Hilfe von Pflegeprofis

Sich frühzeitig Unterstützung auf den Hof holen

Wird ein Angehöriger zum Pflegefall, ist das für die gesamte Familie ein Schock. Für viele ist es kaum möglich, einen klaren Gedanken zu fassen. In dieser Situation helfen die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater der Pflegekassen, so auch diejenigen der Landwirtschaftlichen Pflegekasse Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland (LPK HRS).

Je eher man sich vom Arzt und von der Pflegeberatung unterstützen lässt, umso entlastender ist die Pflegesituation für alle Familienangehörigen.

Foto: imago images

Susanna P. ist beunruhigt: Ihre Mutter wollte nur noch kurz nach ihren Hühnern schauen, um dann gemeinsam mit der Familie zu frühstücken. Da die Mutter nicht zurückkommt, geht sie nach ihr schauen. Als sie die Tür zum Hühnergehege öffnet, findet sie ihre Mutter bewusstlos am Boden. Susanna P. ist geschockt. Später im Krankenhaus erklären ihr die Ärzte, dass ihre Mutter einen schweren Schlaganfall hatte. Sie wird von nun an ein Pflegefall sein. Was nun? Durch den Kopf von Susanna P. schwirren tausend Fragen. In ein Pflegeheim? Nein, auf gar keinen Fall! Aber wer kann sich um sie kümmern? Vielleicht einen ambulanten Pflegedienst einschalten? Welche Hilfsmittel werden wohl benötigt? Für solche Situationen bietet die Landwirtschaftliche Pflegekasse Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland (LPK HRS), ebenso wie die übrigen Pflegekassen, seit Anfang 2009 Pflegeberatung an.

Vorbereitungen für die Entlassung treffen

Verbesserung der Pflegeberatung: Pilotprojekt

Im Oktober 2011 startet die LPK HRS ein Pilotprojekt, mit dem die Pflegeberatung deutlich verbessert und intensiviert werden soll. Zwar haben Pflegebedürftige seit 2009 einen gesetzlichen Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung bei der Auswahl und Inanspruchnahme der ihnen zustehenden Leistungen und Hilfsangeboten, insbesondere bei einer Pflege zuhause wird diese Beratung jedoch häufig teils aus Unkenntnis, teils aber auch schlicht aus Überforderung der Pflegeperson, nur unzureichend genutzt. Dies verschlimmert sowohl die Versorgungssituation des Pflegebedürftigen als auch die Belastungssituation des Pflegenden. Die LPK HRS will dies ändern, indem sie auf die Pflegebedürftigen und die sie Pflegenden direkt zugeht und ihnen ganz konkret eine qualifizierte Beratung in der häuslichen Umgebung anbietet. Schließlich werden in der Landwirtschaft überdurchschnittlich viele Pflegebedürftige zuhause gepflegt.
Hierzu wird in nächster Zeit zunächst in einzelnen Regionen eine gewisse Anzahl pflegender Angehöriger von Pflegebedürftigen der Stufen 2 und 3 von den Pflegeberaterinnen (siehe nächste Seite) persönlich angeschrieben und danach angerufen. Sofern gewünscht, wird dabei ein Termin für eine Pflegeberatung zuhause beim Pflegebedürftigen vereinbart; damit in der häuslichen Umgebung die Pflegesituation besprochen und gegebenenfalls zusätzliche Anträge auf weitere Hilfen direkt gestellt werden können.

Ist zu Hause noch nicht alles für eine Pflege vorbereitet, bietet sich etwa nach der Entlassung aus dem Krankenhaus eine Kurzzeitpflege in einem Pflegeheim an. In der Zwischenzeit kann die Pflegeberaterin Tipps für das Einrichten des Pflegezimmers geben. Sie kann auch dabei helfen, die nötigen Hilfsmittel bei der Kranken- oder Pflegekasse sowie das Pflegegeld zu beantragen. Die Pflegeberaterin erfasst nicht nur die Situation des Pflegebedürftigen, sie fragt auch die Angehörigen, welche Pflegeleis­tungen ihnen möglich sind, sofern sie den Angehörigen selbst pflegen möchten. Nach diesen Fakten erstellt sie einen Versorgungsplan. Darin wird festgehalten, wer den Pflegebedürftigen versorgen kann, und ob beziehungsweise in welchem Umfang ein ambulanter Pflegedienst notwendig ist. Der Versorgungsplan wird auf die persönlichen Bedürfnisse der Familie zugeschnitten.
Die Pflegeberaterin hilft auch ganz praktisch, indem sie für die Angehörigen zum Beispiel eine Adressliste von Pflegediensten und Tagespflegeeinrichtungen vorbereitet. Wenn die Tochter oder Schwiegertochter, die im Haus wohnt, beispielsweise einmal in der Woche zu den Landfrauen geht, dann wird im Versorgungsplan festgehalten, wer sich in dieser Zeit um den Patienten kümmern kann. Manchmal können Nachbarn einspringen, manchmal Geschwister, die in der Nähe wohnen. Dabei soll dieser Plan kein starres Gerüst sein, sondern immer wieder an die aktuelle Situation der Familie angepasst werden. Die Beratung ist keine einmalige Sache. Die Pflegeberaterinnen begleiten die pflegenden Angehörigen und kommen auf den Hof, so oft es nötig ist.

