Bauernhof als Klassenzimmer

1 000ste Schulklasse aus dem Landkreis Fulda

Das war einer besonderen Würdigung wert: Mit der Klasse 5b der Heinrich-von-Bibra-Schule in Fulda nahm im Landkreis die nunmehr 1000ste Schulklasse an dem seit dem Jahr 2000 veranstalteten und mittlerweile zum Erfolgsprojekt gewordenen Programm „Bauernhof als Klassenzimmer“ teil. Über 20 engagierte Landwirtsfamilien öffnen hierfür ihre Höfe. Diesmal fand der Tag auf dem Betrieb der Familie Christian Hartmann in Hofbieber-Wiesen statt.

„Bauernhof als Klassenzimmer“ ist eine gemeinsame Aktion des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, dem Hessischen Kultusministerium und dem Hessischen Bauernverband. Staatsministerin Lu­cia Puttrich über­reichte der Schülerin Larissa Weber stellver­tretend für die Schulklasse eine entsprechende Urkunde und betonte, durch die Aktion werde Kindern und Jugendlichen die landwirtschaftliche Produktion und Lebensweise nahe gebracht. Puttrich stellte fest: „Das schafft Be­wusstsein für unsere qualitativ hochwertigen landwirtschaftlichen Erzeugnisse und hilft bestehende Vorurteile abzubauen.“

Mehr Lebensmittel aus der Region und Wertschöpfung

Die Ministerin stellte heraus, man wolle Landwirtschaft und Regionalität, gesunde Lebensmittel aus der Region und Wertschöpfung vermitteln, was heute selbst in den Dörfern nicht mehr als selbstverständlich gelte. Es gebe keinen Grund mehr zum Bauern zu gehen und sich hier seine Milch zu holen, womit oft verloren gehe, wo die Lebensmittel überhaupt herkommen oder wie sie produziert werden.

Mehr als 150 hessische Landwirtschaftsbetriebe bieten ihren Ausführungen zufolge solche Betriebsbesichtigungen beziehungsweise Hoferkundungs- und Projekttage für Schulklassen und Kindergärten an, was sie lobend würdigte.

Ideale Bedingungen für praxisorientierten Unterricht

Staatsministerin Lucia Puttrich und HBV-Vizepräsident Heinrich Heidel (beide hinten links) mit weiteren Ehrengästen und den Betriebsleitern Andrea und Christian Hartmann (hinten rechts).

Foto: Karl-Heinz Burkhardt

„Wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig verfügt die Landwirtschaft mit dem außerschulischen Lernort Bauernhof über ideale Bedingungen für einen praxisorientierten sowie projektbezogenen Unterricht“, erklärte Heinrich Heidel, Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes. Heidel forderte, eine jede hessische Schulklasse sollte wenigstens einmal einen Bauernhof besucht haben, um die Herkunft der Lebensmittel besser kennenzulernen und andererseits deren Wert besser einschätzen zu können.

Anknüpfungspunkte für fast jedes Schulfach

Als von großer Bedeutung wurde dieses Programm auch vom Hessischen Kultusministerium herausgestellt. Die Landwirtschaft biete für fast jedes Schulfach, ob Biologie, Erdkunde, Chemie, Physik, Politik und Wirtschaft bis hin zu Mathematik und Geschichte, Anknüpfungspunkte, wurde von Reiner Mathar hervorgehoben. Der Landwirt sei Experte beim Düngemitteleinsatz und in der Tierhaltung, um nur zwei wichtige Bereiche zu nennen. „Wer selbst aus Milch Butter hergestellt hat, wird dieses Produkt mit anderen Augen sehen und entwickelt ein anderes Verhältnis dazu.“

Solches konnten die Schüler gleich vor Ort umsetzen. Tanja Lotz von der Landesvereinigung Milch zeigte den Kindern wie dies funktioniert, und alle waren mit Begeisterung dabei, ebenso beim Melken von Wasser aus dem Kunsteuter.

Betriebe können Zuschuss beantragen

Der Bürgermeister der Gemeinde Hofbieber, Markus Röder, dankte ebenfalls der Familie Hartmann, die sich seit dem Beginn des Projektes „Bauernhof als Klassenzimmer“ dafür engagiere. Für den Landkreis Fulda stellte Erster Kreisbeigeordneter Dr. Heiko Wingenfeld die Bedeutung dieses Aktionsprogramms heraus, welches der Kreis mit jährlich 10 000 Euro fördere.

Jährlich nehmen seinen Worten zufolge rund 3 000 Kinder aus Kindergärten und Schulen aus dem Landkreis Fulda auf diese Weise Einblicke in Bauernhöfe. Beim Fachdienst Landwirtschaft des Landkreises, der durch dessen Leiter Martin Sudbrock vertreten war, können teilnehmende Betriebe eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 50 Euro für Kindergarten- und Kindertagesstätten-Gruppen oder 100 Euro für Schulklassen beantragen. Der 1 000sten Klasse übergab er einen Gutschein zur Unterrichtsteilnahme am einzigartigen mobilen Rhöner Umweltmobil „Rumpel“, das sich selbst trägt und durch das LEADER-Programm gefördert worden war.

Arbeitsablauf auf einem Landwirtschaftsbetrieb

Zuvor führte Landwirtschaftsmeister Christian Hartmann durch den Betrieb und erläutere den Arbeitsablauf auf einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Milchviehhaltung sowie Schweinezucht- und Mastbetrieb im geschlossenen System. Die Kinder eines Kindergartens aus der Nähe können bereits regelmäßig morgens um 7 Uhr kommen, um die Melkarbeit im Frischgrätenstand noch mitzuerleben, erläuterte der Betriebsleiter.

Außer einem von den Organisatoren bereitgestellten gesunden Frühstück gab es für die Schüler Taschen von Landwirtschaftsministerin Puttrich, gepackt mit Infomaterial und frischen Lebensmitteln.

Burkhardt – LW 36/2013