Lichtblick für Wetterauer Rübenanbauer

Positive Preisentwicklung – Südzucker zuversichtlich

Für den heimischen Zuckerrübenanbau gibt es derzeit positive Signale. „Wir haben das Tal durchschritten und eine gute Entwicklung der Zuckerpreise in Aussicht.“ Dies sagte am vergangenen Donnerstag der Vorsitzende des Verbandes Wetterauer Zuckerrübenanbauer, Dr. Matthias Mehl, in Florstadt. Wie auf dem dortigen Wetterauer Rübentag außerdem angekündigt wurde, wird im Zuge der Südzucker-Strategie der Stückkostensenkung und der optimalen Auslastung der Zuckerfabriken die Kontrahierung nochmals aufgemacht. Landwirte können zusätzliche Anbauflächen melden. Auf der Veranstaltung wurde außerdem über neue Herausforderungen im Pflanzenschutz – das Auftreten des Bakteriums SBR - sowie über den Ablauf der vergangenen Kampagne sowie der Planung für kommenden Anbau informiert.

Dr. Georg Vierling: „Südzucker steht auf vier Beinen und ist erfolgreich diversifiziert.“

Foto: Mohr

Wie Mehl berichtete, waren die vergangenen Jahre wegen der niedrigen Zucker- und Rübenpreise schwierig. Zudem ging auch die Strategie der Südzucker zunächst nicht auf. Denn auch europaweit hätten die Erzeuger und Verarbeiter „die Flucht nach vorne“ angetreten. Inzwischen habe die Südzucker AG die Strukturen jedoch weiter angepasst und fünf von 29 Fabriken geschlossen.

Während Anbauer und Verarbeiter ihre Hausaufgaben machten, würden sie von der Politik allerdings im Stich gelassen, wie der Vorsitzende beklagte. Hier nannte er die politischen Kampagnen gegen den Zuckerkonsum („Droge Zucker“), das Verbot von Pflanzenschutzmitteln und die unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen in Europa bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und bei der Kopplung der Produktion an die Direktzahlungen.

Südzucker nimmt Menge raus und senkt Stückkosten

Die Südzucker AG setzt unterdessen weiter auf bessere Auslastung der Fabriken mit längeren Kampagnen und hat insgesamt Menge herausgenommen, die den bisherigen Exportmengen entsprach, wie Dr. Georg Vierling von der Südzucker AG erläuterte. Hierzu hat der Konzern bekanntlich fünf Werke, davon eines in Polen und jeweils zwei in Deutschland (Warburg und Brottewitz) und Frankreich, geschlossen. Im vergangenen Jahr ist die Anbaufläche in der Südzuckergruppe auf 392 000 Hektar zurückgegangen. Im Jahr 2018 waren es noch 434 000 Hektar. Die Zuckererzeugung reduzierte sich um 7 Prozent von 4,6 auf 4,3 Mio. Tonnen. Auf den europäischen Markt, auf den sich das Unternehmen konzentrieren werde, sei die Nachfrage höher als die Erzeugung und auch weltweit werde die Erzeugung knapper, bei weiter wachsender Nachfrage. Den erwarteten Anstieg der Zuckerpreise, der sich bei den gestiegenen Spotmarkt-Preisen schon abzeichne, könne der Konzern vollumfänglich nutzen, da die alten Kontrakte zu relativ niedrigen Preisen ausliefen.

Gute Entwicklung bei Crop Energies

Wie Vierling weiter vortrug, wird die Südzucker im laufenden Geschäftsjahr, das Ende Februar endet, im Zuckergeschäft einen Verlust von voraussichtlich 200 bis 260 Mio. Euro verzeichnen. Der Konzern wird allerdings einen operativen Gewinn von 70 bis 130 Mio. Euro erzielen, bei einem Umsatz von 6,7 bis 7 Mrd. Euro. „Das ist eine gute Nachricht“, so Vierling. Zum Gewinn tragen im aktuellen Geschäftsjahr die Segmente Spezialitäten (Tiefkühlprodukte wie Pizzen, im Vorjahr 156 Mio. Euro Gewinn) und Fruchtzubereitungen (77 Mio. Euro im Vorjahr) und Crop Energie bei, die aktuell voraussichtlich 100 Mio. Euro (im Vorjahr 33 Mio. Euro) zum operativen Ergebnis beitragen werden. „Südzucker steht auf vier Beinen und ist erfolgreich diversifiziert“, konstatierte Vierling.

Das Zuckergeschäft hat derzeit einen Umsatzanteil von 38 Prozent, die Sparten Spezialitäten 34 Prozent, Crop Energies 10 Prozent und Fruchtzubereitungen 17 Prozent. Erfreulich sei insbesondere die Entwicklung bei Bioethanol. Der Benzinkraftstoff E10, der bis 10 Prozent Bioethanol enthält, werde immer mehr nachgefragt. Er habe große klimarelevante Vorteile, stellte der Südzuckermanager heraus. Im Vergleich zu reinem Benzin würden pro Liter E10 2 kg CO2 weniger emittiert, sagte Vierling. Dadurch würden alleine in Deutschland rund 3,5 Mio. Tonnen CO2-Emissionen vermieden.

