Historisch frühe Lese beginnt in aller Ruhe

Die Lese hat in den letzten Augusttagen begonnen, so früh wie nie zuvor seit Menschengedenken. Der extrem frühe Ernte­beginn bringt für die Winzer einige Herausforderungen mit sich. Zu hohe Mostgewichte sind nicht gewünscht, um alkoholreiche Weine zu vermeiden. Gleichzeitig sind die Säurewerte bereits stark reduziert, bedingt durch die heißen Juli- und Augustnächte.

Entscheidend für den Lesezeitpunkt wird dieses Jahr oftmals der Säuregehalt der Trauben sein. Die Politik hat bereits reagiert und die Säuerung von Most und Wein zugelassen. Die Besonderheiten des Jahrgangs erfordern angepasste Maßnahmen bei der Weinbereitung. Die gute Traubengesundheit und die Zulassung der Most- und Weinsäuerung tragen derzeit zu einer gewissen Entspannung bei, solange das Wetter stabil bleibt. Botrytis ist bisher kein Thema und glücklicherweise hielt die Hitze auch die Kirschessigfliege in Schach. Die Winzer erwarten gut ausgefärbte, reife Rotweintrauben.

Die Reben entwickelten sich dieses Jahr rasant und zeigen einen sehr hohen Fruchtansatz mit Potenzial zu kompakten Trauben. Allerdings fehlte der Regen, um die Beeren zu füllen. Eine seriöse Ernteschätzung ist derzeit nicht möglich. Der heiße Sommer führte zu massiven Trockenschäden vor allem in jungen Anlagen, sodass Trauben entfernt werden mussten. Diese Weinberge werden nun als erstes gelesen, um die Stöcke zu entlasten.

Die Erntebedingungen sind ungewöhnlich warm, sodass schon in den frühen Morgenstunden gelesen wird, um die Gärkühlung zu gewährleisten und die Energiekosten im Griff zu halten. Die Oenologen werden ein Auge auf eventuell auftretende mikrobiologische Probleme haben müssen.

Die Winzer würden aktuell gerne Landwein verkaufen, aber am Markt besteht kaum Nachfrage. Vielleicht weil im letzten Jahr kein Landwein angeboten wurde? Die Kellereien warten derzeit noch ab. Solange das derzeit stabile Wetter anhält, ist keine Eile nötig. Die Winzer lesen diszipliniert. Eine kontinuierliche Lese ist wichtig, um Ruhe in den Markt zu bringen, wovon letztlich alle Marktteilnehmer profitieren.

Bettina Siée – LW 36/2018