Der Bauernhof ist kein Spielplatz

Sicherheit für Kinder auf dem Landwirtschaftsbetrieb

Jedes Jahr gibt es Kinder, die sich auf Bauernhöfen verletzen oder sogar durch einen Unfall sterben. Das muss nicht sein, denn Sicherheit ist nicht Zufall. Unfallverhütung sollte man schon bei der Planung von landwirtschaftlichen Gebäuden einbeziehen.

Logo der grenzüberschreiten­den Kinderkampagne: „Kinder sicher und gesund auf dem Bauernhof“ mit Maskottchen Kater Moritz.

Gutes Beispiel geben: Kinder wollen tun, was Erwachsene machen. Manche Arbeiten in der Landwirtschaft benötigen einen Gehörschutz.

Foto: Beratungsstelle für Unfallverhütung, Schweiz

Um Gefahren für Kinder zu erkennen, muss man sich auf Kin­derhöhe bringen, sagt der Unfallverhütungsexperte Philippe Cossy aus Moudon (Schweiz). Er hat zusammen mit seiner kleinen Nichte Bauernhöfe besucht und sich von ihr zeigen lassen, wo die Gefahren sind. Erhöhte Böden, Treppen und Abwurfschächte stellen eine große Gefahr dar. Horizontale Geländer helfen zwar Erwachsenen, aber für Kinder werden sie manchmal dadurch erst recht gefährlich. Denn Kinder sind neugierig und möchten gerne sehen, was sich hinter den Absperrungen verbirgt.

Horizontale Geländer vermeiden

Was verboten ist, wird erst recht inte­ressant. Wenn sie können, steigen Kinder auf horizontale Absperrungen oder versuchen, sich zwischen den Streben hindurch zu drücken. Aus diesem Grund sollten kindergerechte Absperrungen und Geländer mit vertikalen Streben versehen sein, die maximal 12 cm Abstand aufweisen, oder sie sollten ganz geschlossen sein. Treppen lassen sich mit einem Tor absperren, dessen Riegel auf der Rückseite außerhalb der Reichweite von Kindern liegt. Leitern sichert man am besten, indem man die untersten Sprossen abdeckt.

Bei Sicherheit konsequent sein

Ein so gesicherter Abwurfschacht hilft Erwachsenen, aber stellt für Kinder eine große Gefahr dar.

Foto: Beratungsstelle für Unfallverhütung, Schweiz

Kinder spielen gerne Versteck und nutzen die vielfältigen Möglichkeiten dazu auf dem Bauernhof, zum Beispiel im Heustock oder zwischen Rundballen. Dies kann gefährlich werden, da sie in Löcher hineinfallen und ersticken können. Es kann auch vorkommen, dass sie von einem herunterfallenden Rundballen verletzt werden. Auch anderes Lagergut wie Alteisen, Plastikfolie, Paletten oder herumstehende große Reifen können für Kinder Gefahren darstellen, ohne dass die Erwachsenen sich dessen bewusst sind. „Der Arbeitsraum des Vaters ist kein Spielplatz“, sagt Philippe Cossy. Kinder brauchen einen sicheren, separaten Platz zum Spielen.

Automatische Maschinen stellen ebenfalls eine große Gefahrenquelle auf dem Bauernhof dar. Bei Entmistungssystemen können Kontakt- oder Totmannschalter oft das Schlimmste verhindern. Totmannschalter stoppen ein Gerät, sobald die bedienende Person einen Schalter oder Griff loslässt. Doch es liegt nicht nur an den technischen Einrichtungen, Unfälle zu vermeiden, sondern auch am Verhalten der Erwachsenen. „Erwachsene geben Beispiele. Kinder wollen tun, was die Erwachsenen machen“, sagt der Experte. Wer selbst dauernd eine Absperrung übersteigt, um den Weg abzukürzen, braucht sich nicht zu wundern, wenn es das Kind ihm nachmacht. Es gibt zwar viele Gefahren für Kinder auf dem Bauernhof, aber durch konsequentes Verhalten der Erwachsenen lassen sich manche entschärfen. Dr. Michael Götz

Grenzüberschreitende Kinderkampagne

Die deutschen, österreichischen und schweizerischen Partner zur Unfallverhütung in der Landwirtschaft, nämlich die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, die Sozialversicherung und die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft lancierten gemeinsam die Kampagne „Kinder sicher und gesund auf dem Bauernhof“.

In der Landwirtschaft ist das Unfallrisiko, dass Kinder schwer oder tödlich verunfallen, zwei bis drei Mal so hoch wie in der übrigen Bevölkerung. Ein wichtiger Punkt bei der Unfallverhütung ist das Trennen von Spielplätzen der Kinder und Arbeitsplätzen der Eltern. Die Kampagne richtet sich an die Bauernfamilien, aber auch an alle Kinder, die auf dem Bauernhof ein- und ausgehen, zum Beispiel bei Ferien auf dem Bauernhof, Schule auf dem Bauernhof, Einkaufen auf dem Bauernhof oder einfach Ferien bei einer Bauernfamilie. Für die alterkonforme Umsetzung wurden verschiedenste Hilfsmittel wie Stofftiere, Malartikel und Broschüren erarbeitet, siehe Internet: http://www.bul.ch/d/information/kinderkampagne.htm. M.G.

 

Zertifikat

Landwirtschaftliche Betrie­be können das Zertifikat „Kindersicherer Bauernhof“ erwerben, wenn sie nachweislich die Anforderungen an die Arbeitssicherheit erfüllen und darüber hinaus alle Gefahrenquellen für Kinder beseitigen. Zuständig für die Vergabe des Zertifikats ist die Berufsgenossenschaft. Eine Broschüre „Kinder sicher und gesund auf dem Bauernhof“ ist abrufbar unter www.lsv.de/hrs/03unfallverhuetung/08sicher heit/Kinderb.pdf. LW