„So habe ich das doch gar nicht gemeint!“

Wie man Missverständnisse und Streit vermeidet

Amerikanischen Studien zufolge reden die meisten Paare lediglich zehn Minuten am Tag miteinander. Auch wenn das bei Ihnen vermutlich anders ist: Es kommt nicht auf die Menge des Gesagten an, sondern vor allem darauf, wie man dem anderen etwas mitteilt. Denn oft münden scheinbar harmlose Gespräche in Streit und Missverständnissen, in Vorwürfen und Kopfschütteln. Dabei sind viele Gesprächsfallen eigentlich ganz einfach zu erkennen – wenn man nur weiß, wo man hinsehen muss. Wie Sie Ihre Paar-Kommunikation verbessern können – hier die besten Tipps für gute Gespräche.

Diskussionen oder Streitigkeiten in Ruhe zu führen, ist der erste Schritt, um zu einer passenden Lösung zu finden.

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In Ich-und-Du-Sätzen reden: „Kann vielleicht mal jemand den Müll rausbringen?“, „Man kommt sich manchmal so blöd vor!“ – kommen Ihnen diese Sätze bekannt vor? Dahinter steckt meist jemand, der sich nicht traut, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu äußern und sie stattdessen in Man-Sätze und indirekte Rede verpackt. Auch wenn Sie vielleicht ungern von sich selbst reden – tun Sie's! Sie beugen Missverständnissen und Frustration vor, denn wer sollte sich mit „jemand“ schon angesprochen fühlen? Sagen Sie offen, was Sie wollen, was Sie für notwendig erachten, denn das kann man ja auch ganz höflich und nett verpacken: „Könntest du bitte den Müll runterbringen?“, „Ich kam mir in dieser Situation so dumm vor und wusste einfach nicht, was ich sagen sollte“ – das klingt doch schon viel klarer und eindeutiger, oder?

Aber Vorsicht vor versteckten Vorwürfen: „Du könntest auch mal den Tisch decken“, bedeutet eigentlich: „Immer muss ich das machen. Ich fühle mich ausgenutzt. Immer lässt du dich von mir bedienen.“ Statt diesen Vorwurf zu verpacken, sollten Sie lieber offen sagen, wenn Sie mehr Unterstützung wünschen. Besser: „Mir wird der Haushalt im Moment zu viel. Ich wünsche mir von dir mehr Unterstützung, zum Beispiel beim Tischdecken.“ So bleibt wenig Raum für Missverständnisse und enttäuschte Erwartungen.

Wünsche klar äußern

Hat Ihr Mann telepathische Fähigkeiten und liest Ihnen jeden Wunsch von den Augen ab? Prima, denn die meisten anderen Männer können keine Gedanken lesen. Scherz beiseite: Nur wenn Sie Ihre Wünsche, Vorstellungen, Bedürfnisse klar formulieren, haben Sie überhaupt eine Chance, dass sie erfüllt werden. Wer nie sagt, was er will, darf auch nicht enttäuscht sein, wenn der Partner nicht darauf eingeht.

Sagen Sie mal was Nettes: Ãœber­prüfen Sie doch mal die Kommuni­kation in Ihrer Partnerschaft. Wie oft haben Sie heute einen Vorwurf geäußert, genörgelt, gemeckert oder böse reagiert? Und wie oft haben Sie Ihrem Partner ein Kom­pliment gemacht, etwas Nettes gesagt, sich bedankt oder eine Liebeserklärung abgegeben? Wie wär es mal mit einem Dankeschön fürs Zuhören, mit einem kleinen Kompliment, mit einem Lob? „Schön, dass du heute pünktlich reinkommst. Das Essen steht schon auf dem Tisch“, ist doch besser als „Da bist du ja endlich, wir wollten gerade mit dem Essen anfangen.“

Vermeiden Sie Vorwürfe und Schuldzuweisungen

Klar gibt es im täglichen Leben immer wieder Missverständnisse, Ärger und Enttäuschung. Alles zu „schlucken“ und „unter den Teppich zu kehren“ bringt nur kurzzeitig Ruhe, denn irgendwann kommt noch etwas Ähnliches dazu – und schon knallt es. Das bringt das berühmte Fass zum Ãœberlaufen, und dann folgt die Generalabrechnung: „Immer beschwerst du dich, dass ich zu viel Geld ausgebe, bei jedem Teil, das ich mir kaufe…Jedesmal…ständig…“ Oft bleibt dabei aber eine konstruktive Wende des Gesprächs auf der Strecke, und es fehlt der gemeinsame Blick nach vorne, wie solche Streitigkeiten künftig anders geregelt werden können. Wichtig ist doch, Wiederholungen der immer wieder gleichen Streitpunkte zu vermeiden und gemeinsam eine Lösung zu finden, wie man es in Zukunft besser machen kann – ungeachtet der Frage, wer wie viel Verantwortung an der Situation trägt, wer „Schuld“ ist.

