Erneut starke Zuckerrübenernte

Erste Ergebnisse aus Hessen und Rheinland-Pfalz

Die Zuckerfabriken in Wabern und Offstein laufen auf vollen Touren. Das LW befragte Manfred Menz, Geschäftsführer des Verbandes Wetterauer Zuckerrübenanbauer, und Dr. Christian Lang, Geschäftsführer des Verbandes der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer, zum Verlauf der aktuellen Saison.

In Hessen und Rheinland-Pfalz werden in diesem Jahr überdurchschnittliche Rübenerträge bei sehr hohen Zuckergehalten erzielt.

Foto: Becker

Wie sind die bisherigen Ergebnisse der laufenden Zuckerrübenernte?

Die Rübenerträge und Zuckergehalte liegen in Hessen erneut auf einem erfreulich hohen Niveau. Die relativ frühe Aussaat, gleichmäßige Wasserversorgung und ein sonniger Spätsommer haben dazu beigetragen. Für Nordhessen und die Wetterau werden 75 t/ha Rübenertrag bei 18,5 Prozent Zuckergehalt erwartet. Die Rüben in Südhessen erreichen fast ähnlich hohe Erträge bei etwas niedrigeren Zuckergehalten. Insgesamt ist mit Zuckererträgen von annähernd 14 t/ha in 2012 wieder eine hervorragende Rübenernte, wenn nicht sogar eine neue Rekordernte, herangewachsen. Genaues wissen wir erst, wenn die letzten Rüben in den Zuckerfabriken Wabern und Offstein verarbeitet sind.

In Rheinland-Pfalz und Südhessen werden in diesem Jahr überdurchschnittliche Rübenerträge bei sehr hohen Zuckergehalten erzielt. Mit (aktuell erwarteten) 69 t/ha und 18,3 Prozent Pol. fallen diese zwar etwas geringer aus als in den übrigen Südzucker-Anbauregionen. Dennoch ist es als großen Erfolg zu werten, dass jetzt bereits die vierte Kampagne in Folge mit einem durchschnittlichen Rübenertrag um 70 t/ha abgeschlossen werden kann. Eine wesentliche Grundlage für diese Ertragskonstanz ist dabei der verstärkte Anbau von nematodentoleranten Sorten. Positiv ausgewirkt haben sich in diesem Jahr die zumeist sehr guten Bedingungen, eine gleichmäßige Wasserversorgung sowie der sonnige, aber nicht zu heiße Spätsommer.

Wie sieht der aktuelle Stand der Kampagne aus?

Derzeit sind gut 60 Prozent der erwarteten Rübenernte in den Fabriken angeliefert und verarbeitet. Die Rübenernte ist in Hessen nahezu abgeschlossen, es sind nur noch geringe Restflächen zu roden. Da die Verarbeitungskampagne in den beiden Zuckerfabriken noch mindestens drei, vier Wochen andauert, wurden die Rübenmieten, die ab Anfang Dezember abgefahren werden, vor Frost und Regen mit Vlies oder Häckselstroh zugedeckt. Dies dient der Qualitätssicherung und der besseren Erdabreinigung.

Die Rübenrodung in Rheinland-Pfalz und Südhessen wird in der 48. Kalenderwoche abgeschlossen sein; die Anlieferung und Verarbeitung der Rüben in der Zuckerfabrik Offstein dauert voraussichtlich noch bis zum 28. und 29. Dezember an. Vliesauflagen reduzieren außerdem (Zucker-)Veratmungsverluste. Die bisher gelieferten Rüben (etwa zwei Drittel der insgesamt erwarteten Rübenmenge) konnten unter zumeist guten Bedingungen transportiert werden. Die ausgiebigen Niederschläge Anfang November führten allerdings in diesem Bereich, insbesondere jedoch bei der Rodung, zeitweise zu Verzögerungen. Die in diesem Jahr außergewöhnlich geringen Rodevorräte verschärften die Situation zusätzlich. In Zukunft sollte daher unbedingt wieder verstärkt auf einen ausreichenden Vorlauf bei der Rodung geachtet werden.

Welche Probleme stehen für die Landwirte und welche für die Zuckerfabriken im Vordergrund?

Die schon angesprochene Qualitätssicherung steht jetzt für Rübenanbauer und Fabriken im Vordergrund. Die teilweise ergiebigen Regenfälle in der ers­ten Novemberhälfte – insbesondere in Mittel- und Südhessen – haben dazu geführt, dass in manchen Regionen mehr Erde als üblich in die Mieten gelangt ist.

Die erneut guten Zuckererträge werden dazu führen, dass trotz leichter Flächeneinschränkung die Zuckerfabriken den erzeugten Nichtquotenzucker nicht vollständig als Industriezucker am Markt absetzen können. Nach EU-Vorgaben muss dieser Nichtquotenzucker auf das nächste Zuckerwirtschaftsjahr übertragen werden. Die Landwirte können bis zum 3. Dezember entscheiden, ob sie eine bestimmte Menge ihrer gelieferten Industrierüben auf das nächste Anbaujahr übertragen wollen. Damit wäre bereits ein Teil ihrer Rüben der Ernte 2013 in Form von übertragenem Zucker erfüllt. Diese Entscheidung muss jeder Betriebsleiter anhand seiner individuellen Erntedaten und Vertragsmengen sowie den Anbaualternativen auf der frei gewordenen Fläche betriebswirtschaftlich abwägen. Eine generelle Übertragung, die alle Anbauer betreffen würde, ist wahrscheinlich, der Umfang hängt auch von den individuell beantragten Mengen ab.

Ertrags- und Qualitätssicherung sind sowohl für die Landwirte als auch für die Zuckerfabriken von entscheidender Bedeutung. In diesem Zusammenhang stehen Nematoden und Blattkrankheiten verstärkt im Fokus. In diesem Jahr hat insbesondere die Cercospora für große Probleme gesorgt: Noch nie in den letzten Jahrzehnten war ein so massiver und früher Befall zu verzeichnen. Die ARGE Zuckerrübe Südwest wird dieses Thema daher künftig noch stärker in den Mittelpunkt stellen. Auch im Bereich Nematoden ist weiterer Forschungsbedarf nötig, auch wenn hier speziell in den vergangenen zwei Jahren bereits sehr viel erreicht werden konnte: Auf mehr als der Hälfte der Zuckerrübenäcker wachsen mittlerweile nematodentolerante Sorten, was zu einer deutlichen Ertragsstabilisierung in Rheinland-Pfalz und Hessen beigetragen hat.

LW – LW 48/2012