Pfälzer Gemüsebautag – Management in unruhigen Zeiten

Harte Kost für die Gemüsebranche

Die Pfälzer Gemüsebauern bereiten sich seelisch auf das kommende Jahr vor und verdauen langsam das Aktuelle. Dieses war im Frühjahr mit dem Start der Corona-Pandemie vor allem vom Mangel an Saisonarbeitskräften und anschließend von der Einführung der neuen Düngeverordnung am 1. Mai geprägt. Während die coronakonforme Unterbringung von Saisonarbeitskräften vor allem zu Mehrkosten führte, benötigt die Düngeverordnung Ausdauer und neue Ideen im Anbau.

Rund 880 Euro Mehrkosten hatten die Betriebe pro Saisonarbeitskraft, nicht alle Betriebe konnten diese auf die Kundschaft umlegen.

Foto: vsse/Christoph Göckel

Dass es auch Lichtblicke im Gemüsebau gibt, darauf wies Dr. Günter Hoos, der Leiter des DLR Rheinpfalz, in der Begrüßung zur online-Videokonferenz mit 270 Teilnehmern hin. „Wir haben wieder einmal eine volle Fachschulklasse.“ Und Staatssekretär Andy Becht vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau bemerkte, dass der Gemüsebau gleich nach dem Weinbau den höchsten Produktionswert in der rheinland-pfälzischen Landwirtschaft generiert. Er lobte die Gemüsebauern für ihre Zuverlässigkeit unter schwierigen Corona-Bedingungen, die Bevölkerung mit Lebensmitteln zu versorgen.

Die Stunde der Fachverbände war gekommen

Dr. Norbert Laun wies darauf hin, dass es vor allem den Fachverbänden wie dem Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd (BWV) und dem Verband der süddeutschen Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE) zu verdanken ist, dass immer wieder Lösungen für die Betriebe gefunden werden konnten. „Das Jahr hat gezeigt, wie wichtig Strukturen sind. Es war die Stunde der Fachverbände gekommen.“

Simon Schumacher, der Geschäftsführer des VSSE, erläuterte die Geschehnisse im Frühjahr, die Unsicherheit auf den Betrieben bezüglich der Verfügbarkeit der Saisonarbeitskräfte, die Möglichkeit des Charterflugs, die reißerischen Artikel in der Presse, wenn es Coronafälle auf Höfen gab. Zur Lage in den Betrieben zitierte Schumacher Umfrageergebnisse: „Viele Mitglieder sagten: Ich bin noch nie so gealtert wie dieses erste Halbjahr“, bemerkte Schumacher.

106 000 Saisonarbeitskräfte sind dieses Jahr tatsächlich nach Deutschland gekommen, im Durchschnitt hatte jeder Erdbeer- und Spargelbetrieb 28 Prozent weniger Arbeitskräfte zur Verfügung. Tatsächlich hatten manche Betriebe 60 Prozent weniger Saisonarbeitskräfte. Die Branche habe auch dazugelernt, denn es gab durchaus

einheimische Erntehelfer, die sich solidarisch zeigten und bereit waren zu arbeiten. Oft seien dies Kurzarbeiter gewesen oder Studenten. „Langfristig können wir nur von den Studenten zehren, eine Lösung für kommende Jahre ist dies nicht“, verdeutlichte Schumacher. Eine große Hilfe war die 115 Tage-Regelung, bemerkte Christoph Anheuser, Justiziar beim BWV in Mainz. Er ist seit Beginn der Pandemie stets am Ball, es werden regelmäßig Infodienste verschickt und die wöchentlichen rechtlichen Änderungen für die Betriebe übersetzt. „Seien Sie gewiss, dass sich auch zukünftig stetig etwas ändert“, bemerkte Anheuser. Doch im Vergleich zu diesem Frühjahr erwarten Anheuser und Schumacher ein entspannteres Frühjahr 2021. Zwar sind keine Impfungen für SAK für das kommende Jahr vorhersehbar, doch die Grenzen werden offen bleiben, der Landweg ist somit gesichert. Bei den coronakonformen Unterkünften von SAK ist im Zweifel das Gesundheitsamt zu kontaktieren, so ein Ratschlag von Anheuser. Formulare zur Einreise können unter der Homepage www.einrei­seanmeldung.de  erhalten werden. Viele weitere Dokumente, die für die Bewältigung der Corona-Auflagen auf den Höfen notwendig sind, können auf der Homepage des BWV unter  https://www.bwv-rlp.de/sonderseite-coronavirus/  heruntergeladen werden.