Auszeiten von dem Pflegealltag

Ist die Pflege Teil des Alltags geworden, ist es wichtig, den Angehörigen bewusst zu machen, dass es kein Zeichen von Schwäche ist, sich regelmäßig eine Auszeit von der Pflege zu nehmen. Aus diesem Grund weisen die Pflegeberaterinnen auf die Möglichkeit der Kurzzeitpflege in einem Heim oder die Verhinderungspflege zu Hause hin. Die Angehörigen können hierdurch bis zu vier Wochen im Jahr eine Auszeit nehmen. In dieser Zeit wird der Patient von Fachkräften versorgt. Die Versorgung von Demenzkranken ist oft eine besondere Herausforderung, da Menschen mit Demenz Dinge tun, an die sie sich wenige Minuten später nicht mehr erinnern können. Müssen die Angehörigen einige Stunden den Hof verlassen, etwa weil ein Arztbesuch ansteht, können sie daher zusätzliche Betreu­ungsleis­tungen nutzen. Das heißt, eine speziell geschulte Fachkraft kümmert sich in dieser Zeit um den Pflegebedürftigen. Allerdings dürfen sie ihn nicht pflegen, also waschen oder Ähnliches. Sie beaufsichtigen ihn vielmehr, damit nichts passiert.

Was kostet die Pflegeberatung?

Die Beratung ist kostenfrei, neutral und erfolgt unter Wahrung der Schweigepflicht. Sie beinhaltet folgende Themen: Finanzierung und Organisation der Pflege, Leistungen für Demenzkranke, Pflegehilfsmittel und Umbaumaßnahmen, Begutachtung und Pflegeeinstufung, Betreuungsrecht, sowie Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung, Rehabilitation und Schwerbehindertenrecht. Vermittelt werden zudem Entlas­tungsangebote und regionale Hilfsdienste. Landwirtschaftliche Pflegekasse HRS


Nachgefragt
Pflege im landwirtschaftlichen Haushalt

Kontaktdaten der Pflegeberaterinnen
Zuständig für RheinlandPfalz
Carmen Bouquet
Theodor-Heuss-Str. 1
67346 Speyer
Tel.: 06232-911-3263

Carmen Bouquet

Zuständig für Hessen
Michaela Griesel
und
Simone Dippel
Luisenstr 12,
34112 Kassel
Tel.: 0561-1006-2227

Michaela Griesel

Simone Dippel

Pflegeberaterinnen aus dem LW-Gebiet über ihre Erfahrungen

Von den drei Pflegeberaterinnen der Landwirtschaftlichen Pflegekasse Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland (LPK HRS), die im LW-Gebiet tätig sind, wollte das LW wissen: Was ist das Besondere der Pflegeberatung bei Familien, die in der Landwirtschaft tätig sind?

Carmen Bouquet:
„In der Regel sind alle Familienmitglieder in die anfallenden Arbeiten des Hofes eingebunden. Bei einem Pflegefall bleibt zunächst die Arbeit des Erkrankten beziehungsweise Pflegebedürftigen sowie der Pflegeperson liegen. „Helfende Hände“ und Hilfsmittel müssen besorgt werden. Die Finanzierung der Helfer muss geregelt, entsprechende Anträge gestellt werden. Wir Pflegeberaterinnen beraten, informieren und begleiten unter Wahrung von Schweigepflicht in diesen sehr persönlichen, schwierigen Problemsituationen.“

Michaela Griesel:
„Die Pflege eines Angehörigen in der Landwirtschaft bedeutet für die Pflegeperson einen täglichen Spagat zwischen der Arbeit auf dem Hof, der Hauswirtschaft und der notwendigen Pflege an 365 Tage im Jahr. Die qualifizierte Pflegeberatung will die Betriebe durch eine maßgeschneiderte Pflegeplanung unterstützen: Die optimale Nutzung von Hilfsmitteln und Angeboten zur Entlastung der Pflegeperson wird abgestimmt auf die täglich anfallende Arbeit auf dem landwirtschaftlichen Betrieb.“

Simone Dippel:
„In landwirtschaftlichen Betrieben trifft man häufig noch auf Mehrgenerationenhaushalte. Wird ein Mitglied der Familie pflegebedürftig, ist es wichtig, eine Lösung zu finden, die für alle an der Pflege Beteiligten akzeptabel und leistbar ist. Nur so kann auf Dauer die Zufriedenheit der Familie erhalten bleiben und der landwirtschaftliche Betrieb fortgeführt werden. Wir als Pflegeberaterinnen können hier eine große Hilfe bieten, indem wir nicht nur Fragen zur Pflege beantworten, sondern auch als Koordinator und Lotse behilflich sind.“

Fragestellung: Stephanie Lehmkühler