Bauernverband mit Ministerkandidat

Dass der SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier einen bislang parteilosen Vizepräsidenten des Deutschen Bauernverbandes in sein Schattenkabinett aufnimmt, ist eine Überraschung. Gleichzeitig ist die Personalentscheidung eine Anerkennung für den Berufsstand und zeigt vor allem, dass es keine Berührungsängste zwischen Sozialdemokratie und Bauernverband gibt. Dies ist wichtig für die politische Arbeit des Verbandes.

Dass sich die Nominierung als SPD-Agrarministerkandidat in Wählerstimmen bei der landwirtschaftlichen Klientel auswirken wird, ist allerdings – zumindest im Westen – zweifelhaft. Die Bauern wählen, und das hat die Europawahl jüngst wieder gezeigt, vor allem die Union und die FDP.

Darüber hinaus plädiert DBV-Vize Udo Folgart, der sich im Bauernverband mit der Milchpolitik befasst, für einen marktwirtschaftlichen Kurs, der Landwirten, die zur SPD-Wählerschaft gehören, vermutlich weniger gefällt. Ihnen könnte auch ein Ge­schäfts­führer einer landwirtschaftlichen GmbH als vermeintlicher Großagrarier suspekt sein.

Außerdem sieht Folgart die Gentechnik als Bestandteil der Fortschrittstechnologie. Entsprechend negativ hat sich auch die linke Presse gegenüber der Personalentscheidung Steinmeiers geäußert.

Doch Steinmeier hat den brandenburgischen Diplom-Agraringenieur natürlich vor allem deshalb nominiert, weil Folgart aus dem Osten kommt und dort ein profilierter und anerkannter Fachpolitiker ist.

Etwas pikant ist es für den Bauernverband, einerseits gut mit der Union zusammenzuarbeiten, auf der anderern Seite einen Ministerkandidaten als Gegenentwurf in den eigenen Reihen zu haben. Für Landwirte ist die Bundestagswahl auf jeden Fall ein Stück interessanter und die Wahrscheinlichkeit politisch gut betreut zu werden, größer geworden.

Cornelius Mohr