Neue Gebietsausweisung steht kurz bevor

Wie die von der Landwirtschaft geforderte Binnendifferenzierung bundesweit umgesetzt wird, das erklärte Maximilian Zinnbauer vom Thünen-Institut ausführlich. Die Gebiets­ausweisung nach AVV GeA, der All­gemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten, geschieht mit dem Programm AGRUM. Dieses kommt im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie seit 15 Jahre zum Einsatz beim Dünge-Monitoring und der Erarbeitung von Bewirtschaftungsplänen. Vereinfacht gesagt, werde damit von Punktmessungen auf die Flächenemission geschlossen. „Wir sind in der Lage, hier genau die Zusammenhänge zwischen Eintrag auf der Fläche und Austrag bei der Messung zu beurteilen. Auch Kläranlagen werden berücksichtigt“, so Zinnbauer.

Gegenüber der EU muss die ganze Landwirtschaft abgebildet werden: Ackerbau, Tierhaltung, Biogas, Gemüsebau und alle anderen. „Das Ergebnis ist immer so gut, wie die Datengrundlage“, stellte Zinnbauer klar. Mit Invekos, Hit, der Kreisstatistik von Ackerbauerträgen und vielen anderen Daten sei eine gute Grundlage gegeben. Es wird die Klärschlammausbringung berücksichtigt und die Kompostausbringung. Der Einsatz der Mineraldüngung wird modelliert, indem der Nährstoffbedarf berücksichtigt wird. Dann werden die landwirtschaftlichen N-Bilanzüberschüsse mit der atmosphärischen Deposition addiert, die N-Speicherung des Bodens abgezogen und so erhält man den verlagerbaren N-Eintrag in den Boden.

Zinnbauer betonte, dass hohe Nitratkonzentrationen im Sickerwasser nicht immer durch hohe N-Austräge aus dem Boden verursacht werden. Ist die Niederschlagsmenge in einer Region sehr gering, ist die N-Konzentration im Sickerwasser bei gleichem N-Austrag deutlich höher, auch dies werde berücksichtigt. Zinnbauers Fazit lautet, dass AGRUM eine nachvollziehbare Ausweisung nitratsensibler Gebiete ermöglicht.

Reduktion der Gebietskulisse wird erwartet

Er erwartet auch in Rheinland-Pfalz eine Reduktion der Gebietskulisse. Ab 2024 werde eine erhebliche Verbesserung der Datengrundlage nach Anlage 4, AVV GeA, erwartet, wenn betriebsindividuelle und flächengenaue Nitrat­austräge ermittelt werden können. Laut Zinnbauer ist AGRUM ein flexibles, lernfähiges System, das nun in einen starren rechtlichen Rahmen gepresst werde. Damit das Programm dennoch verbessert werden kann, forderte er den stetigen Austausch mit Fachbehörden und Praktikern und eine verbesserte Modellierung der Prozesse im Oberboden. Eine Vergleichbarkeit der Daten zwischen den Bundesländern sei mit der neuen Ausweisung gegeben, jedoch liegen in den Bundesländern derzeit nicht immer gleiche Basisdaten zugrunde.

Nachdüngung deutlich reglementiert

Ganz konkret wurden die Änderungen der Düngeverordnung, die ab 1. Januar 2021 gelten, von den DLR Rheinpfalz-Mitarbeitern Kerstin Mahler und Dr. Sebastian Weinheimer besprochen. In den roten Gebieten – und im Gemüsebau gehen alle davon aus, dass die Flächen in der Vorderpfalz auch nach der neuen Ausweisung zu diesen gehören – werden drei Änderungen auf die Betriebe zukommen:

  • Bei der Nachdüngung darf die Düngebedarfsermittlung (DBE) maximal um 10 Prozent überschritten werden, bisher gab es keine Einschränkung.
  • Die Bildung des Betriebsertrags wird nun im Durchschnitt der letzten fünf Jahre ermittelt, zuvor wurden die letzten drei Jahre herangezogen.
  • Die Berechnung der Phosphatabfuhr erfolgt nun mit den Tabellen 1 bis 3, laut Anlage 7.

Die Aufzeichnungspflichten werden ausgeweitet: So muss ab 1. Januar 2021 bei jeder Düngung innerhalb von zwei Tagen die Feldbezeichnung, -größe und die Düngeart und -menge notiert werden. Darüber hinaus die Menge des Gesamt-N und -Phophat. Es müssen die genauen Gründe für höheren N- und Phosphat-Bedarf angegeben werden. Und schließlich muss die jährliche betriebliche Gesamtsumme bis 31. März im Folgejahr für den ermittelten N- und Phosphat-Düngebedarf sowie die ausgebrachten Mengen Gesamt-N und -Phosphat notiert werden. Mahler wies darauf hin, dass das DLR Düngeseminare anbietet (siehe Kasten), in denen die Problematik erklärt werde. Auch wird ein neues Excel-Planungsprogramm zur DBE zur Verfügung gestellt, das die Dokumentation erleichtert.

