Einseitiges Begehren

Der Vorwurf, dass das Volksbegehren „Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern – Rettet die Bienen“, das auf eine Änderung des bayerischen Naturschutzgesetzes abzielt, einseitig zu Lasten der Landwirtschaft geht, ist nicht von der Hand zu weisen. In sieben seiner neun Punkte werden Verbote und Gebote für die Landwirtschaft aufgezählt – wie beispielsweise Pestizidverbot, Grünlanderhalt, Biotopverbund, Ausbauziel für die Öko-Landwirtschaft. Lediglich in einem Punkt geht es um Himmelsstrahler, die für unzulässig erklärt werden sollen, und um die Vermeidung von künstlicher Beleuchtung, weil sie die Insekten irritiert. Während also die Bauern zusätzliche Einschränkungen tragen sollen, macht sich der Rest der Bevölkerung einen schlanken Fuß. Da kann man leicht zustimmen – bis zum Wochenende haben über 950 000 Menschen für das Volksbegehren unterschrieben. Die Initiatorin, die Ökopartei ÖDP, die bei der Landtagswahl in Bayern lediglich 1,6 Prozent der Stimmen erhielt, hätte ja auch die Pflicht zur Begrünung der heutzutage oft mit Pflaster oder Schotter zugedeckten Vorgärten verlangen können, einen Rückbau von Skipisten oder eine Anleinpflicht von Hunden in Feld und Wald, weil sie Bodenbrüter aufschrecken und das Wild vertreiben.

Gewiss haben die Bauern, die den größten Anteil der Landesfläche bewirtschaften, eine große Verantwortung für die Artenvielfalt. Aber eben nicht nur sie. Das Scheinheilige von grün angetriebenen Bewegungen ist oft, dass mit den hehren Zielen da Schluss ist, wo es die Klientel drückt. Das wurde kürzlich auch beim Auftritt des BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger in Südhessen deutlich. Er wurde gefragt, warum sein Verband sich nicht gegen den übermäßigen (Urlaubs-) Flugverkehr ausspricht, der eine enorme Menge klimaschädlicher Gase produziert. Weil Fernreisen besonders für junge Menschen etwas Selbstverständliches sind und sie dabei als Mitstreiter ausfallen würden, musste Weiger einräumen.

Dass sich ein Teil der Bevölkerung auf Kosten eines anderen (kleineren) Teils entlasten will, ist allerdings kein spezifisches Problem von Volksbegehren. Gleichgelagerte Gesetzesinitiativen können auch aus den Parlamenten oder den Regierungen kommen – siehe Berlin, wo eine Bürgerbewegung einen Volksentscheid zur Enteignung von Wohnraum anstrebt und die Regierung Gleiches im Schilde führt.

Cornelius Mohr – LW 7/2019