Kolostrumqualität per Refraktometer bestimmen

Qualität der Biestmilch ist entscheidend für ihre Wirkung

Stellt man einen Strohhalm in ein Glas mit Flüssigkeit, so erscheint dieser je nach Dichte der Flüssigkeit mehr oder weniger gekrümmt. Nach diesem einfachen Prinzip funktionieren Refraktometer, die zum Beispiel zur Bestimmung des Zuckergehalts im Traubenmost eingesetzt werden. Einem amerikanischen Forscherteam ist es nun gelungen, auch die Kolostralmilchqualität von Kühen mit einem Refraktometer zu bestimmen. Benedikt Rodens, Rückweiler, stellt diese einfache und praxistaugliche Lösung vor, mit der man die Qualität hofeigenen Kolostrums schnell und sicher bestimmen kann.

Einfach und sicher kann man die Biestmilchqualität mit einem optischen oder digitalen Refraktometer bestimmen.

Foto: Rodens

Kaum geboren muss ein Kalb rasch mit lebenswichtigen passiven Immunstoffen über die Biestmilch versorgt werden, denn Kälber besitzen bei der Geburt kein aktives Immunsystem. Die negativen Folgen einer unzureichenden und zu späten Kolostrumzufuhr sind unbestritten. Es zeigt sich in einer höheren Anfälligkeit gegenüber Krankheiten, niedrigeren Tageszunahmen und endet als Spätfolge sogar in einer geringeren Milchleistung. Leider ist in der Praxis zu oft festzustellen, dass neugeborene Kälber trotz dieser negativen Folgen nicht ausreichend mit Kolostrum versorgt werden.

Qualität des Kolostrums von Färsen oft nicht ausreichend

Maßgeblich für eine bedarfsgerechte Versorgung ist die Qualität des Erstgemelks in Form des Immunglobulingehaltes IgG. Das Kalb muss diese Abwehrstoffe über die Biestmilch aufnehmen. Jedoch ist der Gehalt an IgG sowohl abhängig vom Alter der Kuh als auch von der Dauer der Trockenstehzeit. Besonders bei Färsen und bei zu kurzen Trockenstehphasen ist der Gehalt an IgG für die Erstversorgung oft nicht ausreichend. Zudem verringert sich der Gehalt am lebenswichtigen IgG in der Milch weiterhin nicht nur je später die Kuh nach der Geburt gemolken wird, auch die Aufnahmefähigkeit an IgG im Darm des Kalbes geht nach der Geburt Stunde um Stunde zurück. Dem Praktiker bleibt ein relativ kleines Zeitfenster, um das Kalb richtig zu versorgen.

Zur ausreichenden Versorgung empfiehlt die Wissenschaft heute, dass das neugeborene Kalb mindestens 150 g IgG in den ersten Lebensstunden aufnehmen muss. Das bedeutet, dass bei der Erstmahlzeit von 3 l Milch mindestens 50 g IgG je Liter Milch vorhanden sein müssen. Dieser Wert von 50 IgG/l Milch dient heute üblicherweise als das Qualitätskriterium der Kolostralmilch. Ein Erstgemelk mit leicht niedrigeren Werten kann unter Umständen auch noch ausreichend sein, jedoch muss das Kalb in den ersten Lebensstunden dann bereits etwa 4 l Biestmilch aufnehmen oder die vorhandene Milch muss mit einem Kolostralersatzpräparat aufgewertet werden. Biestmilch mit deutlich niedrigeren Werten ist zur Erstversorgung des Kalbes nicht mehr geeignet. In diesem Fall muss das Kalb aus einer angelegten Biestmilchreserve versorgt werden.

Woran hapert die Versorgung mit Immunglobulinen in der Praxis?

Die Gründe, wieso ein Kalb in der Praxis nicht ausreichend mit IgG versorgt wird, sind vielfältig:

  • Die Kuh wird zu spät nach der Geburt gemolken.
  • Das Kalb wurde zu spät nach der Geburt zum ersten Mal getränkt.
  • Das Kalb wurde zwar rechtzeitig getränkt, jedoch hat es zu wenig getrunken.
  • Das Kalb hat genügend getrunken, jedoch war der IgG-Gehalt der Biestmilch viel zu niedrig.
  • Das Kalb trinkt zu wenig und der Gehalt an IgG in der Kolostralmilch ist viel zu niedrig.

Hinsichtlich der Qualitätsbestimmung des Kolostrums gab es in der Vergangenheit nur wenige praxistaugliche und kostengünstige Testverfahren, um in Form eines Hof-Schnelltests den Gehalt an IgG in der Kolostralmilch festzustellen.

Kolostrometer hat seine Tücken

Eine bereits seit längerem verwendete Methode ist die Nutzung eines Kolostrometers. Hierbei wird ein Teil der Biestmilch in einen Messbecher gefüllt. Das Kolostrometer taucht in diesen Messbecher ein und je nach Dichte der Kolostralmilch taucht er nun tiefer ein oder nicht.

An der Schnittstelle Biestmilch/Kolostrometer kann nun der Gehalt an IgG je Liter Milch abgelesen werden. Je tiefer das Kolostrometer in die Milch eintaucht, desto schlechter ist die Kolostrumqualität. Vereinfacht kann dies in Form von drei Farben (grün = hohe Qualität; gelb = bedingt ausreichende Qualität; rot = schlechte Qualität) abgelesen werden. Dieser Test hat jedoch seine Tücken.

Ein brauchbares Messergebnis bekommt man nur bei einer Kolostrumtemperatur von genau 22° C, tiefere oder höhere Temperaturen führen zu Fehlmessungen. Man muss das frisch gemolkene Kolostrum also erst einmal auf genau 22° C abkühlen lassen, um ein möglichst genaues Messergebnis zu erhalten. Zudem besteht eine hohe Bruchgefahr des Kolostrometers, das aus Glas gefertigt ist.

 – LW 33/2013