Start von Huflattich und Pestwurz
Zwei Pflanzen ziehen im zeitigen Frühjahr vor
Zu den ersten im Frühjahr blühenden Pflanzen unserer heimischen Flora zählen Huflattich und Pestwurz. Sie sind „vorziehend“. Ihre Blüten erscheinen vor den Blättern. Erst wenn sie fast schon verwelkt sind und die Früchte zu reifen beginnen, sprießen die Blätter aus dem Boden.
Auch Pflanzen können Schuppen haben. In der ersten Frühlingssonne, oft schon im Februar, drängen die blattlosen, geschuppÂten Stiele des Huflattichs (Tussilago farfara) mit goldgelben löwenzahnähnlichen Blütenköpfchen ans Licht. Bis zur Samenreife können sich die Stiele der Huflattichblüten um das Doppelte verlängern. Die Schuppen an den Blütenstielen haben mit den eigentlichen Blättern nichts zu tun. Diese erscheinen erst später, wenn die Blüten welken.
Des Wanderers Klopapier
Tatsächlich gleichen „Huf“Âlattichblätter vom Umriss her einem Pferdehuf. Es handelt sich dabei um 10 bis 30 cm breite rundlich-herzförmige Blätter, die unterseits grau- bis weißfilzig sind. Der Speziesname farfara nimmt Bezug darauf: far = Mehl, ferre = tragen. Aufgrund der weichen Unterseite werden die Blätter auch „des Wanderers Klopapier“ genannt. Leicht zu verwechseln sind sie mit den Blättern der Pestwurz und der Klette. Pestwurzblätter werden jedoch viel größer; Klettenblätter sind herzförmig zugespitzt.
Der Korbblütler vermehrt sich durch Samen, die wie beim Löwenzahn mit Schirmchen ausgestattet sind. Mit bis zu zwei Meter langen unterirdischen Ausläufern ist der Huflattich in der Lage, sich auch vegetativ großflächig auszubreiten. Nicht nur beim Erscheinen der Blüten ist er anderen Blütenpflanzen weit voraus. Geht es darum, frische Erdanrisse, Aufschüttungen oder Schuttplätze zu besiedeln, ist der Huflattich einer der ersten Pioniere. Mit seinen tief reichenden Wurzeln ist er sogar in der Lage, steile Böschungen zu festigen.
Während des ersten Weltkrieges wurden die Blätter als Tabak-Ersatz geraucht. Antike Schriftsteller, wie zum Beispiel Plinius, haben bereits den blauen Dunst des Huflattichs gepriesen – aus gesundheitlichen Gründen, wohlgemerkt! Tabak inklusive Hustenmittel. Genial – wird jeder Raucher jetzt sagen. Keine Angst mehr vor dem Raucherhusten ... Wenn da nur nicht die giftigen Pyrrolizidin-Alkaloide wären!
Sonnenhut aus Pestwurzblättern
Die Pestwurz (Petasites hybridus) weist zahlreiche GemeinÂsamÂkeitÂen mit dem Huflattich auf. Wie dieser gehört auch diese Pflanze zur FamiÂlie der KorbÂÂblütler und treibt zeitig im Frühjahr schuppige Blütenstängel aus dem Boden. Die walzlich-ährenförmigen Blütenstände sehen jedoch ganz anders aus. Während sich beim Huflattich die gelben Blütenstände aus Röhrenblüten in der Mitte und Zungenblüten am Rande zusammensetzen, finden sich beim Blütenstand der Pestwurz nur rosafarbene Röhrenblüten.
Die jungen Blätter ähneln denen des Huflattichs und erscheinen wie diese erst nach der Blüte. Ausgewachsen sind die herzförmigen, auf der Unterseite dicht graufilzigen Pestwurzblätter allerdings viel größer. Dann sehen sie denen der Kletten ähnlich. Mit einer Breite von mehr als 60 cm sind Pestwurzblätter die größten unserer heimischen Flora. Sie sitzen auf langen Stielen und bilden im Sommer bis über 1 Meter hohe Dickichte aus.
An heißen Sommertagen wurden sie früher von den Feldarbeitern als Sonnenhut geschätzt, heute vielleicht noch von spielenden Kindern. Der wissenschaftÂliche Name petasites stammt vom griechischen Wort petasos = Sonnenschirm ab. Im antiken GriechenÂland war ein „Petasos“ die Bezeichnung für einen flachen Filzhut mit breiter Krempe, den damals die Hirten und auch Götter getragen haben sollen. Die Attribute des griechischen Götterboten Hermes, Schutzgott der Wege und Wanderer wie auch der Diebe und Kaufleute waren der Petasos, ein Reisehut mit breitem Rand, der Heroldstab, die geflügelten SchuÂhe und später der Geldbeutel.
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Auf nährstoffreichen Böden an Ufern von Fließgewässern, in feuchten und nassen Wiesen sowie in Bruchwäldern ist sie meist in großen Beständen zu finden. Die großflächige Verbreitung geht dabei weniger auf die Samen mit den kleinen Schirmchen zurück, sondern auf die rege, vegetative Vermehrung der Pflanzen durch unterirdische Ausläufer. Wo die Pestwurz einmal Fuß fasst, wächst kein Gras mehr.
Krampflösende Wirkung
Seit alters her gilt die Pestwurz als Heilpflanze. Im Mittelalter glaubte man, dass der starke, unangenehme Geruch, der von ätherischen Ölen verursacht wird, die Pest austreiben könne. Daher der Name „Pest“wurz. Wegen ihres Schleimstoffgehaltes galt sie lange Zeit als Hustenmittel. Die krampflösende und schmerzstillende Wirkung wird neuerdings vor allem bei Migräne eingesetzt. Selber sammeln und anwenden sollte man die Pflanze jedoch nicht, da sie wie der Huflattich krebserregende und leberschädigende Pyrrolizidin-Akaloide enthält. Gisela Tubes
Huflattich-Eierspeise
Zutaten: 1 Hand voll Huflattichblätter und -blüten, 4 Eier, Jodsalz, Muskat, Curry, Pfeffer. Zubereitung: Huflattichblätter und -blüten waschen und in leicht gesalzenem Wasser kurz aufkochen, in feine Streifen schneiden und mit den Eiern verquirlen. Mit Salz, Muskat, Curry und Pfeffer würzen und die Eier-Kräutermasse in einer Pfanne kurz stocken lassen. Mit einigen frischen Huflattichblüten verziert anrichten. Gisela Tubes |