Das Fachabi fast in der Tasche

Ausbildung an der Gießener Willy-Brandt-Schule im Porträt

„Wer sich für Landwirtschaft interessiert, für den könnte unsere Fachober­schule mit dem Schwerpunkt Agrarwirtschaft genau die richtige Ausgangslage für eine landwirtschaftliche Ausbildung oder ein Studium sein“, äußerten sich kürzlich die Agrarschüler der Fachoberschulklasse an der Willy-Brandt-Schule in Gießen. Sie gaben dem LW engagiert einen Einblick in ihren Schulweg und berichteten über ihre Zukunftspläne.

Die Schüler kamen mit ähnlichen Vorstellungen an die Willy-Brandt-Schule. „Das schweißt zusammen“, sind sich alle einig.

Foto: Lehmkühler

Die zweijährige Schulausbildung bis zum Fachabitur mit Schwer­punkt Agrarwirtschaft und Umwelt geht an der Willy-Brandt-Schule (WBS) mit einem landwirtschaftlichen Praktikum los. Das sei auch gleich die erste He­raus­forderung für die Schüler, informierte Lehrer Gert Walter. „Unsere Agrarschüler müssen sich ihre Praktikumsbetriebe nämlich selbst organisieren“, sagte er. Das hätten alle gut hinbekommen.

Landwirtschaftliches Praktikum

Neben zwei Schultagen fand also für die Schüler in der zweijährigen A-Form (siehe Kasten) an drei Tagen das Praktikum statt, je acht Zeitstunden lang. Die Spannbreite der Betriebsschwerpunkte, die sich die Schüler ausgesucht hätten, deute auf die unter­schiedlichen Interessen hin. So gab es Praktikumsbetrie­be mit Milchvieh, mit Schweine- und Bullenmast oder Schafzucht, Geflügel und Pflanzenbau ebenso wie Gestüte, Gärtnereien oder Baum­schulen. „Schon im Praktikum wurde vielen von uns klar, was wir nach dem Fachabi machen wollen“, berichtete die 18-jährige Anna Pfeffer. „Nur ganz wenige bleiben nicht auf dem landwirtschaftlichen Weg. Viele von uns wollen Agrarwissenschaften studieren oder machen eine Ausbildung zum Landwirt“, so Pfeffer. Einigen wurde sogar gleich eine Ausbildungsstelle auf ihrem Prak­tikumsbetrieb angeboten, die sie auch noch in diesem Jahr nach ihrem Fachabi antreten werden.

Die beruflichen Möglichkeiten mit dem Abschluss seien groß, erklärte Fachlehrer Walter: „Wer die Abschlussprüfung besteht, kann mit dem Zeugnis der Allgemeinen Fachhochschulreife einen beliebigen Studiengang an jeder Fachhochschule in Deutschland beginnen. Selbst manche Unis er­ken­nen unseren Abschluss an.“ Und alle seien motiviert für ihren weiteren Berufsweg – insbesondere die Schüler, die in der 12. Klasse an die WBS kamen (B-Form), um ihr Fachabi nach einem Jahr zu machen. Nach einer landwirtschaftlichen Ausbildung wie LTA oder Landwirt wollen sie mit dem Abschluss gegebenenfalls ein Agrar-, Landschafts- oder Gar­ten­architekturstudium anschließen. Andere streben einen Meistertitel an.

Peter Weil (links) und Gert Walter (rechts)

Foto: Lehmkühler

Dafür müssen sie alle aber erst einmal die Abschlussprüfungen bestehen. Und diese steht den 22 Agrarschülern gerade bevor. Im schriftlichen Teil müssen sie Arbeiten in Deutsch, Englisch, Mathematik und in ihrem Schwerpunkt­fach absolvieren. Mündliche Prüfun­gen folgen, zum Beispiel in Politik, Wirtschaft, Chemie und Physik. Wenn alles klappt, haben sie im Sommer ihr Fachabi in der Tasche.

Problemfächer sind Mathe und Englisch

Ihren Schulweg haben alle Schüler bislang gut gemeistert. „Wir haben allerdings zwei Problemfächer: Mathe und Englisch. Aber grundsätzlich sind die Arbeitshaltung und die Leistungen der Schüler absolut zufriedenstellend“, äußerten sich Gert Walter und Peter Weil.

Dass sie motiviert sind und gut organisieren können, bewiesen die Schüler auch bei ihrer einwöchi­gen Studienfahrt nach Freiburg. Philip Loch (18) dazu: „Wir haben für jeden Tag etwas mit landwirtschaftlichem Schwerpunkt organisiert, zum Beispiel den Besuch eines Ökoviertels mit Biogas- und Solaranlage oder die Besichtigung einer Molkerei. Immer in einer Vierergruppe haben wir dazu ein Referat auf englisch gehalten.“ Die Studienfahrt sowie auch verschiedene Aktionen am Tag der offenen Tür an der WBS hätten das Gemeinschaftsgefühl sehr gestärkt, berichteten Schüler und Lehrer abschließend. SL

Aufnahmevoraussetzung

Der Schwerpunkt Agrarwirt­schaft und Umwelt an der WBS wird in zwei Formen angeboten:

  • Zweijährig = Form A
  • Einjährig = Form B

Hier in Kurzform wichtige Voraussetzungen für die Aufnahme:

Form A erfordert den Mittleren Bildungsabschluss mit mindestens befriedigenden Leistungen in zwei von den drei Fächern Mathe, Deutsch, Englisch (maximal ein ausreichend). Ferner muss eine Eignungsfeststellung der abgeben­den Schule sowie eine Bescheinigung über eine Berufsberatung vorgelegt werden.

Form B – Nachweis des Mittleren Bildungsabschlus­ses (wie bei A) sowie Abschlussprüfung in einem anerkannten Ausbildungsberuf oder Abschluss einer mindestens zweijährigen Berufsausbildung durch eine staatliche Prüfung.

 

Unterrichtsinhalte

Im ersten Schuljahr stehen folgende Fächer an: Mathematik, Englisch, Deutsch, Po­litik sowie das Schwerpunktfach mit Pflanzen-, Tierproduktion und Themen wie Ar­beitsverträge, be­triebliche Zusammenhänge und Betriebsformen.

Im zweiten Schuljahr kommen Religion, Sport, Chemie und Physik hinzu. Im Schwerpunktfach geht es um Marketing, Züch­tung, Agrartechnik, landwirtschaft­liche Produktion, Anbau nach Pflanzenstandards, Ökologie, Nachwachsende Rohstoffe und ein Projekt – in dieser Klasse: Planung eines Kälberstalls.