Käfer und Pilze setzen den Wäldern zu

Borkenkäferpopulation deutlich angestiegen

In dem zu warmen und wechselhaften Jahr 2017 blieben großflächige Massenvermehrungen forstlicher Schaderreger aus. Borkenkäfer und Arten der Eichenfraßgesellschaft zeigten lokal Dichteanstiege, die in den folgenden Jahren das Potenzial für Massenvermehrungen erwarten lassen. Die Herbst- und Winterstürme 2017/18 werden den Borkenkäfern 2018 viel Brutmaterial bieten. Anhaltende Probleme bereiten Erkrankungen durch verschiedene Pilzarten, deren aktive Bekämpfung im Forstbetrieb jedoch kaum möglich ist.

Jungkäfer und Puppen des Buchdruckers an liegendem Fichtenholz.

Foto: Habermann

Verbreitet hatten sich im Jahr 2016 Niederschlagsdefizite aufgebaut, die auch während der Wintermonate nicht abgebaut werden konnten, sondern sich teilweise verstärkten. Auffällig waren hohe Niederschlagsdefizite in Mittel- und Südhessen. Der März 2017 war der wärmste März seit Beginn flächendeckender Wetteraufzeichnungen im Jahre 1881. Örtlich waren die hohen Temperaturen gekoppelt mit anhaltenden Niederschlagsdefiziten. Die Pflanzen reagierten auf die milden Temperaturen mit früher Knospenentfaltung. Der Kaltlufteinbruch um den 20. April zog örtlich Frostschäden und eine gebremste Blattentwicklung nach sich.

Einzel- und Nesterwürfe begünstigten Borkenkäfer

Insgesamt war das Jahr 2017 deutlich wärmer als normal. Im Jahresverlauf zeigte das Wettergeschehen oft wenig Beständigkeit und extreme Ausprägungen: starke Fröste im Januar, milde Temperaturen im Februar, Wärme im März, Kaltluft im April, erste Hitzewelle Ende Mai, sich über viele Monate steigernde Trockenheit bis Juni, reichlich Niederschläge in Form von Gewittern mit Starkregen im Juli und August, Stürme im Oktober, längere Niederschlagsperiode ab November.

Borkenkäfer: Nachdem es Anfang April bei sehr warmer Witterung bereits einen kurzen, starken Schwärmflug mit vereinzeltem Stehendbefall gab, setzte der eigentliche Schwärmflug erst Wochen später, nach Ende einer meist kühlfeuchten Wetterphase, ein. Ab etwa Anfang Mai wurde aus vielen Regionen teils massiver frischer Stehendbefall gemeldet, die vorherige mehrwöchige „Wartezeit“ der Käfer hatte zu einem stark synchronisierten Flugbeginn geführt. Im Verlauf der folgenden Wochen zeigte sich weiterer Stehendbefall, zunehmend auch bereits im Bestandesinneren. Im Verlauf des Julis zeigten sich zunehmend Käfernester, aus denen die Käferbrut erfolgreich ausfliegen konnte.

Trotz der wechselhaften Witterung mit schnellen Temperaturwechseln und häufigen, teilweise sehr starken Niederschlägen waren die Entwicklungsbedingungen für Buchdrucker der ersten Generation überwiegend sehr gut. Dort, wo es nicht zu Überbesiedlungen unter der Rinde kam, waren Qualität und Umfang der Jungkäfer der ersten Generation entsprechend hoch. Ab den Sommermonaten traten zunehmend wechselhafte, oft kühlfeuchte Witter­ungs­bedingungen auf, die auf die Entwicklung der zweiten Käfergeneration weniger begünstigend wirkten, sodass es vielerorts nicht zu einem weiteren starken Anwachsen der Borkenkäferpopulationen kam. Aufgrund regionaler Stürme traten lokal ab dem Sommer bis über die Wintermonate teilweise erhebliche Einzel- und Nesterwürfe auf, deren Aufarbeitung zum Jahresende aufgrund sehr aufgeweichter Waldböden oft noch nicht abgeschlossen war. Der Orkan Friederike vom 18. Januar 2018 verursachte in vielen Berglandbereichen des Zuständigkeitsgebietes der NW-FVA erneut Windwurf und Windbruch, oft in ähnlicher Größenordnung wie der genau zehn Jahre vorher aufgetretene Orkan Kyrill. Das Sturmholz vom Januar liegt zum Teil auf dem noch nicht aufgearbeiteten Holz voraus­gegangener Stürme. Die Aufarbeitung wird voraussichtlich mehrere Monate andauern und vor Beginn der Käfersaison 2018 nicht abgeschlossen sein. Die betroffenen Betriebe sollten bei der Aufarbeitung die nach Windwurf bewährten Bekämpfungsstrategien beachten und das verbleibende Sturmholz auch für das Abschöpfen der Käferpopulationen nutzen.

