Entscheidend ist der rechtzeitige Spritzstart

Krautfäule ist die dominierende Krankheit in Kartoffeln

Die Produktpalette bei Kartoffel-Fungiziden ist wieder breiter geworden, ohne dass die Anzahl der Wirkstoffgruppen gewachsen ist. Für den Anwender besteht daher ein erhöhter Informations- und Beratungsbedarf, um beispielsweise ein aktives Resistenzmanagement betreiben zu können. Manfred Mohr vom DLR Rheinhessen-Nahe Hunsrück, Versuchs- und Beratungseinheit, 67435 Neustadt/Weinstraße, gibt hierzu Hinweise.

Unter sehr hohem Infektionsdruck sollten Kombinationen aus teilsystemischen und sporiziden Kontaktmitteln oder Mischungen aus systemischen Fungiziden (Infinito, Proxanil) und sporiziden Kontaktfungiziden eingesetzt werden.

Im vergangenen Jahr zeigte sich wieder einmal, wie dominierend Phytophthora infestans sein kann. Bereits im Frühjahr trat im Frühkartoffelanbau in Beständen mit Vliesabdeckung Primärbefall an Stängeln auf. Folienflächen waren im Prinzip nicht betroffen. Als Infektionsquelle kann hauptsächlich latent befallenes Pflanzgut in betracht gezogen werden. Als weitere Quelle können Dauersporen (Oosporen), entstanden aus der sexuellen Vermehrung von A1 und A2, aber nicht ausgeschlossen werden.

Witterung ab der Pflanzung genau beachten

Man spricht von einer erhöhten Infektionsgefahr wenn der Boden nach der Pflanzung für mindestens vier Tage durch Niederschlagsereignisse nicht befahrbar war. Diese Tatsache war auf Flächen gegeben, welche durch die ausgebliebene Frostgare im Unterboden stark verdichtet waren und zusätzlich zu hohe Beregnungsmengen erhalten haben. Dadurch kam eine zu lange andauernde Bodennässe zustande. Zusätzlich konnte ab der zweiten Maidekade an Durchwuchskartoffeln ebenfalls Stängelbefall beobachtet werden.

Mit steigender witterungsbedingter Infektionsgefahr trat dann in den späteren Sorten ab der zweiten Julidekade verstärkt Blattbefall auf. Diese Situation hielt bis Ende August an. Durch Starkniederschlag gelangten dann die Sporangien von den Blättern an die neugebildeten Knollen und führten dann teilweise bereits im Boden oder später im Lager zur Braunfäule.

Neue Produkte mit alten Wirkstoffen

Bereits im vergangen Jahr wurde das Produkt Ciral Flex zugelassen. Enthalten sind die beiden bereits mehrfach in anderen Fungiziden vorhandenen translaminaren Wirkstoffe Cymoyanil (180 g/l) und Mandipropamid (250 g/ha). Geeignet für Behandlungen auch für das Vorblütestadium kann das Produkt mit 0,6 kg/ha bis zu 6-mal eingesetzt werden.

Ein weiterer Pack mit Proxanil wird in diesem Frühjahr neu zur Verfügung stehen. Neben dem bereits eingeführten Ranman Top Pack (Proxanil + Ranman Top) wird es den Proxanil extra Pack (Proxanil + Winby) geben. Der neue Name Winby entspricht dem Shirlan. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Banjo (Fluazinam 500 g/l) den neuen Namen Carneol erhalten hat.

Behandlungsbeginn vor Krankheitsauftreten

Noch wichtiger als die Mittelwahl ist der rechtzeitige Spritzstart vor sichtbarem Befall an Stängel oder Blatt. Hier gibt es Prognosemodelle, die den Kartoffelanbauer unterstützen, indem sie den möglichen Epidemiestart und somit den Beginn des ersten Fungizideinsatzes errechnen. Probleme haben diese Modelle bei Anbauverfrühung und Beregnung.

Selbst innerhalb einer Anbauregion können die Bedingungen für das Erstauftreten durch hohe Staunässegefahr, Nähe zu Kleingärten oder Abfallhaufen und spezielles Kleinklima, bedingt durch Heckenstreifen beziehungsweise Bachläufe und Durchwuchskartoffeln in anderen Kulturen sehr unterschiedlich sein. Unverzichtbar bleibt daher die eigene Kontrolle der Kartoffelbestände. In den Morgenstunden mit Taubildung lässt sich das Mycel am Stängel oder an der Blattunterseite am besten und sichersten erkennen. Über die Internetseite www.isip.de können unabhängige Informationen zum Erstauftreten und zum Infektionsdruck abgefragt werden.

Die Mittelwahl ist abhängig von der Witterung

In Jahren mit witterungsbedingt hohem bis mittlerem Infektionsdruck hat es sich bewährt, den Spritzstart mit systemischen oder teilsystemischen Fungiziden durchzuführen. Das gilt besonders für den Frühkartoffelanbau. Unter Umständen können diese Produkte mit sporiziden und regenbeständigen Fungiziden (Ranman Top, fluazinamhaltige Mittel) ergänzt werden.

