Hoflieferant für viele Besamungsstationen
Sieben 100 000-Liter-Kühe im Betrieb der Gebrüder Karch
Hohe Milchleistungen und eine lange Nutzungsdauer schließen sich nicht aus, wenn die Genetik und vor allem die Haltung und Fütterung der Kühe stimmen. Bei den Gebrüdern Karch aus Börrstadt passen alle Faktoren zusammen. Kürzlich haben sie auf dem Kreuzhof sieben Kühe präsentiert, die in ihrem Leben mehr als 100 000 kg Milch gegeben haben. Die Agrarjournalistin Imke Brammert-Schröder war für das LW dabei.
Im Rahmen einer kleinen Feier zeigte sich auch die älteste Kuh Eleonora von Dombinator mit ihren fast 17 Jahren noch frisch und munter, als sie zusammen mit den anderen „alten Damen“ vor der Hofkapelle aufgestellt wurde. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich Hochleistung und Langlebigkeit nicht ausschließen. Sie hat in ihrem Leben mehr als 135 000 kg Milch produziert. Sie ist mit EX91 eingestuft und war auf vielen Tierschauen erfolgreich. Unter anderem war sie Siegerin der mittleren Kuhklassen bei der RUW-Schau in Hamm. Einer ihrer Söhne ist der Besamungsbulle Jetaime von Jocko Besne, der über viele Jahre in Schleswig-Holstein im Besamungseinsatz war.Die Familie Karch ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt für ihre Zucht. „Karchs sind Hoflieferanten vieler Besamungsstationen“, sagte Wilhelm Remmers, ehemaliger Leiter der LWK Kaiserslautern, der die Schwarzbuntzüchter im Südwesten von Rheinland-Pfalz lange Jahre beratend begleitet hat. „Auch die genomischen Daten der Tiere sprechen für sich. Der Betrieb Karch gehört zu den Top Ten-Betrieben in Deutschland“, lobte Remmers. Zu den aktuellen Besamungsbullen aus der Karch`schen Zucht gehören Rowdy in Sachsen-Anhalt, Golden One in Thüringen und Hessen sowie die Bullen Log-In, Loggia, Guide und Mogli, die für die RUW im Einsatz sind.
Langlebigkeit seit jeher als Zuchtziel
Den Grundstein der Zucht legten ostfriesische und amerikanische Kuhfamilien. In den 50er und 60er Jahren wurde auf dem Hof vom Glan-Donnersberger Rind auf Schwarzbunte umgestellt. „Dadurch erzielten wir einen enormen Leistungsfortschritt. Schon damals gaben die Kühe 7 000 l Milch. Sie waren kleinrahmig, aber sind sehr alt geworden“, erinnert sich Dr. Gerd Karch an die Anfänge der Schwarzbunt-Zucht. Langlebigkeit ist seit jeher ein Aspekt, den er bei der Auswahl der Bullen berücksichtigt hat, sei es bei den Deckbullen oder bei den Besamungsbullen. „Wir haben immer darauf geachtet, dass sie aus langlebigen Kuhfamilien stammen“, erklärte Karch. Ebenso ist er verfahren, als er in Amerika einige Embryonen gekauft hat.
„Natürlich muss die Leistung stimmen, aber die Sekundärmerkmale sind auch wichtig.“ Karchs Ziel ist es, funktionale Kühe zu züchten. „Es geht immer um die Gesamtherde, die möglichst homogen sein soll. Jede AnÂpaarung erfolgt unter diesem Aspekt, es geht nicht darum, einzelne herausragende Kühe zu züchten.“ Es gibt viele Tiere in der Herde, die einen hohen gRZG aufweisen. Diese hohen Zuchtwerte sind im Bestand breit gestreut und basieren auf vielen guten Kuhfamilien.Die Kühe müssen für Gerd Karch nicht unbedingt im Schauformat stehen. „Mir sind mittelrahmige Kühe ebenso lieb“, so Karch. „Wir brauchen Kühe, die lange wirtschaftlich arbeiten.“ Und das tun seine rund 170 Kühe. Sie geben im Durchschnitt fast 11 000 kg Milch pro Kuh und Jahr. Die Merzungsrate liegt seit zehn Jahren schon zwischen 18 bis 23 Prozent, die Nutzungsdauer der Kühe beträgt mehr als 50 Monate. „Dieses Jahr betrug die Lebensleistung der Abgangstiere 44 000 kg. Der Durchschnitt in Rheinland-Pfalz liegt bei 23 000 kg“, sagt Gerd Karch nicht ohne Stolz.
