Körnerleguminosen – Chancen nutzen!

LSV Körnererbsen und Ackerbohnen – Sortenempfehlung 2016

Regionale Eiweißversorgung zu verlässlichen Preisen anstelle der Abhängigkeit von Import-Soja ist für viele Landwirte die Motivation, sich mit dem Anbau von heimischen Körnerleguminosen zu beschäftigen. Fütterungsversuche auch in Hessen bestätigen, dass Erbsen völlig problemlos in den hofeigenen Mischungen einsetzbar sind. Ackerbohnen können zumindest in der Rinderfütterung ohne Einschränkungen innerbetrieblich verwertet werden. Der Futterwert liegt deutlich über den vom Handel gebotenen Preisen. Damit ist leider für reine Ackerbaubetriebe bisher der Anbau noch nicht sehr attraktiv, beziehungsweise sie müssen sich selbst attraktive Vermarktungswege erschließen.

Eine frühe Aussaat ist die Grundlage für gut entwickelte Ackerbohnenbestände.

Foto: Käufler

Hierbei wird ein für 2016 zu erwartendes Bundesprojekt, das vom LLH koordiniert werden wird, den Landwirten Hilfestellung anbieten. Es geht dabei neben der Wissensvermittlung zu Anbau und Verwertung dieser Kulturen auch um die Entwicklung von Wertschöpfungsketten für die Verarbeitung.

Die Anrechnungsmöglichkeit der Körnerleguminosen auf die über das Greening geforderten „ökologischen Vorrangflächen“ (ÖVF, Faktor 0,7) machen Erbsen und Bohnen zusätzlich interessant. Aktuelle Berechnungen aus Nordrhein-Westfalen belegen, dass die ÖVF-Variante mit Körnerleguminosen bei innerbetrieblicher Verwertung ökonomisch besser abschneidet als die Varianten Stilllegung oder Anbau von Zwischenfrüchten.

Anrechnungsmöglichkeit beim Greening

Aktuell wird ein deutlicher Anstieg der Anbauflächen bei Ackerbohne und Körnererbsen beobachtet. In Hessen wurden in 2015 auf rund 3900 ha Ackerbohnen und auf 2400 ha Körnererbsen angebaut, eine Flächenausdehnung um fast 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch wegen der hervorragenden Vorfruchtleistung – diese summiert sich insgesamt auf rund 200 Euro/ha und beruht auf mehreren Effekten: Einerseits profitieren Nachfrüchte bezüglich der Ertragshöhe und der Ertragssicherheit von Leguminosen. Andererseits können betriebliche Arbeitsspitzen entzerrt und die Maschinenauslastung verbessert werden.

Darüber hinaus werden die Risiken enger Fruchtfolgen mit hohen Getreideanteilen mehr und mehr spürbar. Hier sei nur auf das zunehmende Auftreten von Resistenzen bei Ungräsern, pilzlichen Schaderregern und bei einigen Insekten hingewiesen. Dies treibt den Beobachtungsaufwand und die Kosten der Bestandesführung in die Höhe. Bei der ökonomischen Betrachtung der Gesamtfruchtfolgen schneiden daher vielgestaltige Fruchtfolgen mehrheitlich besser ab, insbesondere wenn die Arbeitserledigungskosten mit einbezogen werden. Nicht zuletzt sind die Leguminosen Pollen- und Nektarspender für Bienen und viele andere Insektenarten und dienen der Erhöhung der Artenvielfalt in der Landschaft.

Landessortenversuche wurden ausgeweitet

Das Versuchsprogramm mit Körnerleguminosen beim LLH wurde im vergangenen Jahr nochmals leicht ausgeweitet. In Hessen werden jeweils zwei Landessortenversuche (LSV) mit Körnererbsen und Ackerbohne angelegt und durch zusätzliche produktionstechnische Versuche ergänzt. Die Standorte Bad Hersfeld/Eichhof sowie Homberg-Mardorf repräsentieren typische Anbaulagen für diese Kulturen.

