Direktvermarktung über den Milchautomaten

Seminar informiert über Voraussetzungen und Rentabilität

Landwirte suchen nach Möglichkeiten und Alternativen zum niedrigen Milchpreis der letzten Monate. Einkommenschancen können Milchautomaten darstellen. Diese erfreuen sich daher steigender Beliebtheit. Doch bei der Einrichtung eines Milchautomaten gilt es einiges zu beachten. Das Thema „Direktvermarktung der Milch ab Hof“ war daher Inhalt eines gemeinsamen Seminars der Landesvereinigung Milch Hessen, des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen (LLH) und des Vereins für Landvolkbildung vorige Woche in Friedrichsdorf.

Einen Einblick in die Praxis erhielten die Teilnehmer bei der Besichtigung des Milchautomaten der Familie Wien in Friedrichsdorf-Burgholzhausen.

Foto: Petra Will

40 Teilnehmer, Landwirte und Vertreter von Behörden, waren der Einladung der Landesvereinigung Milch Hessen, des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen (LLH) und des Vereins für Landvolkbildung nach Friedrichsdorf gefolgt, um sich zu diesem Thema umfassend zu informieren und untereinander auszutauschen. Markus Stamos, Landesvereinigung der Milchwirtschaft Nordrhein-Westfalen, erläuterte rechtliche Voraussetzungen für die Abgabe von Rohmilch und die Anforderungen an den Aufstellungsort, die Ausstattung und den Betrieb eines Milchautomaten. Neben der rein wirtschaftlichen Überlegung sollten auch der zeitliche Aufwand und die baulichen Voraussetzungen bedacht werden. Bereits in der Planungsphase ist es sinnvoll, das Vorhaben dem Veterinäramt zu melden und sich Gedanken über die Dokumentation im Rahmen eines HACCP-Konzepts hinsichtlich Reinigung, Laboruntersuchungen und Temperaturkontrollen zu machen.

Analyse der Wirtschaftlichkeit

Dr. Wilfried Wolter, Milchtierarzt beim Regierungspräsidium Gießen.

Rike Bullwinkel vom Beraterteam Erwerbskombinationen beim LLH zeigte mit einer Wirtschaftlichkeitsrechnung, unter welchen Voraussetzungen sich der Milchverkauf über einen Automaten lohnen kann. Neben den Kosten für die Anschaffung des Automaten sind unter anderem Kosten für die zu schaffende Infrastruktur – beispielsweise eine Milchhütte, Parkplätze – zu berücksichtigen. Der Verkaufspreis der Milch am Automaten und die Absatzmenge, die von der Anzahl möglicher Kunden und der Konkurrenz in der Umgebung abhängen, beeinflussen die Rentabilität maßgeblich.

Der Standort ist entscheidend

Wenn der Standort geeignet ist, kann ein Milchautomat eine zusätzliche Einnahmequelle für den Betrieb darstellen und dabei helfen, Verluste in Zeiten niedriger Milchpreise zum Teil aufzufangen. Um zu erkennen, ob ein Milchautomat sich für den eigenen Betrieb rechnet, bietet sich eine individuelle Erstberatung und Standortanalyse, die kostenlos vom Beraterteam Erwerbskombinationen angeboten wird, an.

Hohe Hygienestandards werden gefordert

Markus Stamos von der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Nordrhein-Westfalen.

Besonders wichtig bei der Entscheidung, einen Milchautomaten aufzustellen, sind neben Wirtschaftlichkeit und Standortfrage auch die Hygienestandards des Betriebs. So sollten Zell- und Keimzahl der Rohmilch bestimmte Warnwerte nicht überschreiten und immer im Blick gehalten werden, erläuterte Dr. Wilfried Wolter, Milchtierarzt beim Regierungspräsidium Gießen. Regelmäßige Schnelltests der Milch am Automaten sollten im Idealfall keine Unterschiede zur Milch im Tank aufzeigen und geben zusätzlich Sicherheit – auch gegenüber den Kontrollbehörden.

Marketing für den Milchverkauf betreiben

Der Frage, wie man Verbraucher auf seinen Milchverkauf aufmerksam machen und Kunden für sich gewinnen kann, widmete sich Tanja Lotz, Mitarbeiterin der Landesvereinigung Milch Hessen. So können sich Betreiber von Milchautomaten beispielsweise kostenlos auf der Internetseite der Landesvereinigung unter www.milchhessen.de/milchautomaten_hessen in eine Standortkarte eintragen lassen. Auch mit eigenen Veranstaltun­gen am Milchautomaten, zum Beispiel anlässlich der Eröffnung oder auch zum Internationalen Tag der Milch jährlich am 1. Juni, lässt sich auf das Angebot aufmerksam machen. Dabei sollte man im Blick behalten, die Kunden nicht zum direkten Verzehr der Rohmilch zu animieren.

Keine Becher zum Trinken der Rohmilch bereitstellen

Rike Bullwinkel vom Beraterteam Erwerbskombinationen beim LLH.

Alle Referenten der Veranstaltung wiesen in ihren Beiträgen darauf hin, dass der Rohmilchverkauf ab Hof nur mit dem Hinweis „Roh­milch, vor dem Verzehr abkochen“ erlaubt ist. Das Anbringen eines entsprechenden Schildes, das am besten auch Piktogramme enthält, damit auch Menschen, die die deutsche Sprache nicht beherrschen, informiert werden können, ist zwingend nötig. Im eigenen Interesse sollten Landwirte darauf achten, dass sie Verbraucher weder durch ihr Tun noch durch ihre Aussagen zum Verzehr der rohen Milch anregen. Dazu zählt beispielsweise auch das Aufstellen von Bechern am Automaten, denn diese verleiten zum Direktverzehr. Daher sollte das unterlassen werden. Das Einhalten der gesetzlichen Vorgaben schützt letztlich auch den Landwirt. Ob der Verbraucher die Milch zu Hause wirklich abkocht, liegt dann nicht mehr in der Verantwortung des Landwirts sondern in der des Verbrauchers. Einen Einblick in die Praxis erhielten die Teilnehmer bei der Besichtigung des Milchautomaten der Familie Wien in Friedrichsdorf-Burgholzhausen, einem Partnerbetrieb der Etappe „Taunus“ der Hessischen Milch- und Käsestraße. Hier konnten vor Ort viele Fragen zum Ablauf und Handling geklärt werden.

Aufbau-Veranstaltung folgt im Februar

Für den 14. Februar 2017 ist eine weitere Fortbildung zum Thema „Milch, Käse & Co vom Bauernhof: Was ist bei der Abgabe von Lebensmitteln in der land-wirtschaftlichen Direktvermarktung und bäuerlichen Gastronomie zu beachten?“ geplant. Dann wird es unter anderem um die Kennzeichnung von Milch und Milchprodukten gehen, die im Hofladen, Bauerhofcafé oder Einzelhandel vermarktet werden. Weitere Infos und Anmeldungen beim Verein für Landvolkbildung und im Internet auf: www.hess.landvolk-hochschule.de Rubrik „Seminare“/Rubrik „Landwirtschaft.“

Will, lvmh – LW 45/2016