Rüben gehen künftig komplett in Offstein

Wie Moritz Vorholzer von der Rohstoffabteilung Kassel mitteilte, werden die Rüben aus der Wetterau künftig fast komplett im pfälzischen Offstein verarbeitet. Bislang ging ein Teil der hiesigen Rüben nach Wabern. Da das Werk in Warburg geschlossen ist und insbesondere Rüben aus dem Gebiet Soest nach Wabern geliefert werden, ist die dortige Verarbeitungskapazität erschöpft. Für bestimmte Fälle können dennoch Rüben aus dem Verbandsgebiet Wetterau in Wabern verarbeitet werden, so die Alsfelder Rüben. Der Anbau in der Wetter stütze damit auch die Verarbeitung in Offstein, so war zu hören. Denn in der Pfalz hat der Rübenanbau leicht abgenommen.

In Wabern dauerte die vergangene Kampagne 128 Tage wie Vorholzer vortrug, in Offstein 108 Tage. Für 2020 sind Kampagnen von 124 und 127 Tage geplant. Die Bio-Rüben werden künftig komplett im Werk Rain am Lech verarbeitet.

Ertragsstarke Region Wetterau

Die Wetterau gehört zu den ertragsstärksten Regionen der Südzucker. Das bestätigte die Geschäftsführerin Marie-Christin Mayer. Mit 82 Tonnen je Hektar lag der durchschnittliche Ertrag über dem Schnitt der vorangegangenen fünf Jahre mit 76,6 Tonnen. Der Zuckerertrag pro Hektar lag bei einem Gehalt von 17,5 Prozent mit 12,8 Tonnen ebenfalls über den Fünfjahresschnitt (12,4 Tonnen).

Bei relativ gleichbleibenden Zuckergehalten von etwa 17,5 Prozent steigen die Erträge über die Jahre kontinuierlich an, wie Mayer weiter berichtete. 2020 werden nach derzeitigem Stand 405 Landwirte im Wetterauer Verband Zuckerrüben anbauen, auf einer Fläche von aktuell rund 4 800 Hektar. Diesen Bestand wolle man unbedingt halten, machten Mayer und der Vorsitzende Mehl deutlich. Dabei gehe es um den Erhalt der Infrastruktur und um den Einfluss im Unternehmen Südzucker. Außerdem habe die Zuckerrübe gerade angesichts der Nitratdiskussion Vorteile, weil sie auf dem Acker niedrige Rest-Nmin-Werte hinterlasse und als Sommerung die Möglichkeit von Zwischenfrüchten biete, was der Anbauvielfalt zu Gute komme, wie Mayer herausstellte.

Mietenstandorte sorgfältig auswählen

Eckardt Baumgarten vom Maschinenring appellierte an die Anbauer, die Zuckerrübenmieten so anzulegen und den Standort so auszuwählen, dass Ladung und Abtransport reibungslos ablaufen können. Der Untergrund müsse auf Befahrbarkeit überprüft und eine hindernisfreie Zufahrt gewährleistet sein, gegebenenfalls müsse Geäst aus dem Weg geschnitten werden. Denn die Verzögerungen sowie Beschädigungen an den zum Teil geleasten Fahrzeugen seien teuer. So würden in der Bauwirtschaft für einen wartenden LWK 70 Euro pro Stunde abgerechnet. Baumgarten kündigte an, dass zusätzliche Kosten, die durch verschuldete Verzögerungen und durch erhöhte Straßenverschmutzung entstehen, künftig zumindest an „Wiederholungstäter“ weitergegeben werden sollen.

SBR noch keine Bedeutung für die Wetterau

Unterdessen ist die neue Rübenkrankheit SBR in Hessen angekommen (siehe auch Bericht LW Nr. 4, S. 12). In der Wetterau hat sie bislang aber noch keine Auswirkungen, wie Michael Lenz, vom Pflanzenschutzdienst des RP Gießen, erläuterte. In Baden-Württemberg ist sie dagegen stark verbreitet. Auslöser der Krankheit ist ein Proteo-Bakterium, das von der Schilf-Glasflügelzikade übertragen wird. Sie ist ein Profiteur des Klimawandels. Die Erreger verursachen verbraunte Gefäßbündel im Rübenkörper und lanzettlich verformte Blätter und führen zu einem beträchtlichen Zuckerminderertrag, deshalb die aus dem Französischen stammende Bezeichnung Syndrome basse richesse (SBR).

Zikaden haben hohe Erregerbeladung

In Deutschland tritt sie seit 2008 auf. 2018 gab es einen auffälligen Befall an Einzelpflanzen in Südhessen. Jährlich breitet sich die Krankheit laut Lenz um 20 Kilometer weiter aus. Die Besonderheit ist, dass die Zikaden einen sehr hohen Anteil an Bakterienträger von 30 bis 100 Prozent aufweisen. Bei Blattläusen sei zum Vergleich die Virenbeladung viel niedriger. Das bedeute eine massivere und schnellere Ausbreitung, erläutert der Pflanzenschutzexperte. Derzeit sei die Bekämpfung noch eingeschränkt. Insektizide zeigten nahezu keine Wirkung, auch weil sich die Zikaden beziehungsweise die Larven sehr versteckt in der Pflanze befinde. Eine Möglichkeit der Bekämpfung sei die Unterbrechung der Überwinterung durch den Anbau von Sommerungen, deutliche Wirkung zeige auch eine Pflugfurche, erläuterte Lenz. Die trockenwarme Witterung begünstigt den Zikaden-Befall, ebenso eine hohe Rübenanbaudichte. Mit einem wirtschaftlichen Schaden sei in der Wetterau in den nächsten Jahren wahrscheinlich noch nicht zu rechnen, so der Fachmann.

CM – LW 6/2020