Die Aussaat im vergangenen Frühjahr erfolgte in Mardorf am 13. März und am Eichhof am 26. März. Nach zügigem Aufgang hatten die Bestände dann unter der extremen Frühjahrs- und Frühsommertrockenheit zu leiden. Dazu kam in Mardorf auch ein starker Befall mit schwarzer Bohnenlaus, der durch Insektizideinsatz gestoppt werden musste. Insgesamt litten die Ackerbohnen deutlich stärker unter der Trockenheit als die Erbsen, was sich mit den Beobachtungen aus der Praxis deckt. Die Erbsenversuche wurden am 22. und 23. Juli geerntet, die Ackerbohnenernte erfolgte an beiden Standorten am 12. August, eine Nachtrocknung war nicht erforderlich.

Neuere Sorten bei den Körnererbsen vorn

Die diesjährigen Durchschnittserträge am LSV-Standort Eichhof lagen mit 61,3 dt/ha nochmals leicht über denen des Vorjahres. In Mardorf wurden 65 dt/ha gedroschen, allerdings mit sehr großer Streuung innerhalb des Versuches, sodass Sortenunterschiede dort nicht klar herauszuarbeiten sind. Spitzenreiter waren die neuere Sorte Volt, und nach letztjährig sehr schwachem Ergebnis Alvesta mit jeweils über 66 dt/ha, gefolgt von der EU-Sorte Mythic und Navarro.

In der langjährigen Auswertung ist auffällig, dass die Erträge am Standort Eichhof rund 10 dt/ha über denen in Mardorf liegen. Darüber hinaus streuen die Ergebnisse vieler Sorten sehr stark zwischen den Jahren. Beispielsweise blieb die letztjährige Spitzensorte Salamanca 2015 in Bad Hersfeld deutlich unter dem Mittel. Ebenso konnte die seit 2011 langjährig sehr ertragstreue Sorte Respect in diesem Jahr den Vorteil ihrer sehr guten Standfestigkeit nicht ausspielen. Alvesta hatte auch 2010, 2011 und 2013 überdurchschnittliche Ergebnisse gezeigt, schwankt ertraglich aber stärker und bringt eher schwächere Rohproteingehalte. Insgesamt erreicht Alvesta damit nur den mehrjährigen Durchschnitt. Navarro streut mehrjährig ertraglich um den Mittelwert, liefert aber meist überdurchschnittliche Rohproteingehalte und kann daher im Rohproteinertrag etwas aufschließen. In die überregionale Auswertung werden im Anbaugebiet 7 und 8 „Höhenlagen Mitte, Wärme- und Mittellagen Südwest“ weitere Standorte aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg einbezogen. Auch überregional wurde trotz der Trockenheit ein Ertragsniveau von knapp 56 dt/ha erreicht. Astronaute brachte an allen Orten, mit Ausnahme von Fritzlar, klar überdurchschnittliche Ergebnisse und liegt damit vorn. Auch Alvesta und Navarro lieferten überdurchschnittliche Erträge während Salamanca und Mythic eine stärkere Streuung zeigten.

Qualitäten und Verwertung

Mehrjährig erreichten die Sorten in den LSV einen mittleren Rohproteingehalt von 21,5 Prozent. Damit konnte dreijährig ein Rohproteinertrag von 12,4 dt/ha erzielt werden. Spitzenergebnisse einzelner Sorten lagen bei über 15 dt/ha Proteinertrag, der ohne Einsatz von N-Düngern und mit vergleichbar geringem Aufwand erwirtschaftet wurde. Mehrjährig hohe Rp-Gehalte liefern Navarro, Salamanca und die neueren Sorten Astronaute und Mythic. Körnererbsen eigenen sich hervorragend für die innerbetriebliche Verwertung in der Schweine- oder Rinderfütterung. Der wertgebende Bestandteil ist neben der Energie das Rohprotein (Rp). Aktuelle Versuche und Praxisergebnisse belegen, dass in der Endmast Sojaschrot vollständig durch Erbsen ersetzt werden kann. Je Mastschwein ließen sich bei einem Versuch der LK Niedersachsen rund 7,3 kg Soja- und 4,5 kg Rapsextraktionsschrot einsparen. Insgesamt wurde auch ein niedrigerer Futterverbrauch und damit geringere Futterkosten beim Einsatz von Erbsen ermittelt.

Gabriele Käufler, Fachreferentin Marktfruchtbau, LLH, Landwirtschaftszentrum Eichhof – LW 4/2016