Landwirten wichtige Infos beim Ackerbautag geboten

Bundes-Staatssekretär Dr. Robert Kloos in Liederbach

Ende Februar fand in Liederbach am Taunus der Ackerbautag 2016, veranstaltet vom Verein für landwirtschaftliche Fachschulabsolventen Frankfurt-Höchst (VLF) gemeinsam mit dem Amt für den ländlichen Raum in Bad Homburg, statt. Der VLF hatte Pflanzenbauexper­ten aus dem Bundesgebiet zu Fachvorträgen geladen. Hauptredner der Veranstaltung war der Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Dr. Robert Kloos, der den Landwirten einen Überblick zur aktuellen agrarpolitischen Situation gab.

Staatssekretär Dr. Robert Kloos hielt den Gastvortrag beim diesjährigen Ackerbautag des VLF Frankfurt-Höchst.

Foto: Egon Beckmann, VLF

Der jährliche Ackerbautag des VLF Frankfurt-Höchst ist für viele Landwirte aus der Rhein-Main-Region ein wichtiger Informationstag im Kalender. VLF-Vorsitzender Paul Herr aus Kelkheim eröffnete die Fachveranstaltung vor 200 Landwirten sowie Händler und Beratern. Nach Ansprachen von Bürgermeisterin Eva Söllner und Landrat Michael Cyriax sprach der Staatssekretär Dr. Robert Kloos. Stellenwert der Betriebe für ländlichen Raum erkennen Dr. Kloos spannte einen großen Bogen von der Europäischen Union bis zur deutschen Agrarpolitik und unterstrich, dass die Land- und die Ernährungswirtschaft für Deutschland als wichtiger Wirtschaftsfaktor trotz der derzeitigen Preisemisere nicht kostendeckender Erzeugerpreise erhalten werden müsse. Die Leistungen der Landwirtschaft seien enorm, sie stelle hochwertige Ernährung sicher, pflege die Kulturlandschaft und sei ein wichtiger Wirtschaftsbereich in den ländlichen Räumen, der dort vielen Menschen Perspektiven für Ar­beit, Wohnen und Freizeit gebe. Aufgrund der aktuellen Marktsituation habe die deutsche und europäische Landwirtschaft aber derzeit eine unternehmerisch sehr schwierige Phase zu bewältigen. Vor diesem Hintergrund sei es das Ziel der Agrarpolitik der Bundesregierung, den Betrieben und den ländlichen Regionen Planungssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen zu geben. Dies geschehe über die europäische Agrarpolitik mit den Direktzahlungen für die deutsche Landwirtschaft in Höhe von jährlich 4,85 Mrd. Euro sowie den 1,35 Mrd. Euro jährlich für die Entwicklung des ländlichen Raumes und einem nationalen Haushalt in Höhe von 5,6 Mrd. Euro.

Auf der agrarpolitischen Agenda in Brüssel stehe derzeit durchaus das wichtige Thema der Vereinfachung sowie die Frage, welche Möglichkeiten bestehen, um über das laufende Liquiditätsprogramm in Höhe von rund 70 Mio. Euro hinaus den Betrieben in der anhaltend schwierigen Marktsituation weiter geholfen werden kann.

Landwirtschaft braucht gesellschaftliche Akzeptanz

Bei der nationalen Agrarpolitik gehe es um die Frage, wie die gesellschaftliche Akzeptanz der Landwirtschaft verbessert werden kann und die Landwirtschaft in der Mitte der Gesellschaft verankert bleibt. Dazu müssen sich Landwirtschaft und Agrarpolitik den Herausforderungen für mehr Tierschutz in der Landwirtschaft, für Umwelt, Wasser- und Bodenschutz offensiv stellen. Die Lösungen sollten mit der Landwirtschaft auf freiwilliger Basis gefunden werden und die staatliche Regulierung nur dort stattfinden, wo es unumgänglich ist, betonte Dr. Kloos. Das treffe beispielsweise auf die laufende Novellierung der Düngeverordnung zu.“

Im Anschluss des Vortrags folgte eine lebhafte Diskussion. Dr. Nikolaus Bret­schneider-Herrmann ging die Forderung nach einer Vereinfachung des hohen Dokumentationsaufwandes für die Betriebe ein und sagte angesichts einer Beanstandungsquote von fast 80 Prozent sei davon auszugehen, dass es nicht daran liege, dass die Mehrheit der Landwirte ihre Pflichten nicht erfüllen wolle, so der Leiter des Amtes für den ländlichen Raum in Bad Homburg.