Wegen der Resistenzgefahr sollten phenylamidhaltige Mittel (Epok, Fantic M WG, Ridomil Gold MZ) in intensiven Anbauregionen beziehungsweise Fruchtfolgen nicht eingesetzt werden. In extensiven Regionen können diese Mittel nur in befallsfreie Bestände appliziert werden; und das auch nur einmal zu Spritzbeginn.

Bei sehr geringem Infektionsdruck sind preiswerte Kontaktfungizide der Gruppe 1 (Tabelle 1) ausreichend. Geschützt wird in diesem Fall nur die Blattoberfläche. Gegenüber den systemischen und teilsystemischen Fungiziden ist der Fungizidbelag

bei den Kontaktmitteln der Gruppe I während der Hauptwachstumsphase nach sieben Tagen oder, wenn vorher Niederschläge über 10 mm fallen, zu erneuern. Daher ist eine gute Blattbenetzung wichtig. Mit den in der Praxis üblichen 400 l Wasser/ha wird dieses Ziel bei richtigem Einsatz der Injektordüsen auch erreicht.

Bei größer werdenden Kartoffelbaubetrieben muss die Schlagkraft der Applikationstechnik erhöht werden, um den optimalen Behandlungszeitraum zu erwischen. In diesem Zusammenhang muss über die Einrichtung von Fahrgassen nachgedacht werden.

So werden in der Praxis die Wasseraufwandmengen/ha reduziert. Dieses ist beim Einsatz von Kontaktfungiziden nur im gewissen Umfang empfehlenswert. Um die ausreichende Benetzung der Blattoberflächen zu erreichen müssen bei reduzierter Wasseraufwandmenge sogenannte „Spreiter“ (z.B. Break Thru S 240; Transol) eingesetzt werden.

Folgebehandlungen flexibel vornehmen

Aufbauend auf der Ausgangssituation muss das weitere Vorgehen flexibel an die aktuellen Witterungs- und Wachstumsverläufe angepasst werden. Bei niedrigem Infektionsdruck können die Kontaktmittel aus der Gruppe I eingesetzt werden. Mit ihrer sporiziden Wirkung und ihrer hohen Regenfestigkeit können die Kontaktmittel aus der Gruppe 2 (Canvas, Electis, Ranman Top, Shaktis, Carneol, Nando 500 SC, Shirlan, Terminus) oder die teilsystemischen Präparate bei mittlerem Infektionsdruck in der weiteren Spritzfolge zum Zug kommen.

Unter sehr hohem Infektionsdruck sollten Kombinationen aus teilsystemischen und sporiziden Kontaktmitteln (Gruppe II) oder Mischungen aus systemischen Fungiziden (Infinito, Proxanil) und sporiziden Kontaktfungiziden (Gruppe II) eingesetzt werden. Beim Einsatz von Infinito und Proxanil müssen die Nachbaubeschränkungen beachtet werden. Diese kommen auf Flächen mit Gemüsenachbau zum Tragen.

Im Frühkartoffelanbau wurde nach dem Einsatz von Infinito bei Rückstandskontrollen der Wirkstoff Fluopicolide gefunden. Der Einsatz erfolgte zur Startbehandlung nach Folienabnahme auf Bestände ohne Reihenschluss mit im Anschluss starken Niederschlägen. Prinzipiell sollte der Einsatz zuvor mit dem Erfassungshandel abgeklärt werden.

Stoppbehandlungen: voller Aufwand, kurze Abstände

Tritt sporulierender Befall (Blatt/Stängel) auf, müssen konsequent Stoppspritzungen durchgeführt werden. Empfohlen werden Mischungen aus kurativen und sporiziden Wirkstoffen mit vollen Aufwandmengen und verkürzten Behandlungsabständen. Im Abstand von zwei bis drei Tagen muss die Stoppspritzung wiederholt werden. Falls es notwendig sein sollte müssen weitere folgen.

Erfahrungsgemäß sollte für die erste Stoppbehandlung ein cymoxanilhaltiges Produkt (Tanos: 175 g Cymoxanil; Proxanil 2,5 l/ha: 125 g Cymoxanil; Zetanil M: 120 g Cymoxanil; Curzate M WG: 112,5 g Cymoxanil; Carial Flex: 108 g Cymoxanil) ausgewählt werden. Als sporizider Kontaktpartner kann Ranman Top dienen. Bei der zweiten Maßnahme sollten die Wirkstoffgruppen gewechselt werden. So können Acrobat Plus, Areva MZ, Revus Top, Valbon, Valis M als Partner zum Wirkstoff Fluazinam (Carneol, Nando 500 SC, Shirlan, Terminus, Winby) oder versuchsweise Canvas eingesetzt werden.

Um die weitere Verbreitung der Sporen im Bestand zu verringern und der Braunfäule vorzubeugen, sollten im Anschluss sporizid wirkende Kontaktfungizde (Gruppe 2) eingesetzt werden. Nicht immer haben diese intensiven Fungizidmaßnahmen den gewünschten Erfolg. Dies ist vor allem dann der Fall (2014, 2012, 2007), wenn sehr früh massiv Stängelphytophthora mit fast 100-prozentiger Befallshäufigkeit auftritt.

 – LW 15/2015