Viele Zulassungen im Forst laufen dieses Jahr aus

Die Larven des Eichenprozessionsspinners schlüpfen meist deutlich vor dem Austrieb der Eiche. Hier spielt weniger der wirtschaftliche Schaden an Eichen, sondern vielmehr der gesundheitliche Aspekt für den Menschen eine Rolle.

Foto: Michael Habermann

Im Zusammenhang mit der teilweise unvermeidbaren Notwendigkeit des Einsatzes von Pflanzen­schutzmitteln gegen Borkenkäfer muss aktuell darauf hingewiesen werden, dass sich die Zulassungssituation der im Forst einsetzbaren Insektizide 2018 deutlich verschärft. Das reguläre Zulassungsende für Fastac Forst, Trinet P und Stornet ist am 31. Juli 2018, für Cyperkill Forst und Forester am 31. Oktober 2018 und für Karate Forst flüssig am 31. Dezember 2018. Die Abverkaufsfrist nach Zulassungsende beträgt sechs Monate, die Aufbrauchfrist insgesamt 18 Monate nach Zulassungsende.

Großer brauner Rüsselkäfer: Aus der forstlichen Praxis wurden 2017 kaum Schäden durch Rüsselkäfer gemeldet. Aufgrund der erheblichen Zunahme von Flächen mit frischen Fichtenstubben nach dem Orkan Friederike und Befall durch Borkenkäfer muss in den nächsten Jahren mit starkem Auftreten des Großen braunen Rüsselkäfers gerechnet werden. Auch für die Bekämpfung des Rüsselkäfers werden, wie bei den Borkenkäfern, alle Zulassungen für Ppflanzenschutzmittel bis Ende 2018 auslaufen.

Waldmaikäfer: Ab Anfang Juni bis Mitte August 2017 fanden Grabungen nach Engerlingen des dritten Stadiums des Waldmaikäfers auf dem systematischen 500 x 500 m Raster im Hessischen Ried statt. Anhand der Grabungsfunde wird die aktuelle Verbreitung und Dichte des Waldmaikäfers dargestellt sowie eine Prognose für das Flugjahr 2018 abgeschätzt. Im Jahr 2017 wurden 3 410 Grabungen auf 860 Raster­punkten durchgeführt. Der Anteil von Grabungspunkten mit Maikäferfunden lag bei knapp 35 Prozent. Auch regionale Verschiebungen des Befallgeschehens sind zu verzeichnen. Über die drei systematischen Grabungsserien im Abstand von vier Jahren (2009, 2013, 2017) nahm die Besiedlung der Waldböden mit Engerlingen im südlichen Hessischen Ried generell ab, während sie im Darmstädter Raum auf hohem Niveau anhielt und in nördlicheren Bereichen von Groß-Umstadt, Langen und Frankfurt stellenweise deutlich ansteigt.

Eichenfraßgesellschaft: Der Kleine Frostspanner (Operophtera brumata L.) und der Große Frostspanner (Erranis defoliaria Cl.) befanden sich 2017 in Hessen in der Latenz. Die Überwachungsergebnisse aus dem Herbst/Winter 2016 deuteten auf eine allmähliche Zunahme der Frostspannerpopulationen hin. Die Ergebnisse der Überwachung der Frostspanner mit Hilfe von Leimringen aus dem Herbst/Winter 2017 ergaben geringe Dichten und keine Überschreitung der Warnschwelle.

Im Jahr 2017 wurden Fraßschäden durch die Eichenfraßgesellschaft auf insgesamt 301 ha gemeldet. Davon wurden 135 ha starke Fraßschäden durch den Eichenprozessionsspinner (EPS) (Thaumetopoea processionea L.) verursacht. Der Umfang der gemeldeten Schäden durch die Eichenfraßgesellschaft (166 ha) ist im Vergleich zum Vorjahr (Jahr 2016: 388 ha, davon 29 ha EPS) zurückgegangen. Die gemeldeten Schäden durch den EPS sind gestiegen.

Das Eschentriebsterben schreitet weiter voran. Nur ein bis zwei Prozent der Population scheinen widerstandsfähig.

Foto: Michael Habermann

Die Ergebnisse der Überwachung des Schwammspinners (Lymantria dispar L.) mit Pheromonfallen ließen 2017 keine allgemeinen Aussagen über die Populationsentwicklung zu. Die Fangergebnisse befanden sich im Durchschnitt auf dem Niveau des Vorjahres. Die Warnschwelle wurde lediglich im Raum Hofheim überschritten mit 1 882 Falter/Falle. Aus dem Raum Rosbach wurden 100 ha Fraßschäden durch den Schwammspinner gemeldet.