Veränderte Klimabedingungen führen zum Auftreten neuer Krankheiten und zur Verstärkung bekannter Krankheiten wie des Gelbrostes.

Foto: Egon Beckmann, VLF

Vorsitzender Herr machte deutlich, dass gerade im Rhein-Main-Ge­biet durch den großen Flächenverbrauch den Betrieben gutes Ackerland verloren gehe. „Wenn der Landverbrauch so weitergeht, dann gibt es hier in 30 Jahren keine Landwirte mehr, die das ökologische Gleichgewicht aufrechterhalten“, warnte er. Mit dieser informativen Veranstaltung kamen die Teilnehmer des Ackerbautages zugleich ihrer Fortbildungspflicht nach. Nach den Neuerungen im Pflanzenschutzgesetz muss mindestens alle drei Jahre ein Sachkundenachweis erbracht werden, ohne die kein Pflanzenschutzmittel mehr bestellt werden kann. Im weiteren Verlauf gab es Vorträge zur Züchtung, zum Pflanzenschutzeinsatz und zur Umsetzung der Bienenschutzverordnung im Zuge des Green­ing zu hören.

Resistenzzüchtung mit Blick auf den Klimawandel

Weizenzüchter Dr. Stefan Kon­towski vom Pflanzenzuchtunternehmen W. von Borries-Eckendorf aus Leopoldshöhe informierte über die Resistenzzüchtung beim Getreide. Eine Resistenzzüchtung finde nicht nur gegen Krankheiten sowie Schädlinge statt, sondern auch, damit die Pflanze Umwelteinflüsse wie Trockenheit oder Kälte besser überstehe. So führen veränderte Klimabedingungen nicht nur zum Auftreten neuer Krankheiten, beziehungsweise einer neuen Rassebildung und zur Verstärkung bereits existierender Krankheitserreger, zudem gewinnen die Virosen und Schädlinge an Bedeutung, sagte Dr. Kontowski.

Bei Weizen können der Landwirtschaft beispielsweise bereits Virus-resistente Sorten oder Gallmücken-resistente Weizen zur Verfügung stellen, unter anderem mit der Sorte Tobak. Viele der neuen Resistenzen kommen aus nicht an eu­ro­päische Anbaubedingungen angepasstem Material und werden aufwendig mit Ertrags- und Qualitätsmerkmalen kombiniert. Diese Arbeiten sind zeit- und kostenintensiv und müssen durch entsprechendes Lizenzaufkommen refinanziert werden, sagte der Züchter.

Imkerei und Pflanzenbau im Einklang halten

Die „Umsetzung der Bienenschutzverordnung: Imkerei und Pflanzenbau im Einklang“, so lautete der Vortrag von Dieter Skoetsch vom Landesverband der Hessischen Imker. Etwa 85 Prozent der heimischen Blühpflanzen seien auf die Bestäubung durch Honigbienen, durch Wildbienen oder Hummeln angewiesen. Der Rapsertrag könne beispielsweise um bis zu 10 dt/ha steigen, wenn der Schlag von ausreichend Völkern mit Bienenkästen umstellt sei. Skoetsch warb für das Anlegen von Blühflächen sowie -streifen, welche den Bienen als „Nekarweide“ möglichst über die gesamte Vegationszeit zur Verfügung stehe.

Pflanzenschutzeintrag in Gewässer verhindern

Pflanzenschutzberater Jochem Becker aus Erzhausen berichtete, dass Abstandsauflagen Einträge von Pflanzenschutzmittel (PSM) in Oberflächengewässer und Grundwasser sowie Abdrift auf Nichtzielflächen und sogenannte Saumbiotope, als nicht bewirtschaftete Flächen sowie Waldränder, Feldgehölze, Gebüsche, Solitärbäume, gehölzfreie Habitatinseln, verhindern sollen. Entsprechend der Gefährdung des Grundwassers sind die Auflagen unterteilt. Diese beinhalten auch zeitliche Anwendungsbeschränkungen sowie einzuhaltende Abstandsauflagen und erforderliche Ausrüstung der Pflanzenschutzspritzen mittels Düsen, welche in entsprechende Abdriftminderungsklassen eingeteilt sind. Becker wies darauf hin, dass unterschiedliche Mittel mit gleichem Wirkstoff durchaus unterschiedliche Auflagen haben könnten. Beachtung sollten Landwirte auch auf Flächen mit Hangkuppen treffen, um Abfluss sowie Abtrag durch Erosion von Pflanzenschutzmitteln und damit den Eintrag in Grund- oder Oberflächenwasser möglichst zu verhindern. Eine Übersicht der mittelbezogenen Auflagen, sowie eine Liste über die entsprechenden Düsen finden sich auf den Internetseiten der Pflanzenschutzdienste.