In den vergangenen 15 Jahren haben 26 Kühe 100 000 l erreicht
Dr. Wolfgang Fasen, Geschäftsführer des Landeskontrollverbandes Rheinland-Pfalz, würdigte die hohe Leistung der Kühe. Er sagte: „Dass Karchs heute sieben 100 000 l-Kühe sowie eine weitere präsentieren, die im Laufe des Jahres diese Bestmarke erreicht, ist keine Ausnahme. In den vergangenen 15 Jahren hat es im Betrieb Karch insgesamt 26 Kühe gegeben, die mehr als 100 000 l Milch in ihrem Leben gegeben haben.“
Die acht Kühe wurden den Gästen, unter ihnen auch die rheinland-pfälzische Milchkönigin Vera Schückler, Brigitte Christoffel, Vorstandsmitglied der LWK Rheinland-Pfalz, Uwe Müller vom RUW-Regionalzentrum, Ortsbürgermeisterin Elsbeth Schmitz sowie der Beigeordnete der Verbandsgemeinde Hubert Weismann, einzeln vorgestellt. Der Platz vor der Hofkapelle bot einen schönen Rahmen.
Den Anfang machte Tetra von Hunter, die mit EX91 eingestuft ist. Diese schöne Kuh hat in acht Laktationen bisher 92 000 kg Milch gegeben und wird die 100 000er-Marke noch dieses Jahr erreichen. Sie stammt aus der Familie der Tizzia, ihrer Großmutter, einer Prelude-Tochter. Aus dieser Familie sind zahlreiche gute Kühe und Besamungsbullen hervorgegangen. Das mit gRZG 152 sehr hoch eingestufte Kuhkalb von Log-In, das ebenfalls vorgestellt wurde, ist eine Urenkelin von Tetra und unterstreicht die Qualität dieser Kuhfamilie. „Es ist schon etwas Besonderes, ein so gutes Kalb aus so einer Kuhfamilie zu haben, das auch noch von einem selbst gezogenen Besamungsbullen abstammt“, freut sich Karch.
EU-Milchpreise leicht gesunken
In der EU haben zum Quartalsende die Auszahlungspreise für Milch leicht nachgegeben. Im März sank der von dem niederländischen Bauernverband (LTO) über 17 Molkereien durchschnittlich berechnete Erzeugerpreis auf 34,41 Cent je Kilogramm. Gegenüber Februar war dies ein leichter Rückgang um rund 0,3 Cent. Trotz der zuletzt schwächeren Entwicklung der Milchpreise wurde das Vorjahresergebnis erstmals seit März 2011 wieder um rund 0,7 Cent oder 2,1 Prozent übertroffen. Während im Vergleich zum Vormonat die Auszahlungspreise bei den betrachteten deutschen, belgischen, finnischen und italienischen Molkereien unverändert blieben, zeigten sich in Dänemark rückläufige Preise. In den Niederlanden, Frankreich, Irland und Großbritannien waren uneinheitliche Tendenzen zu verzeichnen.
Bulle Log-In in Betrieb Karch gezüchtet
Denn auch der Bulle Log-In von Logan wurde von den Gebrüdern Karch gezüchtet. Der Jungbulle zählt mit einem gRZG von 148 einer der am höchsten bewerteten Bullen in Deutschland. Seine Mutter Varna von Goldwin geht auf die berühmte Blackstar-Tochter Violine zurück, eine EX90-Kuh, die selber mehr als 100 000 l Milch gegeben hat. Auch der höchstrangierte Guarini-Sohn Guide geht auf Violine zurück. Zwei der vorgestellten Kühe stammen aus diesem großen Kuhstamm. Die Mtoto-Tochter Viera geht ebenso auf Violine zurück wie Jocko Besne-Tochter Vega. In dieser Linie sind ein hohes Zuchtwertniveau und hohe Lebensleistungen fest verankert. Viera wurde 2000 geboren und hat bisher 113 170 kg Milch gegeben. Vega kommt in ihrer zehnten Laktation auf 101 372 kg Milch.
In ihrer zehnten Laktation hat die Jesther-Tochter Nadel, EX 90 eingestuft, inzwischen 101 421 l Milch gegeben. Die Ferro-Tochter Orka hat ostfriesische Wurzeln und stammt aus einer sehr langlebigen Familie mit hohen Lebensleistungen. Sie ist im Jahr 2000 geboren und hat bisher 103 031 kg Milch produziert. Auch der Bulle Ferro wurde von den Brüdern Karch gezogen. Der Kuhstamm hat schon vier 100 000 l-Kühe hervorgebracht. Die Kuh Olsa, eine enge Verwandte von Orka, zählt zu den besten Euterkühen.
