Der Berg-Ahorn ist der Baum des Jahres 2009
Herr der Berge – Baum der Berge – Baum der Städte
Der bis zu sechshundert Jahre alt werdende Berg-Ahorn spielt in vielen Bergortschaften eine kulturgeschichtlich ähnliche Rolle wie die Eiche oder die Linde in den flacheren Ortslagen. Der berühmteste Berg-Ahorn stand in dem Schweizer Ort Truns. Unter seiner Krone wurde 1424 der „Graue Bund“ geschmiedet. Regelmäßig bis ins 19. Jahrhundert trafen sich die Graubündner unter dem Baum, um diesen Bund zu bestätigen.
Auch im übrigen Europa ist der Berg-Ahorn natürlicherweise ein Baum der Bergwälder – von den Kantabrischen Bergen im Nordwesten Spaniens bis hin zu den Karpaten im Osten und vom Harz im Norden bis in die südlichen Apenninen. In den deutschen Mittelgebirgen prägt er vor allem zusammen mit der Esche und der Berg-Ulme die feuchten Schlucht- und Blockhaldenwälder. Für die Pflanzung als Park- und Straßenbaum und im privaten Garten stehen viele Sorten des Berg-Ahorns zur Verfügung.
Die vegetationskundlich offizielle Nordgrenze seiner natürlichen Verbreitung verläuft am nördlichen Rand der Mittelgebirge. Doch längst fühlt sich der Berg-Ahorn auch im flachen norddeutschen Land ausgesprochen wohl. Gefördert durch den Menschen hat er sich bis nach Südschweden und weit nach Osten bis tief ins europäische Russland hinein ausgebreitet. In Dänemark beispielsweise wurde er im 17. Jahrhundert kultiviert und ist dort dann verwildert. Selbst übers Meer wurde er verschleppt, so dass der Berg-Ahorn heute auch in England, Irland, Nordamerika und sogar in Chile vorkommt.
Süß-saftiges
Der Zuckergehalt im Saft des Berg-Ahorns liegt im Zeitraum vor dem Blattaustrieb mit ein bis drei Prozent vergleichsweise hoch, aber damit immer noch deutlich geringer als bei seinem Vetter, dem Zucker-Ahorn in Nord-Amerika, der bis auf acht Prozent Saccharosegehalt kommt. Doch vor etwa zweihundert Jahren, als der Sklavenaufstand auf der Zuckerinsel Haiti und die Napoleonische Kontinentalsperre den Preis für Rohrzucker ins Unbezahlbare steigerten, wurde auch hier in Europa versucht, eine Ahorn-Zuckerproduktion zu etablieren. Im Berliner Tiergarten, im Wiener Prater und in vielen Orten mehr wurden die ersten größeren Experimente dazu durchgeführt. Letztlich ist daraus jedoch nie etwas geworden, weil zur gleichen Zeit die Zuckerrübe gezüchtet wurde, die weitaus höhere Zuckerausbeuten garantierte.
Dass der Saft des Ahorns mehr Zucker enthält als die meisten anderen heimischen Baumarten, kann man für eine kurze Zeit im Frühsommer feststellen, wenn unzählige Blattläuse den nur teilweise verdauten Zuckersaft (Honigtau) verspritzen und alles unter der Krone des Berg-Ahorns mit einem klebrig-süßen Film überziehen.
Wirtschaftlich interessanter als der Saft ist das Holz des Berg-Ahorns. Das helle, beinahe weiße Holz wurde schon vor rund achttausend Jahren bei den jungsteinzeitlichen Ackerbauern gerne zur Herstellung von Gefäßen benutzt. Bis heute ist es die erste Wahl bei hölzernen Küchengerätschaften wie Schalen, Schneid- und Frühstücksbrettern, Kochlöffeln, Fleischklopfern und Nudelhölzern.
Eine weitere klassische Verwendung hat das recht harte, aber gut drechselbare Holz des Berg-Ahorns im Musikinstrumentenbau gefunden. Wegen seiner schmucken hellen Farbe wird es gerne für Flöte oder Fagott genommen. Und bei Saiteninstrumenten, beim Cello, bei der Bratsche und vor allem bei der Geige ist Ahornholz der Garant für eine wunderbare Resonanz. Berühmt sind die Geigenböden, die aus so genanntem Riegelahorn gefertigt wurden. Bei diesem Holz ist der Verlauf der Holzfasern ungewöhnlich wellig, was im Anschnitt dann einen alternierenden Hell-Dunkel-Schimmer ergibt.
Es gibt eine Fülle weiterer Einsatzbereiche für das Holz des Berg-Ahorns: Zimmerleute verwenden es gerne für den edlen Innenausbau bei Treppen und Fußböden. Auch die Möbeltischler sind begeistert. Lediglich im Außenbereich und als Bau- und Konstruktionsmaterial hat sich das Holz des Berg-Ahorns nicht bewährt.
Eine ganz spezielle Eigenschaft entfaltet das Ahornholz im Volksglauben als Türschwelle. Denn: Zauberer und Hexen trauen sich nicht über eine solche Schwelle. Selbst wenn nur die Verankerungszapfen in der Schwelle aus Ahorn gefertigt sind – sie bleiben draußen. Und wer ganz auf Nummer Sicher gehen will, der stelle zusätzlich belaubte Zweige ins Fenster: Die fünflappigen, entfernt an gespreizte Hände erinnernden Blätter tun ein Übriges, um all solch unheimliche Wesen fernzuhalten. Auf dass es ein entspanntes Jahr 2009 werde! Glücklich, wer einen Ahorn in seiner Straße oder im Vorgarten hat.
Weitere Informationen erhalten Sie unter www.baum-des-jahres.de
IDgS