Entscheidungshilfe bei Raps Rüben und Kartoffeln

Dr. Benno Kleinhenz aus Bad Kreuznach informierte über Aufgaben der Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz (ZEPP). Diese ist ein Zusammenschluss aller deutschen Pflanzenschutzdienste. Seit zwei Jahrzehnten erstellt sie Entscheidungshilfesysteme (EHS) für Pflanzenschutzmitteleinsätze und entwickelt die Systems laufend fort. Die EHS sind im Internet unter www.isip.de abrufbar.

Im Ackerbau stehen Modelle beispielsweise zur Ermittlung des Infektionsdrucks der Krautfäule in Kartoffeln zur Verfügung. Auch das Infektionsrisiko durch Cercospora in Zuckerrüben wird unter Berücksichtigung der Anbaubedingungen, wie Befall im Vorjahr, Anbauverhältnis der Zuckerrüben in der Region, Fruchtfolge und Beregnung prognostiziert. Die Infektionsgefahr durch Sklerotinia (Weißstängeligkeit) zur Rapsblüte wird auf der Basis des aktuellen und lokalen Wetter berechnet.

Bei Vergleichen in bundesweiten Versuchen über mehrere Jahre habe sich gezeigt, dass eine Routinebehandlung mit Fungiziden zur Mitte Blüte (BBCH 65) oft nicht wirtschaftlich sei, teilte Dr. Kleinhenz mit. Die EHS basieren auf Prognosemodelle, die auf Basis des aktuellen, schlag­ge­nauen Wetters sowie einer zusätzlichen dreitägigen Wettervorsage das Auftreten und die Entwicklung der Pflanzenkrankheiten und Schädlinge berechnen. Die EHS seien durch die Offizialberatung getestet worden. Nach einer einmaligen Registrierung könne die EHS ein Jahr lang im vollem Umfang ohne Einschränkungen kostenlos genutzt werden.

Einsatz von Fungiziden und Wachstumsregulatoren

Thomas Volk von der proPlant GmbH aus Münster erläuterte an Beispielen die Arbeitsweise des Pflanzenschutz-Beratungssystems „proPlant expert.“ Für den Fungizideinsatz gegen Septoria tritici im Weizen sei der richtige Termin heutzutage noch wichtiger als vor 25 Jahren, als das Beratungssystems erstmals in der Praxis eingesetzt wurde. Die heilende (kurative) Wirkung des besten Fungizids sei damals etwa 2,5-mal besser gewesen als heute, weil sich der Pilz mittlerweile angepasst habe. Auch bei Ramularia sowie bei Netzflecken in Gers­te müsse beim Fungizideinsatz auf die Anpassung des Pilzes reagiert werden. Das proPlant-Beratungssystem empfehle seit 2014 zur Abschlussbehandlung nur noch Mischungen aus den vier Wirkstoff-Gruppen: Carboxamid, Azol, Strobilurin und Chlorthalonil. Sein Tipp für das aktuelle Frühjahr lautete: Das seit etwa Mitte Oktober 2015 bis heute für Gelbrost und Septoria tritici in den Kreisen Main-Taunus, Hochtaunus und Offenbach sehr günstige Infektionsbedingungen herrschten, sollten insbesondere dafür anfällige Weizensorten frühzeitig auf Befall überprüft werden.

Beim Wachstumsregler-Einsatz stehe der Landwirt in dem schwierigen Spannungsfeld „Lager muss vermieden werden“ und „keine Mindererträge durch Wachstumsregler“. Sobald es wärmer wird, sollten in den Rapsbeständen Gelbschalen aufgestellt werden.

Lagerung, Transport und Entsorgung

Der Schutz des Anwenders spielt eine zentrale Rolle im Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln. So wird häufig das Tragen bestimmter Schutzkleidung als Auflage erteilt. Wie in anderen Bereichen informierte Dr. Marco Reitz vom IVA (Technik und Umwelt, Anwender- und Gewässerschutz) darüber, dass hier der wichtigste Ratschlag sei, die Gebrauchsanleitung sorgfältig zu lesen und zu beachten ist. Neben der reinen Anwendung sind Aspekte des Anwenderschutzes auch bei Lagerung, Transport und Entsorgung von PSM zu beachten. Informationsmaterialien können über den Industrieverband Agrar in Frankfurt (www.iva.de/Gewässerschutz) bezogen werden.

VLF Höchst – LW 11/2016