Diversifizierungsvorgaben mit Sommerweizen erfüllen?

Landessortenversuche Sommerweizen 2014

Allen Unkenrufen zum Trotz erfuhr der Sommerweizen vor einem Jahr auch im LW-Gebiet eine unvermutete Wertschätzung. Grund hierfür war der feuchte Herbst 2013 mit seinen schwierigen Aussaatbedingungen, die vielerorts eine ordnungsgemäße Winterweizenbestellung nicht mehr zuließen. So kam, wieder einmal, der „Lückenbüßer“ Sommerweizen ins Spiel. Diese immer wieder aufkommende Bedeutung der Sommerform ist auch der Grund, weshalb das hiesige Landwirtschaftliche Versuchswesen, in allerdings ganz bescheidenem Umfang, Landessortenversuche zu Sommerweizen anlegt. Ferdinand Hoffmann, Dr. Albert Anderl und Marko Goetz vom DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Bad Kreuznach berichten über die aktuellen Ergebnisse.

Sommerweizen ist und bleibt der kleine Bruder der Winterform.

Foto: agrar-press

Besonders gefragt waren 2014 Wechselweizensorten, die vom Spätherbst bis in Frühjahr gesät werden und dann noch ordentliche Erträge bringen können. So ist zu erklären, dass die Anbaufläche im vergangenen Jahr auf 3400 ha angewachsen ist. Zwar erreichte der Sommerweizen bei weitem nicht den Anbauumfang wie im Auswinterungsjahr 2012, doch ist die Steigerung gegenüber früheren Jahren beachtlich.

Wieder zunehmende Bedeutung?

Ob sich Flächenausweitungen wie 2012 und 2014 in diesem Jahr wiederholen werden, kann heute noch nicht beantwortet werden. Fest steht aber, dass der Sommerweizen gerade in kritischen Anbaujahren auch hierzulande eine unverzichtbare Kultur ist, was sich allerdings durch die aktuelle Statistik nicht bestätigen lässt: Im Jahr 2014 wurden nämlich in Rheinland-Pfalz auf 117 000 ha Winterweizen angebaut. Im Vergleich dazu nehmen sich die 3400 ha bei der Sommerform mehr als bescheiden aus. Dennoch sollte man nicht verkennen, dass der Winter noch nicht zu Ende ist.

Der entscheidende Grund, weshalb der Sommerweizen nach wie vor der kleine Bruder des Winterweizens ist, liegt in der schwächeren ökonomischen Konkurrenzfähigkeit gegenüber Winterweizen oder Winterraps. Dies können die arbeitswirtschaftlichen und ackerbaulichen Vorzüge, über die er ohne Zweifel verfügt, offenbar nicht aufwiegen, oder sie finden derzeit keine entsprechende Beachtung. Damit wird er nach wie vor die Rolle des Lückenbüßers behalten, der in erster Linie von Auswinterungsschäden bei anderen Kulturen profitiert.

Auch hat er in einigen wenigen Landesteilen als Wechselweizen eine gewisse Bedeutung. Dies gilt vor allem für extreme Spätsaaten nach spät geernteten Vorfrüchten, bei denen man dem Sommerweizen bessere Erträge zutraut als dem Winterweizen oder für Flächen, die eigentlich mit Winterweizen bestellt werden sollten, aber im Herbst witterungsbedingt nicht mehr befahrbar waren. Auf Betrieben mit hohem Winterweizenanteil wird aktuell geprüft, ob man den Sommerweizen in die Fruchtfolge aufzunehmen sollte, um den Vorgaben der Diversifizierung im Rahmen der GAP-Vorgaben Rechnung zu tragen. Ähnliche Überlegungen sind bei bestehenden Resistenzproblemen bei Ungräsern anzustellen.

Geringere Leistungen als der Winterweizen

Bei normalen Saatterminen ist der Sommerweizen in seiner Leistungsfähigkeit dem Winterweizen deutlich unterlegen. Dies ist unter anderem in der sehr viel kürzeren Vegetationszeit begründet. Sommerweizen durchläuft die gesamte Entwicklung im Vergleich zum Winterweizen sehr viel schneller, weshalb die Ertragsbildung wie beispielsweise die Trieb- und Ährenanlage häufig nicht optimal erfolgen können. Die Folge sind niedrigere und vor allem je nach Jahr stärker schwankende Erträge.

