Frühlingsbote Scharbockskraut

Pflanzenporträt des „Skorbutkrautes“

Der Heißhunger auf etwas Grünes und dazu noch auf etwas Scharfes oder Pfeffriges ist nicht von ungefähr aneinander gekoppelt. Haben doch die scharf schmeckenden Pflanzen im zeitigen Frühjahr sehr viel Vitamin C. Dies kommt uns Menschen zugute, müssen wir doch das lebensnotwendige Vitamin C mit der Nahrung zu uns nehmen.

Aufgrund seiner glänzenden Blätter wird das Scharbockskraut auch Spiegelblume genannt.

Foto: Wurft

Gerade das Scharbockskraut steht der Ãœberlieferung nach mit seinem Namen Pate für eine äußerst gefürchtete Krankheit, dem Skorbut. Das Wort Skorbut kommt vom holländischen Namen „Scheurbut“ für reißende Knochen. Daraus soll sich im deutschen Sprachgebrauch zunächst Scharbock und später Skorbut entwickelt haben.

Frisches Grün gegen die Seefahrerkrankheit

Diese als Seefahrerkrankheit bekannte Vitamin C-Mangelerkrankung entstand durch monatelange einseitige Ernährung auf See, die vor allem aus Zwieback und Pökelfleisch bestand. Obwohl von Vitaminen zu dieser Zeit noch nichts bekannt war, zeigte die Erfahrung, dass die Krankheit bei frischer Nahrung ausblieb. Als diese Zusammenhänge bekannt waren, nahmen die Seefahrer neben Zitronen und Sauerkraut auch Kräuter wie das Scharbockskraut mit auf die Reise. Heutzutage ist eine Vitamin C-Mangelernährung kein Problem mehr. Trotzdem steigt im Frühjahr unsere Lust auf frisches Grün enorm. Ihr sollte man nachgeben.

Scharbockskraut mit seinen herzförmigen, saftig grünen, glänzenden Blättern, wegen denen es auch als Schmalzblatt, Spiegelblume oder Glitzerli bekannt ist, gehört zu den ersten unter den frischen Grünen. Brunnenkresse, Schaumkräuter, Brenn­nessel und Gundermann schließen sich ihm an. Schon ab Anfang Februar kann man das Skorbutkraut unter Gebüschen, in Auwäldern und feuchten Laubwäldern oder unter laubabwerfenden Hecken finden – natürlich auch im eigenen Garten. Wenn es sich als Wildwuchs nicht von alleine ausbreitet, lässt es sich mit ein paar Ablegern leicht ansiedeln.

Ober- und unterirdische Pflanzenteile genießen

Mit der Blüte steigt der Gehalt an Protoanemonin in der Pflanze, was sie ungenießbar macht.

Foto: Wurft

Gesammelt werden die jungen Blättchen mit ihrem nussig- scharfen Geschmack vor der Blüte. Sie eignen sich zum direkten Verzehr, gehackt auf einem Butterbrot, für Salate und im Kräuterquark. Auch in einem Vitamintrunk sind sie sehr geschätzt. Die stärkehaltigen Brutknöllchen können gesammelt und wie Kartöffelchen gegessen werden, was allerdings ziemlich aufwendig ist. Diese Brutknöllchen in den Achseln der Stängelblätter sind ein gutes Erkennungsmerkmal der, eher unscheinbaren, an den Boden gedrückten Pflanze.

Hummeln bedienen sich gerne am ersten dargebotenen Nektar aus den leuchtend gelben Blüten. Da sich die Pflanze nicht auf einen ausreichenden Hummelflug verlassen kann, hat sie sich auf eine vegetative Vermehrung über Wurzelausläufer und Brutknöllchen spezialisiert. In der Volksheilkunde wird das Scharbockskraut vorwiegend frisch verwendet, nach dem Motto: Deine Nahrung soll dein Heilmittel sein. Doch kommt es auch bei Blutreinigungskuren, Hautunreinheiten und Hämorrhoiden als Tee zum Einsatz. Dazu werden zwei bis drei Teelöffel Blätter mit ¼ l Wasser übergossen, langsam zum Sieden gebracht, abgeseiht und schluckweise über den Tag verteilt getrunken.

Mit der Blüte wird das Pflänzchen ungenießbar

Bei dieser, zur Familie der Hahnenfußgewächse gehörenden Pflanze drängt sich einem die Frage auf, warum das Scharbockskraut essbar ist. Haben doch die meisten anderen aus dieser Familie wie Buschwindröschen, Kriechender Hahnenfuß, Küchenschelle und Eisenhut eine gehörige Portion Protoanemonin in sich, was sie ungenießbar bis stark giftig für den Menschen macht. Beim Scharbockskraut allerdings bildet sich dieses Protoanemonin erst während und nach der Blüte. Deshalb sollten die Blätter nur vor der Blüte gegessen werden, da es sonst zu Schleimhautreizun­gen kommen kann.

Frühlingsbote kulinarisch

In der Küche lässt sich aus dem Scharbockskraut allerhand zaubern.

  • Grünes Butterbrot: Verschiedene Frühlingskräuter sammeln, zum Beispiel Scharbockskraut, Wiesenschaumkraut, Brunnenkresse und Gänseblümchen. Brot nach Wahl, eventuell leicht getoastet, mit etwas Butter bestreichen. Die gewasche­nen Kräuter aufs Brot legen und mit ein paar Radieschenscheiben oder einem hart gekochten Ei dekorieren. Nach Geschmack kann etwas gesalzen und gepfeffert werden.
  • Vitamintrunk: 2 Orangen, 1 Apfel, etwas Apfelsaft, Saft 1 Zitrone, Honig nach Geschmack, ein paar Blättchen Scharbockskraut, Brunnenkresse, Löwenzahn, Wiesenschaumkraut oder Hirtentäschel. Das Obst waschen, klein schneiden und mit den Säften und den gewaschenen Kräutern im Mixer oder mit dem Pürierstab pürieren. In Gläsern, dekoriert mit frischen Blättchen, servieren.
  • Frühlingssalat: 2 Handvoll Blätter von Scharbockskraut, Wiesenschaumkraut, Löwenzahn, Brunnenkresse, Giersch, Salat nach Wahl, 1 Zwiebel. Marinade aus Essig, Öl, Senf, Salz und Pfeffer zubereiten. Den Salat waschen und kleinzupfen, mit den gewaschenen Kräutern, der klein geschnittenen Zwiebel und der Marinade vermischen. Vor dem Servieren mit ein paar essbaren Blüten dekorieren.

 
Monika Wurft