Große Erwartungen

Der Deutsche Bauerntag vergangene Woche in Fürstenfeldbruck war fokussiert auf die Wahl eines neuen Präsidenten. Nach 15 Jahren im Amt trat Gerd Sonnleitner nicht mehr an. Mit seinem Leitmotiv „Mehr Markt wagen“ hat er den Berufsstand auf den Abbau von Marktordnungen und Preisstützungen eingestimmt. Nicht alle Bauern sind ihm gefolgt, doch eine große Mehrheit hat ihm vertraut – das belegen die vergangenen Wahlergebnisse. Daran, dass die deutsche Landwirtschaft im europäischen Vergleich gut da steht, hat auch Sonntleitner Anteil. Er konnte politisch Einfluss nehmen, weil er hoch anerkannt ist und als verlässlich gilt. Dabei spielte es auch eine Rolle, dass er zwar immer die Interessen der Landwirtschaft vertrat, aber auch das Wohl des Landes im Blick hatte, wie Horst Seehofer würdigte.

An den neuen Präsidenten Joachim Rukwied werden nun große Erwartungen geknüpft. Er muss bei den laufenden Verhandlungen zur neuen gemeinsamen Agrarpolitik seinen Einfluss geltend machen, damit insbesondere das ungeliebte Greening mit den ökologischen Vorrangflächen so gestaltet wird, dass eine vernünftige Bewirtschaftung möglich bleibt. Er muss auch für den finanziellen Rahmen des EU-Budgets streiten. Dies hat er mit der Forderung nach einem Beitrag von 1,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sehr deutlich gemacht, deutlich gegenüber der Bundesregierung, die auf 1 Prozent beharrt. Auf nationaler Ebene muss der neue Präsident darauf hinwirken, dass die Entwicklung der deutschen Veredlungsbetriebe, die in den vergangenen Jahren erfolgreich war, nicht durch überzogene Forderungen für die Tierhaltung gebremst oder sogar umgekehrt wird. Hier wird er sich vielen Diskussionen stellen müssen.

Cornelius Mohr