Hessischer Wald vor großen Herausforderungen

Forstminister Jung stellt Waldzustandsbericht 2024 vor

Die Folgewirkungen von Hitze und Trockenheit der zurückliegenden Jahre halten an und Schäden durch Käfer und Pilze setzen dem hessischen Wald weiterhin zu. Das hat der hessische Forstminister Ingmar Jung vergangene Woche bei der Vorstellung des Waldzustandsberichtes 2024 im Forstamt Wiesbaden-Chausseehaus erklärt. Der Zustand des hessischen Waldes sei auch in diesem Jahr an vielen Orten in Hessen sichtbar schlecht.

Dr. Ulrike Talkner und Forstminister Ingmar Jung bei der Vorstellung des Waldzustandsberichts 2024.

Foto: HMLU

Der langfristige Erwärmungstrend setzt sich laut Ministerium ungebrochen fort. Das Vegetationsjahr 2023/2024 (Oktober 2023 bis September 2024) war mit einer Mitteltemperatur von 11 °C das wärmste Jahr seit Auswertungsbeginn (1961). Die Niederschlagssumme betrug im Flächenmittel von Hessen 1 008 mm und übertraf das langjährige Mittel um rund 30 Prozent. Das zurückliegende Vegetationsjahr war somit rekordwarm und das niederschlagsreichste Jahr seit 1962.

Kronenverlichtung nur leicht zurückgegangen

2024 ist die mittlere Kronenverlichtung aller Baumarten und Altersstufen dennoch nur geringfügig um einen Prozentpunkt auf 28 Prozent zurückgegangen und verbleibt somit auf einem der höchsten Werte seit 1984. Die Verlichtung der Baumkrone ist ein wichtiger Indikator, um den Gesundheitszustand von Bäumen beurteilen zu können. Gesunde Bäume mit dichter Krone haben eine geringe Kronenverlichtung.

Baumarten-Empfehlung erweitert

„Die Wetterextreme der vergangenen Jahre schwächen und verändern unseren Wald in rasantem Tempo. Zur Anpassung an die Folgen werden daher die Wiederbewaldung der großen Schadflächen und der Aufbau klimaresilienter Wälder in Hessen mit geeigneten Baumarten konsequent fortgeführt“, erläuterte Staatsminister Jung laut Pressemitteilung. Die Hessische Landesregierung unterstütze dabei alle Waldbesitzer mit fundierten Beratungsangeboten und finanziellen Mitteln. So werden aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt aus dem vor dem Abschluss stehenden Projekt „Anbauwürdigkeit und ökologische Zuträglichkeit alternativer Baumarten für Hessen“ zu einer Erweiterung des zu empfehlenden Baum­artenspektrums führen.

Die Landesregierung habe bereits vielfältige Maßnahmen zur Klimawandelfolgenforschung und zum Klimaschutz auch im Wald auf den Weg gebracht. So werden die erfolgreich angelaufenen Projekte zum Wasserrückhalt im Wald und zum Aufbau klimaresilienter Wälder, für die 2024 Mittel in Höhe von rund 4,6 Mio. Euro zur Verfügung gestellt wurden, trotz knapper Haushaltsmittel auch 2025 fortgesetzt. Hierzu zählen beispielsweise Arbeiten an Waldwegen, die Renaturierung von Gewässern und Waldmooren sowie der Aufbau oder die Aufwertung von Waldrändern.

Förderung von Kommunal- und Privatwald

Die Richtlinie für die forstliche Förderung in Hessen sowie die 2019 eingeführte Extremwetterrichtlinie, die die Waldbesitzer insbesondere bei der Bewältigung der Extremwetterfolgen unterstützt, bieten laut Ministerium für den Privatwald und den Körperschaftswald zielgerichtete Förderangebote. Fachliche Grundlage sind die sogenannten Waldentwicklungsziele, die von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Waldbesitzerverband erarbeitet wurden (www.nw-fva.de/unterstuetzen...). Die Nachfrage nach Fördermaßnahmen der genannten Richtlinien ist aufgrund des enormen Ausmaßes der Schäden am Wald laut Ministerium sehr hoch. Es sei erkennbar, dass diese Herausforderungen noch viele Jahre andauern werden.

Deswegen unterstütze das Land Hessen seine privaten und körperschaftlichen Waldbesitzer auch in den kommenden Jahren mit jährlich 13 Mio. Euro zusätzlich zu den Fördermitteln, die über die reguläre Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) mit einem Anteil von 60 Prozent vom Bund bereitgestellt werden.

Der Hessische Waldzustandsbericht zeige positive Entwicklungen, auch wenn der hessische Wald nach wie vor große Herausforderungen zu bewältigen habe, kommentierte Carl Anton Prinz zu Waldeck, Präsident des Hessischen Waldbesitzerverbandes. Das Jahr 2024 mit seinen regenreichen und kühlen Sommermonaten habe die Ausbreitung schädlicher Insekten deutlich verlangsamt und den Baum­arten eine willkommene Verschnaufpause verschafft. Zwar seien die Spuren von Schadinsekten wie Borkenkäfern und bestimmten Pilzbefällen noch nicht gänzlich verschwunden, doch die Regeneration vieler Baumbestände lasse auf eine langfristige Stabilisierung hoffen.

Rehapatient Wald hat Heilungsprozess begonnen

„Auch ältere, geschwächte Bäume konnten sich in diesem Jahr teilweise erholen,“ betont Prinz zu Waldeck in einer Presseerklärung. „Forstkulturen und junge Wälder profitieren sichtbar vom feuchten Klima und zeigen ein kräftiges Wachstum – ein wichtiges Zeichen für die Zukunft.“ Sorge bereiten ältere Eichen, die seit dem Sommer 2023 in Mittel- und Südhessen stark unter dem Befall von Eichenprachtkäfern gelitten haben. Der Wald bleibt zwar ein „Reha-Patient“, doch die Fortschritte zeigen, dass der Heilungsprozess begonnen hat. Ob der Wald jedoch nachhaltig vitaler wird, hängt entscheidend vom Verlauf der kommenden Vegetationsperioden ab.

Wichtige Unterstützung durch die Politik notwendig

Ein wesentlicher Baustein für die nachhaltige Erholung des Waldes sei eine verlässliche politische Unterstützung. „Für viele Waldeigentümer ist die Wiederaufforstung der betroffenen Gebiete allein finanziell nicht zu stemmen,“ erklärt Prinz zu Waldeck. „Damit die dringend benötigten Fördermittel wirken können, ist eine gesicherte Finanzierung essenziell.“ Trotz des vorzeitigen Endes der Ampelkoalition und des voraussichtlich erst Mitte des nächsten Jahres verabschiedeten Bundeshaushalts wird eine zügige Bereitstellung wichtiger Mittel erwartet, um Waldbesitzer und die wissenschaftliche Erforschung robuster Waldstrukturen weiterhin zu unterstützen.

Nach dem Wegfall des Waldklimafonds ist eine Lücke von jährlich 30 Mio. Euro Forschungsmitteln für die Forstwissenschaft entstanden, die durch neue Finanzierungsmöglichkeiten geschlossen werden muss. Hier drohe der ersatzlose Wegfall von rund 200 Forschungsstellen, die für eine innovative Weiterentwicklung von klimaresilienten Wäldern von großer Bedeutung sind.

LW – LW 47/2024