Bezeichnung Affären 2.0 war erfolgreich, weil eine zusätzliche App dafür sorgte, dass die übermittelten Daten sofort nach dem Lesen zuverlässig gelöscht werden. Finks Empfehlung an die MR: Ausprobieren, einfach machen, sich die Frage stellen, was braucht der Landwirt von übermorgen.

Wie weit die MR über den Tellerrand ihrer Arbeit hinausschauen, kann man am Entwicklungshilfeprojekt sehen. Im Senegal in Westafrika gründete der Bundesverband zwei MR. Als der deutsche Mitarbeiter nach drei Monaten wieder vorbeischaute, hatten die bereits 1 000 Mitglieder geworben.

Dz – LW 26/2019