Bauern sind anerkannt, werden aber auch kritisch beäugt

Habermehl und Lein stellvertretende Kreislandwirte

In Crainfeld im Vogelsbergkreis fand in der vergangenen Woche die Tagung der Ortslandwirte statt. Mark Habermehl und Volker Lein wurden zu den neuen stellvertretenden Kreislandwirten gewählt. „Mittendrin oder nur am Rand – Landwirtschaft und Gesellschaft heute“. Ãœber dieses Thema sprach Dr. Reinhard Grandke von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft in einem Gastvortrag.

Ãœber Problemfelder zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft referierte Dr. Reinhard Grandke von der DLG.

Foto: Dieter Graulich

In seinem Vortrag stellte er zunächst die vielfältige Arbeit der DLG vor. So habe man zum Beispiel für den Bereich Technik, ein eigenes Testzentrum in Groß-Umstadt mit rund 970 Technik-Tests im Jahr. Es erfolgten von den 50 Mitarbeitern rund 2 500 Probenentnahmen im pro Jahr und etwa 350 Gütezeichen würden vergeben. Der Redner ging dann auf die Wahrnehmung der Landwirtschaft in der Gesellschaft ein und hatte einen Vergleich mit dem Sozialnetzwerk „Facebook“ gezogen. Im Jahre 1900 hätte es bei 5.6 Mio. Landwirten und 56 Mio. Verbraucher noch gereicht, wenn ein Landwirt zehn „Freunde“ hatte. Durch die sinkende Zahl der Landwirte und eine ständig steigende Zahl von Verbrauchern, sei dieses Verhältnis 1950 von eins auf 35 und heute sogar auf 273 angestiegen.
Kurt Wiegel, Vorsitzender des Kreis­bau­ernverbandes Vogelsberg und Landtagsabgeordneter sprach bei der Ortslandwirteversammlung in Grebenhain über den Stellenwert der Landwirte in der Politik.

Foto: Dieter Graulich

Grandke, selbst Nebenerwerbslandwirt, beleuchtete dann die Frage: Wie nimmt der Verbraucher die Landwirtschaft war? Mit an erster Stelle stünden zum Beispiel die Fernsehserien wie „Bauer sucht Frau“ oder „Neues aus Büttenwarder“. Im Medienbereich rangiere die Zeitschrift „Landlust“ an erster Stelle. Hier würde die Landwirtschaft so dargestellt, wie sie in Wirklichkeit aber nicht sei. Eine sehr negative Darstellung erfolge zum Thema Massentierhaltung. „Das Bild von der Landwirtschaft ist nur noch bei der Hälfte der Bevölkerung ein Erfahrungsbild“, so Grandke. Einen Schüler in Frankfurt interessiere mehr ein neues Handy, als eine Stunde Traktor zu fahren auf einem Bauernhof. Mit der Zielsetzung: Jeder Verbraucher solle einen Landwirt kennen, müsse hier Abhilfe geschaffen werden.

Webcam, Feldertafeln oder auch Tage des offenen Hofes

Lösungsansätze sieht er in einer hohen Transparenz, um beim Verbraucher Vertrauen zu gewinnen. Als Beispiele nannte er die Installation einer Webcam sowie Informationen an Ackerflächen, welche an Wohngebiete grenzen oder auch der „Tag des offenen Hofes“. Demonstrationen wie „Wir habe es satt“ sollten nicht einfach hingenommen werden, sondern, wie in Berlin geschehen, mit einer Gegendemo „Wir machen Euch satt“ ein Dialog gesucht werden. Eigene Internetseiten seien ein guter Weg, um das „richtige“ Bild der Landwirtschaft aufzuzeigen. Werbung dafür könne an jedem Fahrzeug gemacht werden. Wichtig sei auch zuzuhören und andere Standpunkte zu akzeptieren. „Mittendrin oder nur am Rand. Das entscheiden wir selbst, stellen wir uns in die Mitte oder lassen wir uns an den Rand drängen?“, so Grandke.

Helmut Bittner aus dem GAA verabschiedet

Kreislandwirt Andreas Kornmann leitete die Versammlung und dankte dem Hauptgeschäftsführer für das aufschlussreiche Referat und überreichte ein Präsent mit Vogelsberger Produkten.

Auf dem Bild, von links: Kreislandwirt Andreas Kornmann mit dem ausge­schiedenen GAA-Mitglied Helmut Bittner und den beiden neuen Stellvertretern Volker Lein und Mark Habermehl.

Foto: Dieter Graulich

Nach über 20-jähriger Tätigkeit verabschiedete er Helmut Bittner aus Altenschlirf aus dem Gebietsagrarausschuss (GAA) mit einem Präsent und dem Dank für die geleistete Arbeit. Personelle Veränderungen gab es dann bei den Stellvertretern des Kreislandwirtes. Da der bisherige Stellvertreter Kornmann, durch den überraschenden Rücktritt von Norbert Reinhardt im vergangenen Jahr zum Kreislandwirt aufrückte, musste dieses Amt neu besetzt werden. Vorgeschlagen und anschließend beschlossen wurde, bis zur Wahl im kommenden Jahr, mit Mark Habermehl aus Allmenrod und Volker Lein aus Bleidenrod zwei Stellvertreter zu benennen. Zu Beginn der Veranstaltung, bei der rund 160 Ortslandwirte und Gebietsagrarausschussmitglieder anwesend waren, hatte Bürgermeister Sebastian Stang den Dank für Sicherstellung der Ernährung und die Erhaltung der Kulturlandschaft ausgesprochen: „Ohne die Landwirtschaft ist dies nicht vorstellbar“.

Nur noch zwei Landwirte im Hessischen Landtag

„Die Bauern sind anerkannt, werden aber auch beäugt“, sagte Kurt Wiegel, Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Vogelsberger Kreisbauernverbandes. Er bedauerte, dass insgesamt nur zwei Landwirte im Hessischen Landtag seien. Ferner informierten Dr. Robert Riße und Dr. Torsten Scheid über Aktuelles vom Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz Vogelsberg. Karl-Peter Mütze, Leiter des Amt für den ländlichen Raum und Daseinsvorsorge Vogelsberg und dessen Mitarbeiter informierten über Neues aus dem Agrarbereich. Kornmann dankte den Mitarbeitern des Amtes für den ländlichen Raum und Daseinsvorsorge für die gute Zusammenarbeit mit den Landwirten bei der Antragsannahme zur Agrarförderung. Den anwesenden Ortslandwirten wurden im Laufe der Versammlung umfangreiche Informationsmaterialien ausgehändigt.

Graulich  – LW 10/2015