Was geht noch im Raps?

Herbstdüngung nach der neuen Dünge-Verordnung

Ein optimal geführter Rapsbestand nimmt im Herbst je nach Witterungsverlauf bereits 70 bis 90 kg Stickstoff auf. Diese Menge kann im Normalfall nicht allein aus dem organisch gebundenen Bodenstickstoff durch Mineralisierung zur Verfügung gestellt werden. Mit Inkrafttreten der neuen Dünge-Verordnung stellt sich daher die Frage, ob und in welchem Umfang noch eine Stickstoff-Düngung zu Raps im Herbst möglich ist.

Ein Großteil des Ertrages bei Raps wird bereits durch die Entwicklung vor dem Winter bestimmt. Ein Mangel an Stickstoff im Herbst wirkt sich ebenso wie ein Überschuss meist negativ auf den Ertrag aus. Eine bedarfsgerechte Stickstoff-Versorgung im Herbst ist auch unter der neuen Dünge-Verordnung möglich.

Foto: Klasse, AlzChem

Raps ist eine Intensivkultur, die vor allem rund um die Aussaat ein perfektes ackerbauliches Management erfordert. Denn zwei Drittel des späteren Rapsertrages werden bereits durch die Vorwinter-Entwicklung des Bestandes bestimmt. Gehen die Rapspflanzen zu schwach entwickelt in die Vegetationsruhe, lässt sich dieses Defizit im Frühjahr nicht mehr aufholen. Damit wird auf Ertrag verzichtet. Deshalb müssen alle ackerbaulichen Maßnahmen darauf abzielen, bis zum Winter einen gesunden, gleichmäßigen und ausreichend kräftigen Bestand aufzubauen. Die Pflanzen sollten mit 10 bis 12 Blättern und einem Wurzelhalsdurchmesser von etwa 10 mm in den Winter gehen. Dies ist die Voraussetzung für ein gutes Regenerationsvermögen des Rapses im Frühjahr.

Düngung am Bedarf orientieren

Die Verordnung macht für die Herbstdüngung mit Stickstoff im Raps folgende Vorgaben:

  • Bestimmung des Stickstoffbedarfes vor der Düngung
  • Begrenzung der N-Menge auf 60 kg/ha Gesamt-N beziehungsweise 30 kg/ha Ammonium-N
  • N-Düngung nur zulässig bei Raps, der vor dem 15. September gesät wird, damit der Stickstoff vor Eintritt der Vegetationsruhe noch im Aufwuchs gebunden werden kann.
  • Aus gleichem Grund muss die Düngung bis spätestens zum 1. Oktober erfolgen.

Wenn der Raps 70 bis 90 kg Stickstoff vor dem Winter aufnehmen soll, so kann dieser Stickstoff aus dem Nmin-Vorrat des Bodens, aus der Mineralisierung von organisch gebundenem Bodenstickstoff sowie aus der Zufuhr von organischen oder mineralischen Düngern kommen. Wird nach der Getreideernte Gülle auf die Stoppeln ausgebracht, so hat sich die Güllemenge nach dem erwarteten Stickstoffbedarf zu richten. In jedem Falle sind aber die in der Dünge-Verordnung gesetzten Obergrenzen von 60 kg Gesamtstickstoff beziehungsweise 30 kg Ammoniumstickstoff einzuhalten.

Vor Beginn der Sperrfrist Lagerraum frei machen

Diese Stickstoffmengen werden bei Schweinegülle meist schon mit Gaben von 10 bis 12 Kubikmetern ausgeschöpft. Das „großzügige“ Ausfahren von Gülle vor der Rapsaussaat dürfte damit endgültig vorbei sein. Insbesondere ist dabei auch noch zu berücksichtigen, dass auf Betrieben mit langjähriger Gülle- oder Gärrestausbringung ohnehin schon mehr Stickstoff aus dem Boden nachgeliefert wird. Aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten, nach Ernte der Hauptfrucht noch organische Dünger auszubringen, werden viehhaltende Betriebe die zulässige Gülledüngung zu Raps soweit als möglich ausnutzen, um vor Beginn der Sperrfrist noch ausreichend Lagerraum frei zu machen. Der Stickstoffbedarf des Rapses ist in diesem Fall durch die organischen Dünger bereits bis zum Winter gedeckt. Daher gibt es hier keinen Anlass für eine mineralische Stickstoffdüngung.

Mineralische N-Düngung im Herbst?

Anders sieht es bei reinen Ackerbaubetrieben aus, die keine organischen Dünger einsetzen. Der durch Mineralisierung im Boden verfügbar werdende Stickstoff wird größtenteils gleich wieder von Bakterien und Pilzen festgelegt, die diesen zum Abbau des Getreidestrohs nutzen. Sie konkurrieren sehr erfolgreich mit den jungen, zunächst nur schwach bewurzelten Rapspflänzchen um den begehrten Nährstoff. Hier hat sich gezeigt, dass eine kleine mineralische Stickstoffgabe im Herbst die Jugendentwicklung fördert und die Rapsbestände besser in den Winter gehen lässt. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) hat in den Jahren 2008 bis 2010 in einer Serie von insgesamt zehn Versuchen an vier verschiedenen Standorten einen durchschnittlichen Mehrertrag von 2,1 dt/ha erzielt, wenn 40 Kilogramm Stickstoff bei der Frühjahrsdüngung eingespart und statt dessen schon im Herbst verabreicht wurden. Zu allen Düngungsterminen wurde der Stickstoff einheitlich als Ammonsulfat-Salpeter ausgebracht.