Zeigen Sie Interesse und Wertschätzung am anderen

Ein guter Zuhörer ist jemand, der seinen Gesprächspartner ernst nimmt, sich für ihn interessiert und sig­nalisiert: Du bist mir wichtig, was du sagst, geht mich etwas an! Also: Öfters mal die Zeitung weglegen, den Fernseher ausschalten, die Kinder in ihr Zimmer schicken – und dem anderen ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Oder sich auf einen anderen Zeitpunkt vertagen und dann regelrecht für das Gespräch „verabreden“ – Nachmittags in Ruhe bei einer Tasse Kaffee, abends bei einem Glas Wein. Und dann: Unbedingt diesen Termin einhalten, sonst fühlt sich der Partner vertröstet und nicht wertgeschätzt. Vielleicht können Sie es auch einrichten, sich regelmäßig einen Abend in der Woche Zeit zu Zweit zu nehmen – ohne störende Verabredungen, ohne dass der Fernseher läuft oder die Kinder dabei sind. Vielleicht gehen Sie an „Ihrem“ Abend dann ins Kino, essen oder machen es sich auf dem Sofa oder in der Badewanne gemütlich. Räumen Sie sich als Paar genauso feste Zeiten und Termine ein, wie Sie das für andere Verabredungen und Freunde tun.

In eigenen Worten zusammenfassen

„Wenn ich dich richtig verstanden habe, meinst du also, dass ...“ Zum richtigen Zuhören gehört auch, das Gehörte zwischendurch einmal in den eigenen Worten zusammenzufassen – nur um sicherzugehen, dass man auch die Argumente des anderen richtig verstanden hat und nicht eigene Vorstellungen hineininterpretiert. Nur so können Sie sicher sein, dass Sie wirklich verstanden haben, was den anderen bedrückt, an welcher Stelle das Problem wirklich liegt. Auf diese Weise vermeiden Sie Missverständnisse und können sie sofort da ausräumen, wo sie entstehen. Das Zusammenfassen erscheint einem manchmal seltsam – aber da, wo es um emotionale und teilweise auch sehr komplexe und belastende Themen geht, ist es auch manchmal gar nicht so einfach, alles richtig zu verstehen und wiederzugeben.

Fragen Sie ruhig noch mal nach

„Das verstehe ich nicht. Wie meinst du das jetzt?“ Gute Zuhörer sind solche, die sich auf ein Thema und ihren Gesprächspartner wirklich einlassen und den Sprecher durch Nachfragen unterstützen. Das zeigt einerseits Wertschätzung, andererseits bringt es den Sprecher dazu, das Problem noch einmal mit anderen Worten zu schildern, was manchmal schon ein erster Schritt zur Klärung sein kann. Es zeigt, wo Gefühle, Gedanken und Motive des anderen wirklich versteckt sind. Nur so können Sie sich ein vollständiges Bild vom Thema und Anliegen des Partners machen.

Nicht sofort Lösungen anbieten

Einen guten Zuhörer zeichnet aus, dass er zunächst seine eigenen Interessen zurückstellt und dem Gegenüber Zeit gibt, die Situation und das Problem zu schildern. Manches sortiert sich beim Sprechen und wird klarer. Bevor man dann eigene Lösungen und einen fertigen Handlungsplan vorstellt, sollte man erst mal hören, was der andere sich denn vorstellen könnte, wie die Situation zu retten ist. „Und wie könnte eine Lösung für dich jetzt aussehen, was soll sich deiner Meinung nach ändern?“ ist besser als „Gut, dann machen wir es in Zukunft so.“

Im Streit gemeinsam Lösungen finden

In jeder Beziehung gibt es Interessenskonflikte und unterschied­liche Vorstellungen – ob es ums Geldausgeben, um Kindererziehung, um die Besuche der Schwiegereltern oder die Art des Urlaubs geht – jedes Thema birgt im Prinzip reichlich Zündstoff. Und dann sind da noch die Kinder, deren Meinung man auch noch berücksichtigen muss. Meist enden Konflikte so, dass einer der Partner mehr oder weniger seine Bedürfnisse und Interessen zu Gunsten des anderen zurückstellt. Wenn dies nicht in Wechselseitigkeit geschieht und somit immer wieder einer der beiden das Gefühl hat, zu kurz zu kommen, wird das auf Dauer zum Problem. Wichtig deshalb: In Konflikten sollten beide Partner gleichermaßen Ideen zur Lösung des Problems zusammentragen und einen Kompromiss finden, der beiden gerecht wird. Beiden Ideen sollte gleichermaßen Raum gegeben werden, beide sollten sich in dem Kompromiss wiederfinden. Es darf sich keiner über den Tisch gezogen fühlen – nur weil der andere vielleicht ein besserer Redner ist oder scheinbar die besseren Argumente hat. Geht das nicht, sollte für den anderen in irgendeiner Form ein Ausgleich geschaffen werden. Sabine Hense-Ferch