Stimmen dagegen die Vegetationsbedingungen, dann können auch beim Sommerweizen sehr ansprechende Erträge erzielt werden. So wurden nach den Angaben der Besonderen Ernteermittlung im Jahr 2013 in Rheinland-Pfalz durchschnittlich über 62 dt/ha geerntet. Dagegen waren in der zurückliegenden Ernte nur 53 dt/ha. Für die letzten zehn Jahre weist die Statistik eine Ertragsüberlegenheit des Winterweizens von fast 16 dt/ha auf, was seine relative Vorzüglichkeit belegt.

Vergleichsweise ertragsstarkes Sommergetreide

Anders und auch sinnvoller ist der Vergleich mit den anderen Sommergetreidearten. Zieht man auch hier die mehrjährigen Ergebnisse der Besonderen Ernteermittlung zurate, so bringen beispielsweise die Sommergerste etwa 4,6 dt/ha oder der Hafer knapp 10 dt/ha weniger Ertrag. Na-türlich sagen diese Daten allein noch relativ wenig über die Wirtschaftlichkeit aus. Vielmehr müssen noch weitere Aspekte wie Erzeugerpreise, Produktionskosten oder auch, was bei den Sommergetreidearten besonders wichtig ist, vorhandene Ertrags- und Qualitätsrisiken mit in die Betrachtung einfließen. Jedenfalls wird deutlich, dass unter bestimmten Konstellationen der Sommerweizen nicht ganz chancenlos ist.

Der wichtigste Grund aber Sommerweizen auszusäen, ist und bleibt der Anbau nach strengen, kalten Wintern mit hohen Auswinterungsschäden. Hier, und das hat das Jahr 2012 deutlich gezeigt, werden binnen kurzer Zeit große Saatgutmengen benötigt, die bei rückläufigen Vermehrungsflächen nicht immer bereitgestellt werden können. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass aufgrund der geschilderten starken Witterungsabhängigkeit und des damit unkalkulierbaren Saatgutabsatzes viele Vermehrer den Sommerweizen aus ihrem Anbauplan gestrichen haben.

Drei LSV-Standorte in Südwestdeutschland

Aufgrund der geringen Anbaubedeutung wurden im Jahr 2014 in Südwestdeutschland nur noch drei Landessortenversuche (LSV) mit Sommerweizen angelegt und zwar in Herxheim (Rheinland-Pfalz), Friedberg (Hessen) und Tailfingen (Baden-Württemberg). An allen Orten wurden acht Sorten durchgängig geprüft. Die Erträge der Verrechnungssorten KWS Chamsin, KWS Scirocco und Sonett lagen in der extensiven bei 55,1 dt/ha und 73,7 dt/ha in der behandelten Stufe. Beachtlich hoch lagen im Mittel die Rohproteinwerte, die selbst bei den hohen Erträgen in Tailfingen noch Werte von knapp 14 Prozent erreichten.

Starkes Lager trat lediglich am Prüfort Tailfingen auf. Hier konnte eine deutliche Sortendifferenzierung beobachtet werden. Die in allen Versuchen vorherrschende Blattkrankheit war Gelbrost, dessen Befallstärke von gering (Quintus) bis stark (KWS Scirocco, Sorbas) variierte. Dementsprechend konnten durch die Behandlungsmaßnahmen im Versuchsdurchschnitt beachtliche Mehrerträge von knapp 18 dt/ha, bei manchen Sorten bis zu 25 dt/ha erzielt werden.

Bei den mehrjährigen Ergebnissen liegen in beiden Behandlungsstufen die neu zugelassenen A-Sorten Cornetto und Quintus an der Spitze des Sortiments. Von den E-Sorten kann sich in den unbehandelten Varianten Granus gut platzieren. Bei intensiver Bestandesführung erweist sich KWS Scirocco als die ertragsstärkste E-Sorte. Im Mittel der Jahre und Sorten konnten in den intensiv geführten Varianten Mehrerträge von etwa 8,0 dt/ha erzielt werden. Dabei reagierten die Sorten Alora und KWS Scirocco weit aus stärker als Sonett. Inwieweit allerdings der Wachstumsregler- und Fungizideinsatz wirtschaftlich ist, hängt von den jeweiligen Getreidepreisen und Mittelkosten ab.

 – LW 4/2015