Zusätzlich N zur Strohrotte geben

Die Ergebnisse bestätigen die Praxiserfahrung, dass unter süddeutschen Verhältnissen eine angemessene N-Düngung im Herbst durchaus Sinn macht. Der im Herbst verabreichte Stickstoff kann – wie diese Versuche auch zeigen - bei der Frühjahrsgabe voll angerechnet werden. Auf diese Weise verbessert sich die N-Effizienz, da mit der gleichen Stickstoffmenge höhere Erträge erzielt werden. Möglicherweise lässt sich durch eine platzierte Düngung zur Saat, beispielsweise durch eine Reihen- oder Unterfußdüngung, der Stickstoffeinsatz noch reduzieren und die Stickstoffeffizienz somit weiter steigern. Die Begrenzung der N-Menge auf 60 kg Gesamtstickstoff je Hektar in der Dünge-Verordnung ist pflanzenbaulich begründet, denn bei einem Überangebot an Stickstoff neigt der Raps zum Luxuskonsum und reichert Nitrat in den Blättern an. Diese Nitrat-Einlagerung ist mit einem erhöhten Wassergehalt verbunden, was die Frostanfälligkeit der Pflanzen erhöht. Zudem gehen die Bestände bei einer überzogenen Stickstoffdüngung und einem milden, langen Herbst vorzeitig ins Streckungswachstum über, was das Auswinterungsrisiko stark erhöht.

Sonderfall Kalkstickstoff

Auf Standorten mit langjährigen Rapsfruchtfolgen schlägt sich die bodengesundende Nebenwirkung einer Kalkstickstoff-Düngung besonders oft in Mehrerträgen nieder. In den letzten Jahren wurden dabei gute Erfahrungen mit einer Düngung unmittelbar vor der Aussaat des Rapses gemacht. Auf leichten Böden wird eine Gabe von 200, auf den übrigen Böden von 200 bis 250 Kilogramm Kalkstickstoff empfohlen. Diese Düngergaben enthalten 40 bis 50 kg/ha Gesamtstickstoff in nachhaltig wirksamer sowie 100 bis 125 kg/ha Kalk in rasch wirksamer Form. Da der Dünger nicht eingearbeitet werden soll, entfaltet sich die erwünschte Kalkwirkung nur in den obersten Zentimetern des Bodens, also genau dort, wo die Rapssaat keimt. Wegen der langsamen und gleichmäßigen Stickstoffwirkung des Düngers kommt es in der Folgezeit weder zu einem Überwachsen des Bestandes noch zu einer Anreicherung von Nitrat in den Pflanzen, so dass eine optimale Winterhärte gewährleistet bleibt. Frühe Infektionen mit der Kohlhernie verursachen im Raps besonders große Schäden. Wenn die Primärwurzel befallen wird und sich dort eine Kohlhernie-Galle bildet, kann die Rapspflanze keinen Ertrag mehr bringen; meistens stirbt sie noch im Laufe des Winters ab. Versuche haben gezeigt, dass das Risiko von frühem Kohlhernie-Befall nach einer Kalkstickstoff-Düngung deutlich geringer ist. Später geht das Infektionsrisiko aufgrund der sinkenden Bodentemperaturen ohnehin zurück, so dass der Raps dann gute Chancen hat, mit einem gesunden Wurzelapparat in den Winter zu gehen.

Gleichmäßige Bestände verbessern die N-Effizienz

Gleichmäßige Bestände mit wenig Fehlstellen und Kümmerern sowie ein intaktes Wurzelsystem sind die Voraussetzung für ein hohes Nährstoff-Aneignungsvermögen und eine optimale Nährstoffverwertung. Somit sorgt eine Vorsaat-Düngung mit Kalkstickstoff gerade in engen Rapsfruchtfolgen für eine deutliche Verbesserung der Stickstoff-Effizienz. In Beständen, die vor der Saat weder Wirtschafts- noch Mineraldünger erhalten haben, kann es im Laufe des Herbstes zu verzögertem Wachstum und Aufhellungen aufgrund von Stickstoffmangel kommen. Diese Gefahr ist insbesondere dann gegeben, wenn nach der Getreideernte größere Strohmengen auf der Fläche verblieben sind. In diesem Fall empfiehlt es sich, dem Raps bis spätestens zum 1. Oktober mit einer Gabe von etwa 30 kg Stickstoff eines schnell wirkenden Düngers, zum Beispiel Kalkammonsalpeter, auf die Sprünge zu helfen.

Kurt Biebinger, AlzChem AG, Landesarbeitskreis Düngung (LAD)  – LW 29/2017