Genau hinschauen

4. Workshop „Nachhaltigkeitskonzepte für Weingüter“ in Oppenheim

Energieverbrauch in Weinberg und Keller, mehr Effizienz im Vertrieb und die ökologische Aufwertung von Flächen, waren Themen beim „Nachhaltigkeits-Workshop“ für Weingüter. Zum vierten Mal hatten Rheinhessenwein e.V., Kompetenzzentrum Weinmarkt & Weinmarketing Rheinland-Pfalz und das DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück nach Oppenheim eingeladen. 22 Teilnehmer nutzten die Chance für neue Impulse und Erfahrungsaustausch.

Inkarnatklee fördert nicht nur das Ökosystem - mit einem solchen Anblick lässt sich auch das Image des Betriebes steigern und es kommt dem regionalen Tourismus zugute.

Foto: Beate Fader

Der Energiefrage widmete sich ein erster Ressourcen-Check, den Bernhard Degünther vom DLR RNH Oppenheim vorstellte. Da kaum verlässliche Kennzahlen zum Energieeinsatz in der Weinbranche zu finden sind, unternimmt das DLR R-N-H seit 2011 eigene Kellerwirtschaft-Messungen (siehe Artikel im LW 10, Seite 48 bis 50). Seit 2012 wird in vier Weingütern intensiv der Strom entsprechend der Produktionsschritte für Weiß- und Rotwein gemessen und in 14 Weingütern fallweise. Ermittelt wird hier die Energiekennzahl in „KWh je 1 000 l Flüssigkeit“. Erst wenn es handfeste Kennzahlen gibt, können die Weingüter einschätzen, wo sie selbst stehen.

Energieverbrauch in Weingütern

Beispiel: Für die Abfüllung wurde in einem Betrieb über drei Tage ein Wert von 18,44 KWh auf 1 000 Liter gemessen. Als Einblick ins laufende Projekt zeigte Bernhard Degünther Verbrauchs­werte von beteiligten Weingütern, etwa beim Netto-Energieverbrauch, Wasser- und Abwasser oder Dieselkraftstoff. So wurde sichtbar, dass, je nach individuel­len Gegebenheiten, einiges an Einsparpotenzial zu entdecken ist.

„Eine Schlüs­selstelle im Herbst ist die Gärtankkühlung, in die einiges an Energie fließt“, so Degünther. Als Kennzahl wurde hier 22 KWh/1 000 Liter Flüssigkeit ermittelt, je nach Bedingungen im Herbst oder Produktions­gegebenheiten im Weingut kann der Wert aber auch 25,15 KWh/1 000 l oder sogar 27,68 KWh/ 1 000 l betragen. Aktuell werden technische Lösungen als „Energiekonzept Weinkeller 2015“angedacht, um beispielsweise die Kühlung bei der Rotweinbereitung per Kühlturm zu leisten oder in einem anderen Fall die Gärwärme von Rotweinmaischegärtanks, die bis jetzt durch Kühltechnik neutralisiert wird, zum Anwärmen zu kalter Weißweinmoste zu nutzen. Degünther appellierte in auf den Verbrauch zu achten und Ursachen­forschung zu betreiben. „Mit einer han­delsüblichen Wasseruhr lässt sich kos­tengüns­tig ein Unterzähler installieren und schon hat man genaue Zahlen.“

Matthias Gutzler vom Kompetenzzentrum Weinmarketing und Andreas Geil vom Weingut Geil, Monzernheim, zeigten den Umstieg des Weinguts von der Selbstauslieferung zum Versand per Spedition. Der Wandel beim Kunden, viele Stunden hinterm Steuer und nicht zuletzt die Gefahr auf der Straße stellen die Selbstauslieferung mittlerweile für viele Weingüter infrage.

Winzer oder Spediteur?

