Hafer wird Arzneipflanze des Jahres 2017
Anbausituation und Landessortenversuche Sommerhafer 2016
Erfreuliche Erträge und damit wieder ein positives Jahr für den Haferanbau, so lässt sich das Erntejahr 2016 beschreiben. Hafer ist eine Kultur der feucht-kühleren Anbauregionen. Dort kann er sein Ertragspotenzial ausschöpfen. Dementsprechend reagiert er in Jahren mit reduziertem Wasserangebot oder ausgeprägten Hitzeperioden mit deutlichen Ertragseinbußen. Zuletzt war das im Erntejahr 2015 der Fall. Die damalige langanhaltende Frühsommertrockenheit führte zu überwiegend enttäuschenden Erträgen, allerdings bei hervorragenden Kornqualitäten.
Aktuell sind die aus der Besonderen Ernteermittlung des BMEL festgestellten Erträge wieder deutlich höher angesiedelt. 2016 wurden im hessischen Landesdurchschnitt 49,7 dt/ha und damit fast 6 dt mehr als im Vorjahr geerntet. Die Anbauflächen gingen aber auf einen sehr niedrigen Stand von nur noch 8300 Hektar zurück. Auch bundesweit bestätigt sich dieser Trend, in 2016 wurde die bisher kleinste Erntemenge von insgesamt nur noch rund 543 000 Tonnen verzeichnet. Dabei ist Hafer guter Qualität in Deutschland zunehmend nachgefragt. Er wird er als Futtermittel insbesondere in der Pferdehaltung, aber auch in hofeigenen Kraftfuttermischungen benötigt. Darüber hinaus besteht aufgrund der geänderten Ernährungsgewohnheiten ein hoher Bedarf an Schälhafer für die menschliche Versorgung.Hafer guter Qualität wird zunehmend nachgefragt
Die deutschen Schälmühlen sind seit Jahren stark auf Importe insbesondere aus Skandinavien, Osteuropa, Spanien und auch von der Südhalbkugel angewiesen. Die Verarbeitungskapazitäten für Hafer wurden in den letzten Jahren sowohl in Deutschland als auch in den Benelux-Staaten weiter ausgebaut. Möglicherweise wird der Bedarf noch weiter steigen, denn Hafer wird die Arzneipflanze des Jahres 2017 sein. Die positiven Wirkungen des Hafers auf Cholesterin- und Blutzuckerspiegel sind hinlänglich bekannt. Hinzu kommt, dass in neuerer Zeit auch dem Haferkraut (wird kurz vor der Vollblüte geerntet) gesundheitsfördernde Eigenschaften, zum Beipiel bei Hauterkrankungen, zugeschrieben werden.
Im Vergleich zu anderen Sommerungen wird Hafer aufgrund der schwankenden Erträge oft nicht als konkurrenzfähig eingestuft. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass er oft auf wenig geeigneten Grenzstandorten angebaut, wo er hinter dem möglichen Ertragspotenzial weit zurück bleibt. Die Erträge aus den Landessortenversuchen (LSV) der letzten 15 Jahre belegen, welche Ertragsleistung Hafer unter kulturartspezifisch guten Anbaubedingungen bringen kann. Die jährliche Ertragssteigerung betrug über diesen Zeitraum 0,8 dt/ha, ein Beleg auch für die züchterische Verbesserung des angebotenen Sortenmaterials.
Landessortenversuche droschen deutlich über dem Vorjahr
Die beiden hessischen Versuchsstandorte Korbach (Hof Lauterbach) und Bad Hersfeld (Eichhof) repräsentieren die Hauptanbauregionen für Sommerhafer, der überwiegend in den feucht-kühleren Mittelgebirgsregionen seinen Platz findet. Das Prüfsortiment im LSV bestand im Anbaujahr 2016 aus neun Sorten, davon waren mit Symphony und Harmony zwei Weißhafersorten im Anbau. Zusätzlich wurde am Standort Eichhof die Schälhafersorte Scorpion als Qualitätsstandard mitgeprüft. Der Versuch in Bad Hersfeld konnte Mitte März, der Versuch in Korbach leider erst am 12. April nach Abtrocknung der Fläche gedrillt werden.