Die Kuh Babs von Mtoto, 1999 geboren, hat in der zwölften Laktation bis heute 130 250 l Milch gegeben. Der Bulle Mtoto steht nach Aussage von Wilhelm Remmers, der die Kühe kommentierte, für Langlebigkeit. Babs gehört zur Kuhfamilie der Voya Bahrain, aus der ebenfalls viele Besamungsbullen hervorgegangen sind. Unter anderem ist das auch der Goldday-Sohn Golden One, der mit einem gRZG von 152 zu den besten Besamungsbullen in Deutschland zählt. Er ist der höchstrangierte Goldday-Sohn und ist rein deutsch gezogen.
Zwei Kühe stammen aus der Elfie-Familie. Zum einen ist das die oben beschriebene Eleonora. Zum anderen wurde Eleisa vorgestellt. Die 2001 geborene Rudolph-Tochter hat in ihrer elften Laktation bisher 114 700 l Milch produziert. Die VG 88 eingestufte Kuh ist die Urgroßmutter des Besamungsbullen Loggia und hat viele weibliche Nachkommen hervorgebracht.
Doch die beste Genetik führt nicht zu hohen Lebensleistungen, wenn die Fütterung und die Haltung nicht passen. Und beides ist im Betrieb Karch vorbildlich. Die laktierenden Kühe sind in zwei Leistungsgruppen eingeteilt. Die Hochleistungsgruppe wird mit einer TMR für 34 kg Milch gefüttert, die Ration für die andere Gruppe reicht für 24 kg Milch. Zusätzlich bekommen die Hochleistungskühe 3 bis 4 kg Milchleistungsfutter über die Abruffütterung. Gefüttert wird eine TMR aus Grassilage, Pressschnitzel, Maissilage, Biertreber, Heu und Ausgleichskraftfutter und Mineralfutter.
Zur Unterstützung der Brunstbeobachtung setzt Karch seit einiger Zeit Aktivitätsmesser ein, die am Halsband der Kühe befestigt sind. „Wir erkennen jetzt auch die Kühe, die beispielsweise nur kurz in der Nacht rindern“, erklärt Karch.
Abkalbestall direkt am Wohnhaus bietet Vorteile
Die Trockensteher sind ebenfalls in zwei Gruppen unterteilt und sind im umgebauten Anbindestall mit Liegeboxen untergebracht. Hier ist auch das Jungvieh aufgestallt. Die erste Box im Stall ist der mit Stroh eingestreute Abkalbestall. Er ist direkt am Wohnhaus gelegen. „Dadurch kann ich auch nachts hören, wenn etwas nicht stimmt“, erklärt Karch. „Außerdem laufen wir hier am Tag mehrmals vorbei und haben die Kühe gut im Blick.“
Nach dem Kalben kommen die Kühe erst einmal in einen Strohstall, bis sie fit genug sind für die Herde. Hier sind auch die Kühe untergebracht, die beispielsweise Klauenprobleme oder gesundheitliche Probleme haben. Der Stall ist nur wenige Schritte vom Doppel 7er-Fischgrätenmelkstand mit Abnahmeautomatik entfernt, sodass der Weg dorthin für die Kühe kurz ist. „Die Kuh steht bei uns im Mittelpunkt“, nennt Karch das Erfolgsgeheimnis des Betriebes. „Wir betreuen die Kühe rechtzeitig, wenn wir merken, dass etwas nicht stimmt, beispielsweise mit den Klauen.“ Schon die kleinsten Anzeichen werden ernstgenommen. „Man kann viel Geld mit dem Beobachten seiner Kühe verdienen“, sagte auch Wilhelm Remmers. „Und Gerd Karch beobachtet die Tiere besonders gut.“
Die Brüder Dr. Gerd und Georg Karch bewirtschaften den 300 ha großen Betrieb gemeinsam. Während Gerd das Management der Herde verantwortet und zusammen mit seiner Frau Mojca das Melken übernimmt, kümmert sich Georg Karch zusammen mit seiner Frau Barbara um das Füttern, die Kälberaufzucht und den Ackerbau. „Jeder ist auf seinem Gebiet der Spezialist, aber wir können uns noch gegenseitig vertreten. So hat jede Familie beispielsweise jeden zweiten Sonntag frei“, erklärt Gerd Karch. „Das funktioniert nur in der Familie.“
Näheres über die einzelnen Kuhfamilien ist unter www.qf-kuhfamilien.de nachzulesen.
– LW 21/2013