Geänderte Anwendungsverbote der DÜV sind folgende: Es dürfen keine N- und phosphathaltige DBKP auf gefrorene Böden ausgebracht werden, eine Ausnahme sind die Kalkdünger mit einem Phosphatgehalt unter 2 Prozent. Phosphathaltige Düngemittel mit Phosphatgehalten über 0,5 Prozent Trockenmasse dürfen vom 1. Dezember bis 15. Januar nicht ausgebracht werden. Festmist von Huf- und Klauentieren darf von 1. Dezember bis 15. Januar nicht ausgebracht werden. Und Ammoniumcarbonat als Düngemittel, Bodenhilfsstoff, Kultursubstrat oder Pflanzenhilfsmittel (DBKP) darf nicht angewandt werden.

Ab 10 Prozent Hangneigung Auswirkung auf ganzen Schlag

Sind Oberflächengewässer in der Nähe, so hängt es von der Neigung ab, welche Auflagen einzuhalten sind. Bei 5 Prozent Neigung, darf keine Düngung auf den ersten drei Metern oberhalb der Böschungskante erfolgen. Bei 10 Prozent Neigung darf auf den ersten fünf Metern keine Düngung erfolgen. Auf den folgenden 15 m Hangneigung muss eine sofortige Einarbeitung erfolgen. Auf dem gesamten Schlag darf eine Teilgabe von maximal 80 kg N/ha bei sofortiger Einarbeitung ausgebracht werden.

Bei organischen und organisch-mineralischen Düngern liegt die flächendurchschnittliche Obergrenze bei 170 kg Nges/ha und Jahr ohne Anrechnung der Flächen mit N-Düngungsverbot. Der Nährstoffvergleich fällt weg, wird für Betriebe über 20 ha ab 1. Januar 2023 in der Stoffstrombilanz jedoch wiederkehren, bemerkte Mahler.

Dass derzeit die Karten der neuen Ausweisung für GeoBox und FloRLP erstellt werden, erwähnte Becht. Weinheimer ergänzte, dass auch die Auflagen nach LandesDüngeverordnung Rheinland-Pfalz ab 1. Januar 2021 einzuhalten sind. Für Phosphat seien diese nicht schwerwiegend. Zusätzliche Maßnahmen für N und P ergeben sich laut LDüVRLP für N-Bodenuntersuchungen bei einer N-Düngung über 50 kg/ha, bei Gemüse und Erdbeeren muss eine N-Bodenuntersuchung für jede Bewirtschaftungseinheit und für die zweite Belegung erfolgen.

WiZwiFru soll Nährstoffe ins nächste Jahr bringen

Für sonstige Flächen ab 50 ha, vor allem im Ackerbau, sind zwei Bodenproben notwendig, plus eine Probe für jede weiteren 100 ha. Keine N-Bodenproben werden für Biobetriebe und Betriebe mit N-Saldo Stoffstrombilanz unter 35 kg N/ha verlangt. Die DÜV erfordert zusätzliche Maßnahmen, um die 20 Prozent-Reduktion umzusetzen, in folgenden Fällen: Wenn im Flächendurchschnitt pro ha und Jahr über 160 kg Nges und davon über 80 kg mineralisch ausgebracht werden. Dann dürfen maximal 80 Prozent des ermittelten N-Düngebedarfs im Flächendurchschnitt der roten Gebiete ausgebracht werden. Unter Umständen kann es für Betriebe, die Flächen in roten und grünen Gebieten haben, zu einer doppelten Buchführung kommen.

Eine zusätzliche Maßnahme ist die Winterzwischenfrucht (WiZwiFru) in den roten Gebieten. Sie wird im Herbst angebaut und kann ab 15. Januar wieder eingearbeitet werden. Ausnahmen gibt es, wenn die Ernte nach dem 1. Oktober erfolgt, wenn der jährliche durchschnittliche Jahresniederschlag unter 550 mm liegt, wenn die Folgekultur vor dem 1. Februar gesät oder gepflanzt wird und wenn keine Düngung erfolgt mit Dünger höher als 1,5 Prozent Stickstoff in Trockenmasse.

Derzeit wird hier diskutiert, ob ein 10-jähriger oder 30-jähriger Durchschnitt beim Niederschlag zugrundegelegt wird, das hat große Auswirkungen auf die Gebietskulisse. Versuche zu den Winterzwischenfrüchten werden vom DLR Rheinpfalz angelegt. „Wir arbeiten daran, hier Erfahrungen für die Gemüsebaubetriebe zu sammeln“, sagte Weinheimer.

zep – LW 49/2020