Abfuhr in Brüssel

Das Ergebnis der Agrarministerratssitzung vom vergangenen Montag ist für viele Milchviehbetriebe eine große Enttäuschung. Die Vorschläge von Deutschland und Frankreich, die das Ziel hatten, der Milchmarktkrise entgegenzuwirken, wurden rundweg abgelehnt. Sowohl eine Aussetzung der nächsten Quotenerhöhung als auch eine Erhöhung der Interventionspreise, eine Anhebung der Ausfuhrerstattungssätze sowie die Einführung einer Verfütterungsbeihilfe fanden keine Zustimmung. Die Maßnahmen hätten zumindest eine Signalwirkung gehabt. Das Votum der Agrarminister kam allerdings nicht überraschend. Die Mehrheitsverhältnisse in diesem Gremium wurden vielmehr erneut deutlich und machten klar, wohin die Reise geht, nämlich in Richtung freier Markt. Agrarkommissarin Fischer Boel ist auch diesmal nicht von ihrer harten Linie abgewichen. Zumindest ist sie eine berechenbare Größe. Auf europäischer Ebene gibt es nun kaum noch Möglichkeiten, über die bislang eingeleiteten Maßnahmen hinaus, direkt in den Milchmarkt einzugreifen.
Auf nationaler Ebene bleiben als Optionen die Abschaffung der Molkereisaldierung und vor allem Verrentungsprogramme. Doch alle Maßnahmen, die einem einseitigen nationalen Mengenverzicht gleichkommen oder Programme, die eine Erhöhung der Quotenpreise nach sich ziehen würden, haben bei den Mehrheitsverhältnissen unter den Bundesländern auch in Deutschland keine Chance. Das haben jetzt Länderagrarpolitiker wie von Boetticher oder Hauk nochmals klar gemacht. Hessen und Bayern stehen hier alleine. Aber auch Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner hält offenbar nichts von einseitigen nationalen Maßnahmen. Bei diesen Mehrheiten könnten als staatliche Maßnahmen am ehesten quotenunabhängige Vorruhestandsregelungen eine Chance haben.
 
Cornelius Mohr