Forschungsgemeinschaft soll bedrängter Zuckerrübe helfen

Schädlinge und Krankheiten im Südwesten auf dem Vormarsch

Mit keiner zweiten heimischen Feldfrucht ist eine so große Zahl an Organisationen und Verbänden befasst wie mit der Zuckerrübe. Das liegt unter anderem an ihrer hohen Ertragskraft, den Vermarktungs- und Eigentumsstrukturen in Verbindung mit der Zuckerindustrie, den hohen logistischen Anforderungen bei der Ernte und der Verarbeitung und der vormals sehr stark ausgeprägten Marktordnung. Jetzt kommt eine weitere Organisation hinzu: Die Forschungsgemeinschaft Zuckerrübe Südwest. Von ihr versprechen sich die zehn beteiligten Institutionen aus Forschung, Lehre, Beratung und Praxis aus den drei Bundesländern Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg einen noch intensiveren Austausch, insbesondere über die immer drängenderen Fragen der Bekämpfung oder des Managements von Krankheiten und Schadinsekten. Denn infolge der klimatischen Veränderungen bedrohen sie mittlerweile den Rübenanbau und damit auch ganze wirtschaftliche Strukturen.

Stellten die neue Forschungsgemeinschaft vor: Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt (Mitte), Stiftungsvorsitzender Erhard Kunz (5. v.r.) und Koordinatorin Eva Therhaag (links). Außerdem auf dem Foto (v.l.) : Dr. Christian Lang, Dr. Larissa Kamp, Walter Manz, Dr. Dominik Dicke, Sarah Behrmann, Oliver Martinez, Anna Dettweiler, Juliane Schmitt.

Foto: Mohr

Der Hotspot der Veränderungen liegt dabei im warmen Südwesten. Sie werden aber über kurz oder lang auch auf den Rest der deutschen Anbaugebiete übergehen. Vergangene Woche wurde die bereits 2020 gegründete Forschungsgemeinschaft im Beisein der rheinland-pfälzischen Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt in Dexheim der Öffentlichkeit vorgestellt.

Gemeinsame Plattform für kreativen Austausch

Bisher hätten viele einzelne Akteure die Forschungslandschaft bei Zuckerrüben geprägt. Es habe eine gemeinsame Plattform gefehlt, um Synergieeffekte zu nutzen und die Schlagkraft durch die Bündelung zu erhöhen. Dies werde nun mit der Forschungsgemeinschaft geändert, sagte die Koordinatorin und Diplomagraringenieurin Eva Therhaag. Die Forschungsgemeinschaft will laut Therhaag einen Rahmen für einen kreativen Austausch schaffen, der durch die Verzahnung von Forschung und Beratung praxisorientiert ist. Im Fokus der Forschungsgemeinschaft stünden Lösungsansätze die einen naturverträglichen und zugleich wirtschaftlichen Anbau ermöglichen. Nur so könne die von der Gesellschaft geforderte Reduktion von Pflanzenschutzmitteln sowie dem Aktionsprogramm Insektenschutz Rechnung getragen werden. Diese beiden Maximen betonte auch Landwirtschaftsministerin Schmitt. Sie stellte gleichwohl auch die Berechtigung des Pflanzenschutzmittel-Einsatzes heraus. Wenn der Mensch krank sei, dann brauche er Medikamente. Dies gelte auch für die Pflanzen.

Die Mitglieder

Die Mitglieder der Forschungsgemeinschaft Zuckerrübe Südwest sind das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, das Fraunhofer Institut für Molekularbiologie und angewandte Ökologie, die Justus-Liebig-Universität Gießen, das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg, der Pflanzenschutzdienst im Regierungspräsidium Gießen, die Stiftung Südwestdeutscher Zuckerrübenanbau, die Technische Hochschule Bingen, die Universität Hohenheim, der Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer und die Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programm im Pflanzenschutz (ZEPP).

Ausgangsbasis für die Forschungsgemeinschaft ist das NIKIZ-Projekt in dem seit Anfang des letzten Jahres neue Lösungen für die Bekämpfung von Krankheiten und Schädlingen untersucht und erprobt werden. NIKIZ steht für nachhaltiges Insekten- und Krankheitsmanagement im Zuckerrübenanbau der Zukunft, und ist auf dreieinhalb Jahre angelegt. Es wird von der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP agri) gefördert. 2020/2021 arbeitete ein Team aus zehn Mitarbeitern in Worms, Bad Kreuznach und Gießen unter anderem an den Arbeitspaketen Blattkrankheiten, Blattläuse, Schilf-Glasflügelzikade, Drahtwürmer, Rüsselkäfer und Prognosemodell Erstbefall. Die Arbeit des Projekts wird außerdem von der Stiftung Südwestdeutscher Zuckerrübenanbau im Rahmen von Stipendien für eine Doktorarbeit sowie Master- und Bachelorarbeiten gefördert. Die Stiftung finanziert auch die Aktivitäten zur Vernetzung der Forschungsgemeinschaft.

Sicherung des Produktions- und Verarbeitungsstandortes

NIKIZ habe strukturell, versuchstechnisch sowie personell die Voraussetzungen für eine schnelle und fundierte Bearbeitung und Vernetzung hergestellt und biete somit eine hervorragende Basis für weitergehende Forschung und Entwicklung, wie sie jetzt in der Forschungsgemein- schaft Zuckerrübe Südwest stattfindet, sagte Erhard Kunz, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Südwestdeutscher Zuckerrübenanbau und Landwirt aus Alzey. „Wir sichern mit diesen Aktivitäten unsere Leistungen auf dem Acker ab, ermöglichen eine Anpassung an den Klimawandel, an veränderte Krankheiten und Schädlinge und leisten damit einen unverzichtbaren Beitrag zu Sicherung des Verarbeitungsstandortes.“

CM – LW 32/2021