Beim Weingut Geil, das nach dem Einstieg des Betriebsnachfolgers das Sortiment neu strukturiert hat, ist der Umstieg gelungen. „Mit einem professionellen Partner ist der Versand kein Problem“, sagt Andreas Geil. Wichtig ist, beim Wechsel den gesamten Marke­ting-Mix neu zu gestalten. Durch den Versand und entsprechende Marketing-Aktionen stiegen die Vertriebskosten zwar pro Flasche um 0,26 Euro, aber, so Andreas Geil: „Die Umstellung hat für uns im Betrieb nur Positives. Wir müssen natürlich am Marketing und Vertrieb arbeiten. In der Zwischenzeit konnten wir zum Beispiel höhere Preise durchsetzen.“ Und die freigesetzte Arbeitskapazität lässt sich jetzt effizient vor Ort einsetzen.

Ökologische Aufwertung von Flächen

Dazu gab es mehrere Impulsvorträge: Ziel ist es laut Richard Grünewald, vom Weingut Grünewald & Schnell, die Artenvielfalt zu fördern. Vom stabileren Ökosystem profitiere auch der Winzer, gleichzeitig lasse sich damit auch das Image des Betriebes steigern und die Aufwertung der Flächen komme etwa auch dem regionalen Tourismus zugute. Thomas Mitschang, beim DLR R-N-H, Bad Kreuznach, zuständig für Raumordnung, zeigte Praxisbeispiele zur Flurberei­nigung. Etwa die Integrale Weinbergsflurbereinigung in Sprendlingen-Wißberg: Die Winzer können auf ihren Flächen jetzt effizienter arbei­ten und gleichzeitig erzielt man durch Grüngürtel und ein neues Wegesystem Effekte für Landschaftsentwicklung und Tourismus, zum Beispiel mit dem Weinerlebnispfad Via Vinea.

Soziale Verantwortung

Nicht nur im Weinberg, auch im Keller, im Vertrieb oder im Marketing gibt es Möglichkeiten, um die biologische Vielfalt zu fördern. Dazu stellte ECOVIN-Geschäftsführer Ralph Dejas das Projekt „Naturschutz und Biodiversitätserhalt als CSR Aufgabe im Mittelstand“ vor. CSR steht für Corporate Social Responsibility, also die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens. „Biodiversität bezieht sich für ECOVIN nicht nur auf die Zahl der Arten pro Quadratmeter Weinbergsfläche, sondern auf den Betrieb insgesamt“, so Dejas. Deshalb stellen sich 15 ECOVIN-Pilotbetriebe einem an den Weinbau angepassten „Biodiversitäts-Check“, genaueres ist im Internet auf der Seite www.ecovin.de/de/biodiversitaet.htm zu finden.

Dass man nicht nur Winzer, sondern auch viele Interessierte für ein gemeinsames Projekt ins Boot holen kann, zeigte Gottfried Neumann, Abteilung Entwicklung Ländlicher Raum, DLR Rheinpfalz, mit dem ILE-Projekt „Blühende Region - Biotopvernetzung in der VG Edenkoben“. Ziel war es, mehrjährige Blühflächen zu schaffen, als Nahrungsangebot für blütenbesuchende Insekten und andere Tiere. Gestartet wurde mit 5,5 ha im Jahr 2010, mittlerweile wurden schon 2,2 ha zusätzlich eingebracht. Mehr dazu auch unter www.bluehende-landschaft.de.

Mehr Kommunikation

Bei der Abschlussdiskussion nutzten die Winzer noch einmal die Gelegenheit, ihre bisherigen Erfahrungen zu teilen. So zeigte sich, dass oft die engagierte Initiative der Winzer das eine ist, die Umsetzung aber das andere. Gerade bei größeren Projekten sei die Kommunikation oft schwierig und es brauche oft mehr politisches Handeln, um Initiativen voranzubringen.

Der nächs­te Termin ist schon fest im Blick: Am 18. Juni führt die Nachhaltigkeits-Exkursion auf rheinhessische Betriebe, die mit gutem Beispiel vorangehen.

ak – LW 11/2013