Gemeinsam mit der Landwirtschaft

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt war einige Zeit nach seinem Amtsantritt im Februar 2014 der Kritik entgegengetreten, er sei zu zurückhaltend und erscheine zu selten in den Medien. Er wolle lieber effektiv Politik machen, sagte er damals. Dass sich Schmidt mit dem Grünbuch fast drei Jahre Zeit gelassen hat, passt in dieses Bild. Ein grüner Minister wäre mit einer Forderung nach einer Agrarwende sicher schneller gewesen.

Doch Schmidt will die Landwirtschaft gemeinsam mit der großen Mehrheit der Bauern weiterentwickeln. Deshalb ist das Grünbuch aus landwirtschaftlicher Sicht zu begrüßen. Es basiert auf den verschiedenen Dia­logformaten, die Schmidts Ministerium in den vergangenen zwei Jahren durchführte. Anhand des Grünbuchs will Schmidt versuchen, die Landwirtschaft im Konsens mit der Gesellschaft voranzubringen. Dass er die umfassende Agenda mit ihrem Plädoyer für die bäuerliche Landwirtschaft im Wahlkampfjahr herausbringt, ist nicht ungeschickt. Mit ihr hat Schmidt einen gewichtigen Gegenentwurf zu den Forderungen der politischen Mitbewerber.

Zu begrüßen ist auch das klare Bekenntnis zur Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik und der ersten Säule. Die Bedeutung der Zahlungen für die Betriebe ist gerade im vergangenen Krisenjahr deutlich geworden. Stärker hätte man auf die Problematik der Dominanz des Einzelhandels in der Lebensmittelkette und wie man damit umgehen soll eingehen können. Die Rede Schmidts von einer Renaissance der kleinen und mittleren Betriebe und die Aussage, dass die Phase des Wachsens oder Weichens dem Ende entgegengeht, sind etwas schleierhaft, vielleicht Wunschdenken. Sicher hat sich die Abnahmerate bei den Betrieben in den letzten Jahren etwas verringert, doch Strukturwandel und das Größenwachstum der Betriebe werden dennoch weitergehen. Wenn sich das ändern sollte, müsste man schon massiv mit Fördergeldern und mit Reglementierungen eingreifen. Das würde aber dem gleichzeitigen Bekenntnis des Grünbuchs zu einer produktiven Landwirtschaft mit offenen Märkten und mit einer bäuerlich-unternehmerischen Prägung widersprechen.

Cornelius Mohr – LW 1/2017