Leistungsträger im Kampf gegen den Klimawandel

Waldbesitzer tagten in Boppard

Der Waldbesitzerverband für Rheinland-Pfalz nimmt bei seiner Jahresmitgliederversammlung in Boppard die Herausforderungen für die nächsten zehn Jahre in den Blick. „Wir wissen nicht, ob es gelingen wird, die Erderwärmung tatsächlich bei 1,5 Grad Celsius zu stoppen. Oder ob die Wälder, die wir heute begründen, in 50 Jahren mit Temperaturen zurechtkommen müssen, die um 4 oder mehr Grad höher liegen.“ So formulierte es Christian Keimer, der wiedergewählte Vorsitzende des Waldbesitzerverbandes. Der Klimawandel trifft die Waldwirtschaft, härter als die meisten anderen Branchen.

Das Präsidium des Waldbesitzerverbandes Rheinland-Pfalz (v.l.): Marco Weber, Dr. Wolfgang Schuh, Friedrich Freiherr von Hövel, Christian Keimer und der neue Geschäftsführer Dirk Fernholz.

Foto: WBV

Dabei sind gerade die Waldbesitzer und ihre Forstbetriebe auch Leistungsträger im Kampf gegen eben den Klimawandel. Sie steuern mit Mitteln des modernen Waldbaus die Entwicklung ihrer Wälder. Sie sichern die Versorgung mit nachhaltig

produziertem Holz und Walderzeugnissen sowie alle waldtypischen Schutz- und Erholungs­funktionen – einschließlich der Kohlenstoffbindung. Und einschließlich der Waldökosystemleistungen zum Erhalt der Biodiversität. Der Klimawandel – und die Entwicklung klimastabiler und resilienter Wälder – werden über Jahrzehnte die Hauptaufgaben setzen.

Es gibt keine Patentrezepte, jeder Standort eigen

Keimer spricht mit Blick auf die fortschreitende Schädigung der rheinland-pfälzischen Wälder von einem „Megaprojekt Waldumbau und Waldneubegründung“. Er betont, dass es weniger denn je Patentrezepte gibt. Die Ausgangssituation ist für jeden Wald und für jeden Forstbetrieb eine andere. Erfolgversprechende Waldbaukonzepte können jedenfalls nur vor Ort entstehen. Mehr denn je, so Keimer, ist Waldbau ökologisches Projektmanagement auf hohem Niveau, aber eben mit sehr individuellen Voraussetzungen und Prioritäten. Die Entscheidungsfreiheit und Waldbaukompetenz vor Ort sei deshalb erfolgsrelevant, für den einzelnen Forstbetrieb, aber auch für den Erfolg beim Bekämpfen der Klimawandelfolgen insgesamt.

Der Europa- und Bundespolitik stellen die Waldbesitzer ein schlechtes Zeugnis aus: Ausgerechnet jetzt ergeht eine wahre Flut von Gesetzesinitiativen, mit denen das Mikromanagement der Wälder „top-down“ bestimmt werden soll. Völlig an den Realitäten in den Wäldern vorbei verunsichere und demotiviere die Regulierungsflut diejenigen, die dort die eigentliche Arbeit machen. Es sei besonders schädlich, dass der Entwurf zum Bundeswaldgesetz einseitig einen „Käseglockennaturschutz“ über alle Waldfunktionen stelle.

EUDR muss verschoben werden

In der Diskussion wurden verschiedene für die Waldbesitzer sehr schmerzhafte Regulierungsprojekte deutlich. Besonders brennen im Moment die Sorgen angesichts des Gesetzes für entwaldungsfreie Lieferketten EUDR. Dessen Verbindlichkeitsdatum ist auf den 30. Dezember 2024 gesetzt. Graf von Hatzfeldt, Mitglied des Vorstandes, fasste die allgemeine Betroffenheit ob der gewaltigen Kosten für die Betriebe in Worte. Er verwies auch auf das völlig praxisferne „Timing“: Mitten in der kalten Jahreszeit – in der alle Hände für Waldpflegemaßnahmen und Holzernte benötigt werden – sollen die Forstbetriebe Lösungen für die Dateneingabe in eine nicht fertig entwickelte EU-Datenbank stellen. Unter den gegebenen Umständen ist es sogar für die Staatswaldbetriebe – bei denen der Steuerzahler die IT-Kosten trägt – unwahrscheinlich, dass sie das rechtzeitig schaffen. Der Privat- und Kommunalwald allerdings werde sicher abgehängt. Die Ziele der EUDR werden von den Waldbesitzern eigentlich mitgetragen. Aber die Verschiebung des Verbindlichkeitsdatums sei dringend geboten: es müsse endlich begonnen werden die Einführung sinnvoll zu managen – unter Berücksichtigung eines vorherigen Abschlusses der Teilprojekte „Datenbank-Entwicklung“ und „Länderbenchmarking“ durch die EU-Kommission.

Sowohl Staatssekretär Dr. Erwin Manz vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität als auch MdL Marco Weber, Vorsitzender des Umwelt- und Forstausschusses im Landtag, und nicht zuletzt der stellvertretende Präsident des Landtages Matthias Lammert versprachen, dass sich das Land bei der EU für eine Verschiebung einsetzen werde. Entsprechende Initiativen laufen auch seitens der Bundesregierung und seitens des Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir.

Dabei zeigt sich aktuell, dass der Holzbedarf wächst: Nachhaltige Baustoffe sollen Beton (klimaschädlich) und Polystyrol (auf Erdölbasis erzeugt) womöglich ersetzen. Es gelte, sich auf die Werte der multifunktionalen Waldbewirtschaftung zurückzubesinnen, auf die wir gerade hier in Rheinland-Pfalz sehr stolz sein können, sagte Keimer in seiner Rede.

Einmal mehr wurde in Boppard somit deutlich, wie groß das Engagement der Waldbesitzer für die Sache des Waldes ist. Unverändert ist die Beteiligung in den 25 Waldbauvereinen, den Herzstücken der Selbsthilfe und Professionalisierung.

Der Vorstand wurde für die Amtsperiode 2025 bis 2029 bestätigt. In einer Podiumsdiskussion wurden die Herausforderungen der näheren Zukunft diskutiert, die vielen Facetten der Waldumbau- und Waldneubegründungsprojekte, aber auch neue Möglichkeiten, die sich aus der Digitalisierung ergeben, und aus anderen gesellschaftlichen „Megatrends“, sowie aus innovativen neuen Geschäftsmodellen wie dem CO2-Kompensationshandel und der Energieerzeugung. Dem Naturschutz und den Jägern, und allen anderen „Stakeholdern“ der Waldwirtschaft bieten die Waldbesitzer die Hand für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. „Wir werden alte Pfade verlassen müssen“, so Christian Keimer. „Aber es wird uns gelingen, den Schatz, den unsere Vorfahren mit den Wäldern in unsere Hände gelegt haben, an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben.

Priorität hat Verantwortung für den Waldbesitz

Drei Viertel der Wälder in Rheinland-Pfalz sind kommunales und privates Eigentum. Der Waldbesitzerverband für Rheinland-Pfalz e.V. ist die Interessenvertretung der Besitzer dieser Wälder und ihrer Forstbetriebe. Im Verband organisiert sind die Waldbauern mit Kleinprivatwäldern, die mit rund 16 000 Mitgliedern in den 25 Waldbauvereinen zusammengeschlossen sind. Hinzu kommen die Eigentümer größerer Privatwälder, und 400 waldbesitzende Gemeinden.

wbv – LW 40/2024