Denn sie wissen nicht, was sie tun

Das, was derzeit in Brüssel zum Thema Pflanzenschutzmitteleinsatz ausgebrütet wird, kann man ohne Übertreibung als Katastrophe für die Nahrungsmittelversorgung und den Verbraucherschutz bezeichnen. Denn im Ergebnis könnte durch die geplante EU-Pflanzenschutzno­velle – und das damit verbundene Verbot vieler wichtiger Wirkstoffe – der Anbau ganzer Kulturen aus der EU verschwinden. Solche Szenarien werden nicht nur von Industrievertretern, sondern auch von Mitarbeitern der Offizialberatung entworfen.
Preisteigerungen und mindere Qualitäten sind noch das kleinere Übel. Wenn aber die hier nicht mehr erzeugten Mengen aus anderen Regionen der Erde ersetzt werden müssen, landen künftig Rückstände von Pflanzenschutzmitteln auf dem Tisch, die in der EU und vor allem in Deutschland seit Langem verboten sind. Das Niveau des Verbraucherschutzes wird dadurch deutlich gesenkt werden. Wo bleibt da eigentlich der öffentliche Aufschrei?
Auch wenn das Thema Pflanzenschutz in der Öffentlichkeit sehr negativ besetzt ist, muss die Branche in die Offensive gehen, um zu retten, was zu retten ist.
Leider steht heute ja fast jeder, der sich positiv zum Pflanzenschutzmittel-Einsatz äußert, gleich im Verdacht, ein Lobbyist der Agrarchemie zu sein. Aber angesichts der Tatsache, dass auch Wirkstoffe betroffen sein werden, die im Ökologischen Landbau zugelassen sind, müssten sich nun eigentlich die Biobauern, sozusagen als Speerspitze, für den Pflanzenschutz stark machen. Denn die Biobetriebe wird der Verlust einzelner Wirkstoffe (Beispiel Kupfer oder Spinosad) ebenfalls hart treffen, und ihnen wird möglicherweise mehr Gehör und Glauben geschenkt werden. 
Ob sich EU-Bürokraten und -Parlamentarier, die sich bisher Sach-Argumen­ten gegenüber nicht besonders aufgeschlossen gezeigt haben, noch von den Folgen ihres Tuns überzeugen lassen, ist fraglich. Versuchen muss man es jedenfalls weiterhin. Lesen Sie mehr dazu ab Seite 21.
Karsten Becker