Hendricks überzieht

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks ist derzeit die Hauptangreiferin der Landwirtschaft. Ende August präsentierte sie Vorschläge zum Baurecht, mit denen sie die „Intensivtierhaltung“ vermindern will. Große Tierhaltungsanlagen im Außenbereich sollen nach ihren Vorstellungen nur noch zugelassen werden, wenn die Gemeinden einen entsprechenden Bebauungsplan erlassen. Den Bürgern will sie mehr Mitsprache bei den Genehmigungsverfahren einräumen. Was das bedeutet, können sich Tierhalter ausmalen, die schon genug Ärger haben und Hürden in den Weg gelegt bekommen, wenn sie einen neuen Stall bauen wollen. Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt ließ damals von seinem Hause lapidar erklären, dass die tierische Veredlung zur Ernährungssicherung und damit zur Kernaufgabe der Landwirte gehöre. Wenn es um einen solchen Angriff auf die Landwirtschaft und auf seinen Geschäftsbereich geht, hätte man eine kräftigere Antwort vom Ressortchef erwartet und sich von bäuerlicher Seite gewünscht.

Mit ihrem integrierten Umweltprogramm 2030, das sie kürzlich vorstellte, fährt Hendricks eine weitere umfassende Attacke, auch auf das Agrarressort. Mit einem Initiativrecht in anderen Geschäftsbereichen, will sie in andere Ressorts hineinregieren. Schon bislang hat ihr Haus großen Einfluss auf Vorgaben zur Düngung und zum Pflanzenschutz, sie würde ihn mit dem Initiativrecht gerne noch vergrößern. Das geht allerdings nur, wenn man sich das gefallen lässt. Der Bundeslandwirtschaftsminister muss deshalb entschiedener entgegentreten.

Die großen Wirtschaftsverbände haben nun mit ihrer Forderung, dass die Formulierung eines Klimaschutzplans nicht allein Hendricks überlassen werden darf, richtigerweise darauf aufmerksam gemacht, dass für wichtige Fragen der deutschen Volkswirtschaft nicht die Umweltministerin zuständig ist. Es gibt nämlich nicht nur eine ökologische Nachhaltigkeit, der Hendricks alles unterordnen will. Es gibt auch ökonomische und soziale Nachhaltigkeit. Wenn die Produktion aus Deutschland wegen unvernünftig hoher Auflagen in Weltregionen mit niedrigeren Standards abwandert, ist dem globalen Umwelt- und Klimaschutz nicht geholfen.

Cornelius Mohr – LW 38/2016