Mäuse: Die Ergebnisse der Überwachung der Kurzschwanzmäuse im Jahr 2017 lassen den Rückschluss zu, dass sich die Populationen nach der Latenzphase im letzten Jahr wieder in der Aufbauphase befinden. Die im Herbst 2017 durchgeführten Probefänge der NW-FVA ergaben einen mittleren bereinigten Index von 12,9 (2016: 2,7) je 100 Fallennächte für Erd- und Feldmäuse und von 10,0 (2016: 4,5) je 100 Fallennächte für Rötelmäuse. Die parallel durchgeführte Überwachung mit Apfelsteckreisern zeigte nach einer Woche im Maximum Annahmeraten von 88 Prozent.

Eschentriebsterben: Das Eschentriebsterben (Hymenoscyphus fraxineus) wird in Europa auf großer Fläche beobachtet. H. fraxineus ist ein aggressives und invasives Pathogen, das sich nach seiner Einschleppung in Mitteleuropa schnell verbreitete und schwerwiegende Folgen für die heimischen Eschen-Populationen hervorgerufen hat. Es führte örtlich bereits zur Auflösung von Bestandesteilen und zum Absterben von Eschenaufforstungen. Aktuell gelten Stammfußnekrosen als einer der Hauptmortalitätsfaktoren beim Eschentriebsterben. Sie werden entweder primär durch den Erreger selbst oder Phytophthora ssp. oder sekundär durch bodenbürtige Holzfäulepilze, wie Hallimasch, hervorgerufen.

Bisher scheint ein kleiner Prozentsatz von ein bis zwei Prozent der Eschen gegenüber der Erkrankung weniger anfällig zu sein. Ob dieser geringe Prozentsatz an Eschen auch auf Dauer mehr oder minder befallsfrei bleibt oder sogar weitgehend resistent ist, muss die Zukunft zeigen.

Kein Heilmittel gegen das Eschentriebsterben in Sicht

Zum jetzigen Zeitpunkt muss vorrangig mit den vorhandenen mehr oder minder stark erkrankten Eschen umgegangen und gewirtschaftet werden. Entsprechende Konzepte werden daher für die vorhandenen Bestände entwickelt. Direkte Gegenmaßnahmen gegen das Eschentriebsterben wird es in Zukunft nicht geben, da der Erreger über Sporenflug mit dem Wind auch über große Entfernungen verbreitet wird und der Einsatz von Fungiziden mit erheblichen unerwünschten Nebenwirkungen verbunden wäre.

Diplodia-Triebsterben der Kiefer: Der wärmeliebende Pilz Sphaeropsis sapinea, Synonym: Diplodia pinea, tritt seit einigen Jahren verstärkt in Kiefernbeständen des Zuständigkeitsgebietes der NW-FVA auf. Er verursacht ein Triebsterben, zieht Folgeschäden nach sich, wie Käferbefall oder Bläue im Holz, und führt im ungünstigsten Falle bei entsprechend starker Kronenschädigung zum Absterben der Bäume. Zu vermehrten Schadensfällen durch das Diplodia-Triebsterben kam es 2017 auch in Hessen. An Douglasien-Jungwüchsen traten ebenfalls Schäden auf, die durch den Erreger des Diplodia-Triebsterbens verursacht wurden.

Lokal treten schwere Schäden durch das Diplodia-Triebsterben an Kiefern auf. Auch die Douglasie kann befallen werden.

Foto: Michael Habermann

Dem Auftreten des Diplodia-Triebsterbens geht in der Regel eine Schwächung des Wirtsbaumes voraus. Auslösende Faktoren können Wasserdefizite durch Trockenheit, Hitze, starke Besonnung oder Verletzungen der Triebe durch Hagelschlag sein. Ein prädisponierender Faktor kann Mistelbefall sein, der ebenfalls Trockenstress hervorruft oder verstärkt. Trockenstress kann zudem auf flachgründigen, südexponierten Standorten oder in Kuppenlagen entstehen.

Zahlreiche Schadensfälle stehen mit Wurzelfäulen, besonders durch den Wurzelschwamm, in Verbindung. Es wird angenommen, dass anhaltende Wärmephasen im Hochwinter im Wechsel mit Kälteperioden zu einer physiologischen Schwächung der Kiefer beitragen. Vermutlich führt eine Kombination mehrerer schwächender Faktoren eher zu Krankheitsfällen als ein einzelner genannter Faktor.

Tannen-Rindennekrose: Die Tannen-Rindennekrose ist eine komplexe Erkrankung, bei der die Witterung, Stamm-Läuse, Pilzbefall an der Rinde und Weißtannenrüssler sowie Hallimasch eine Rolle spielen und bis zum Absterben führen können. Im Frühjahr 2017 wurde örtlich ein geringer Befall mit der einheimischen Tannenstammlaus (Adelges piceae) an Weißtannen (Abies alba) und Küstentannen (A. grandis) in Niedersachsen beobachtet. An Tannen-Rindennekrose erkrankte Bäume der letzten Jahre sind weiterhin betroffen und fallen durch abnehmende Vitalität auf.

Dr. Michael Habermann – LW 20/2018