Akute Mastitis kostet 450 Euro

Fragen zur Eutergesundheit an Dr. Peter Zieger, Innovationsteam Milch

Euterentzündungen sind in vielen Betrieben ein Problem und verursachen hohe Kosten durch Leistungsausfall sowie Tierarzt- und Medikamentenkosten. Der nächste Rindergesundheitstag in Gießen wird sich aus diesem Grund damit befassen. Das LW hat Dr. Peter Zieger vom Innovationsteam Milch Hessen dazu befragt.

Dr. Peter Zieger, Innovationsteam Milch Hessen, Friedrichsdorf.

Foto: privat

LW: Welche Kosten entstehen in den Betrieben durch Euterentzündungen?
Dr. Peter Zieger:
Grundsätzlich sind die Kosten durch Euterprobleme weit höher als für den Landwirt auf den ersten Blick ersichtlich. Er orientiert sich zunächst an dem was er sieht und nachvollziehen kann. Da steht in klassischer Weise die klinisch akut-auffällige Mastitis im Vordergrund. Hier entstehen Behandlungskosten und Milchverluste (Wegschütten, Wartezeiten, Milchminderleistungen). Das sieht er direkt und es erscheint ihm plausibel. Eine solche Erkrankung kostet unter Einbeziehung aller relevanten Kosten (Medikamente, Tierarzt, Arbeit, Nettobestandsergänzung) nach aktuellen bundesdeutschen Berechnungen im Schnitt 450 Euro. Der Landwirt selbst nimmt aber nur einen Teil der Kosten tatsächlich wahr. Er rechnet Medikament, Tierarzt und Milch und kommt wahrscheinlich nur auf 100 bis 150 Euro. Genauso unterschätzt er die wahren Kosten bei den subklinischen, das heißt zellzahl-erhöhenden Euterproblemen.Hier wird das wahre Ausmaß bei weitem noch mehr unterschätzt und generell zu spät behandelt. Die Folgen sind oft unbefriedigende Hei­lungs­aussichten. Bei Zellzahlen ab 250 000 Zellen je ml muss schon mit einer Milchminderleistung von 4 bis 10 Prozent gerechnet werden, nach neuesten schwedischen Studien ab 500 000 Zellen/ml sogar mit bis zu 18 Prozent. So gesehen, muss man davon ausgehen, dass auch eine subklinische Mastitis ab 150 Euro aufwärts kostet. Und die machen dann auf den Gesamtbestand umgerechnet oft mehr Geld aus als die klinischen Fälle!

LW: Wie stecken sich die Kühe mit den Erregern an?
Zieger:
Wir sehen hier mit der Umstrukturierung der Betriebe einen ganz klaren Trend. Weg von den klassisch stark ansteckenden Erregern wie beim „Gelben Galt“ (Streptokokkus agalactiae) hin zu den Umweltkeimen (zum Beispiel Escherichia coli, Streptokokkus uberis). Mit dem Unterschied allerdings, dass auch diese sich immer mehr ansteckend verhalten. So gesehen ist das alte Schwarz-Weiß-Muster der Einteilung der Keime heute so gut wie nicht mehr aktuell. Die Ansteckung findet heute vermehrt durch Einstreu und Stallumgebung statt. Eine fragwürdige „Karriere“ startet hier im Moment für Hessen Streptokokkus uberis. Auch in der Trockenstehphase stecken sich immer mehr Kühe trotz Einsatz antibiotischen Trockenstellers an. Und: Es infizieren sich immer häufiger Färsen in den letzten Trächtigkeitswochen. Eine Ausnahme in dieser Entwicklung stellt Staphylokokkus aureus dar. Dieser wird nach wie vor hauptsächlich beim Melken übertragen.

LW: Was können Betriebe mit häufig vorkommenden Mastitiden verbessern?
Zieger:
Für jeden Bestand muss der sogenannte Leitkeim bekannt sein, eine sorgfältige Diagnose ist deshalb der erste und wichtigste Schritt. Danach richtet sich die weitere Vorgehensweise. „Ins Blaue“ zu therapieren wird selten von nachhaltigem Erfolg geprägt sein. Man muss die Feinde kennen, um sie attackieren zu können. Eine Lösung von der Stange gibt es für betroffene Betriebe nicht, denn jeder Fall und Betrieb ist anders. Auch die Melktechnik und vor allem die Abwehrlage des Immunsystems der Kühe darf nicht außer Acht gelassen werden. Zum Glück haben wir in Hessen einen sehr gut funktionierenden Eutergesundheitsdienst. Jeder Landwirt sollte diesen Service nutzen, vor allem in Zeiten geringer Milchpreise. Die Fragen stellte Marion Adams