Spargel und Wein
Konfliktparteien oder Traumpaar?
Unter den einheimischen Gemüsen gilt der weiße Spargel in Deutschland als das edelste. Mit seiner geraden Form, der feinen Oberflächenstruktur, dem reinen Perlmuttweiß steht er für makellose Eleganz und ästhetische Perfektion und ist schon optisch ein Genuss. Im Geschmack sind Spargel für sich allein im Bereich des Kopfes leicht nussig und süß, im Ganzen dezent und mit einer ganz zarten Bitternote ausgestattet. Dass der Asparagus officinalis trotz seines edlen Charakters ein schwieriges Gemüse ist, zeigt schon die überschaubare Anzahl der Zubereitungsarten. Offenbar setzt die gemüsige Diva der kulinarischen Kreativität recht enge Grenzen. Ganz besonders spannend wird aber erst die Weinauswahl zum Spargelmenü, da die Weinempfehlung neben der Eigenwilligkeit des Spargels auch noch die anderen Komponenten der Kombination berücksichtigen muss. Frieder Zimmermann von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz gibt einen Überblick.
Von vornherein ausscheiden müssen auch im Barrique ausgebaute Weißweine und weiße RebÂsorten, die mit intensiven Kräuter- oder Fruchtaromen oder kerniger Säure antreten. Damit scheiden Scheurebe und Riesling, Bacchus und Kerner, Huxel und selbstverständlich Gewürztraminer grundsätzlich aus.
Die Beilage entscheidet über den Wein
Grauburgunder, Sauvignon blanc oder Muskateller sind grenzwertig und deswegen nicht generell auszuschießen; hier entscheidet die zum Spargel gereichte Beilage. Wer so vorgeht, vermeidet, dass Wein und Spargel zu Konfliktparteien geraten. Wer aus dem Kreis der verbliebenen im Grundsatz spargelverträglichen Weine nun unter Berücksichtigung von Art der Zubereitung und gereichten Beilagen den Wein wählt, hat gute Chancen, ein Traumpaar zusammenzuführen.
Mit weniger als sechs Prozent der deutschen Anbaufläche ist Rheinland-Pfalz ein kleines Spargelland. Mit zwei Dritteln der Rebfläche ist es aber Deutschlands Weinland Nr. 1 und kann zu allen Spargelgerichten den passenden Wein stellen.
Die ebenso traditionelle wie populäre Art, Spargel zuzubereiten und zu genießen, ist die Variante mit zerlassener Butter, frischer Petersilie und Salzkartoffeln, die gerne mit einem milden Kochschinken ergänzt wird. Dazu passt nur ein trockener, leichter und frischer Wein aus dem Vorjahr, ein Weißburgunder, ein Silvaner oder ein Rivaner, als QbA oder Kabinett. Eine inteÂresÂsante Variante kann ein etwas reiferer Chardonnay sein, wenn er über eine leicht buttrige Note verfügt.
Ebenso gerne wird der Spargel mit einer Sauce hollandaise statt Butter und Petersilie gegessen. Dann darf der Wein etwas mehr Körper mitbringen, dann darf etwas gereifte Eleganz die jugendliche Frische ersetzen, und dann eignen sich in Spätlese- oder Auslesequalität trockene Weiß- oder Grauburgunder und auch ein Sauvignon blanc, wenn sein Fruchtaroma nicht zu sehr dominiert.
Wird der Schinken durch ein Filetsteak oder ein Kalbsschnitzel ersetzt, geht mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Rivaner mit seinem dezenten Zitrusaroma als Begleiter durch. Gibt es statt Fleisch Edelfisch, passen neben dem Rivaner auch wieder Weißburgunder oder Chardonnay. Interessant wird es, wenn Spargel als Vorspeise lauwarm mit einer Vinaigrette gereicht wird. Dann muss der Wein mehr Körper haben und die Säure darf sich auch bemerkbar machen. Dann darf es ein aromareicher Grauburgunder oder doch auch ein Kerner sein. „Spargelpuristen“ würden dieser Variante aber eher mit Skepsis oder gar Ablehnung begegnen, weil sie den zarten Spargel und den groben Essig für schwer vereinbar halten. Eher geht da noch Spargel mit einer filigran-fruchtigen Schaumsauce, mit der ein halbtrockener Vertreter der Burgunderfamilie oder ein Sauvignon blanc harmoniert.
Ein feines Ragout von Geflügel ist eine gute Alternative zur Hollandaise und verlangt mit seinem zarten Schmelz etwas Gleichwertiges, etwa eine Grauburgunder-Spätlese oder ein Chardonnay. Soll der Spargel, vielleicht ummantelt mit Serrano- oder Parmaschinken, gratiniert werden, dann nur mit einem milden Käse, wie Maigouda oder Mozzarella.
Wird eine Sauce oder ein Pesto dazu gereicht, sollten die einmal ohne Knoblauch auskommen. Geeignete frische Kräuter neben Petersilie sind noch Kerbel und in kleinen Dosen Estragon, Basilikum und Bärlauch. Dann darf es beim Wein auch wieder etwas mehr Fruchtsäure sein. Dann bieten sich trockene Silvaner und Rivaner an.
Faustregel anwenden
Grundsätzlich gilt: Wer zum Spargel eine Beilage wählt, die dem Edelgemüse die Hauptrolle im Menü nicht streitig macht, und wer dazu einen Wein stellt, der sich nicht zu schade ist, einmal die zweite Geige zu spielen, dürfte richtig liegen. Nach dieser Faustregel passen junge und trockene bis halbtrockene Silvaner, Rivaner und Weißburgunder immer. Je nach Beilage können auch Grauburgunder, Sauvignon blanc oder Chardonay mögliche Alternativen sein.
Bis zum „Spargelultimo“, dem Johannitag am 24. Juni, besteht noch etwas Zeit, ein Traumpaar zu küren.
Das ist drin
Heimischer Spargel besticht neben seiner Frische durch seinen Geschmack, seine vielen Vitamine, Ballast- und Mineralstoffe sowie seinen geringen Energiewert: Ein Pfund Spargel enthält nur rund 90 Kilokalorien. Mit 500 g kann der tägliche Bedarf des Körpers an Vitamin C und Folsäure gedeckt werden. Grüner Spargel ist noch vitaminreicher und schmeckt aufgrund seines Chlorophyllgehaltes würziger als weißer Spargel. Er wird eher von Jüngeren bevorzugt. Spargel regt den Stoffwechsel an, wie an einer gesteigerten HarnausscheiÂdung zu erkennen ist. SL |