Die anhaltend feucht-kühle Frühjahrswitterung kam den Beständen letztÂlich zu gute, denn die Bestockung konnte zum Aufbau des Wurzelsystems und der Bestandesdichte genutzt werden. Auffällig war, dass die Parzellen in diesem Jahr bereits sehr früh von Getreidehähnchen befallen wurden, was sich anhand des typischen Fensterfraßes der Larven auf dem Blättern zeigte. Nach den enttäuschenden Erträgen des Vorjahres konnten im Sommer 2016 im Mittel der beiden Versuchsstandorte in der behandelten Stufe knapp 80 dt/ha geerntet werden, ein Plus von rund 13 dt/ha gegenüber der Ernte 2015. In Korbach lag der Abstand sogar bei über 20 dt/ha. Trotz der späten Saat waren dort aufgrund der über einen langen Zeitraum gesicherten Niederschlagsversorgung mit über 82 dt/ha noch sehr gute Erträge möglich.
Gesunde und standfeste Hafersorten als low-input-Kultur
Der Krankheitsbefall blieb mit Ausnahme von Mehltau gering, spät kam noch Kronenrost dazu. Mehltau war insbesondere in den Sorten Apollon, Poseidon, Symphony, Tim und Max stärker vorhanden, was aufgrund der Sortenanfälligkeit auch zu erwarten war. Zur Ernte trat in den unbehandelten Parzellen bei einigen Sorten Lager auf, in stärkerem Maße in den Sorten Tim und Max. Insgesamt wurde durch die Einkürzung und Fungizidbehandlung in der Stufe 2 ein Mehrertrag von 4,8 dt/ha, am Standort Korbach von 6,5 dt/ha, erreicht. Mit deutlichen Mehrerträgen reagierten Tim, Max und Symphony, während bei gesünderen Sorten, wie beispielsweise Yukon, auch in der unbehandelten Stufe Höchsterträge gemessen wurden. Spitzensorte in der Stufe 2 war der Weißhafer Symphony, der am Standort Korbach fast 90 dt/ha brachte, gefolgt von Poseidon und Yukon. Der langjährig empfohlene Max erreichte nur durchschnittliche Erträge, in der unbehandelten Stufe fiel er vor allem in Korbach deutlich unter den Durchschnitt. Seine Lagerneigung und die nicht optimale Blattgesundheit kosteten dort Ertrag. Symphony und Poseidon brachten in beiden Behandlungsstufen überdurchschnittliche Erträge. Yukon war in der Stufe 1 beste Sorte an beiden Standorten. Die sehr standfeste Kurzstrohsorte Troll lag mit etwas streuenden Erträgen knapp am Durchschnitt. Insgesamt zeigen diese Ergebnisse, dass gesunde und standfeste Hafersorten als low-input Kultur kostensparend zu führen sind.
Insgesamt gute Qualitätsdaten
Wenn Hafer vermarktet werden soll, muss zur Erreichung der nötigen hl-Gewichte auf qualitätsstarke Sorten gesetzt werden. Darüber hinaus sind hohe Qualitäten nur unter günstigen Witterungsbedingungen bis hin zur Abreife möglich. Standorte mit geringerer Wassernachlieferung sind für den Qualitätshaferanbau immer Risikostandorte und sollten vom Anbau ausgeschlossen werden. Trockenperioden, die eine vorzeitige Abreife auslösen, führen dann zu unzureichender Kornausbildung. Ebenso kann frühzeitig während der Kornfüllungsphase eintretendes Lager alle Qualitätsziele unerreichbar werden lassen.
Der für die Vermarktung wichtigste Qualitätsparameter ist das Hektolitergewicht. Bei Schälhafer kommt auch dem Spelzenanteil und der Entspelzbarkeit große Bedeutung zu. Diese Merkmale sind im Wesentlichen durch die Sortengenetik bestimmt, wobei die Hektolitergewichte auch stark von den Witterungsbedingungen zur Kornfüllung beeinflusst werden. Insgesamt lagen die hl-Gewichte in diesem Jahr mit durchschnittlich 51,4 kg/hl auf gutem Niveau. Im Vergleich zum Vorjahr fehlten jedoch immerhin 3 kg. Beste Sorte war erneut Max mit 54,6 kg/hl, gefolgt von Poseidon mit 53,4 kg/hl. Die schwächeren und etwas streuenden Werte von Apollon und Harmony enttäuschten, denn beide Sorten sind mit guten Schälhafereigenschaften eingestuft. Zusammenfassend kann mit durchschnittlich über 99 Prozent Marktwareanteil und 13,1 Prozent Rohprotein dem Material insgesamt eine gute Qualität attestiert werden (siehe Tabelle 2).
Gabriele Käufler, LLH, Landwirtschaftszentrum Eichhof – LW 4/2017