Managerin im Heuhotel

Das Berufsbild Hauswirtschafterin wird oft unterschätzt

Früher war es das Top-Berufsziel vieler junger Frauen vom Lande, später hat die hauswirtschaftliche Ausbildung viel von ihrem guten Image eingebüßt. Zu Unrecht. Wer glaubt, diese Tätigkeit sei gleichzusetzen mit harter Arbeit auf dem Bauernhof, unattraktiven Arbeitszeiten und wenig Abwechslung in der Küche, der irrt.

Hauswirtschaftliche Berufe sind zukunftsträchtig. Längst sind es nicht mehr nur ländliche und städtische Haushalte, die Hauswirtschafterinnen oder Hauswirtschaftsmeisterinnen einstellen. Immer mehr Arbeitsfelder eröffnen sich beispielsweise in Ganztagsschulen, Kindergärten, Alten- und Pflegeheimen. Leitende Funktionen in Privat- oder Großhaushalten kommen hinzu.

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Der spätere Arbeitsplatz kann ein größerer Privathaushalt auf dem Hof oder anderswo sein, eine Großküche im Heim, in der Ganztagsschule oder im Sanatorium: Hauswirtschafterinnen werden überall gebraucht, ihr Einsatzbereich ist ebenso vielfältig wie ihre Ausbildung. Wer heute einen Haushalt professionell führen möchte, braucht Managerqualitäten. Denn Haushaltsführung umfasst wesentlich mehr als kochen, waschen und putzen. Zahlreiche hauswirtschaftliche Ausbildungszentren und Fachschulen Hauswirtschaft konkurrieren um junge Frauen, die Hauswirtschafterin oder Hauswirtschaftsleiterin werden möchten. „Das Schöne an dem Beruf ist die Vielseitigkeit. Man kann in den unterschiedlichsten Bereichen arbeiten, hat viel mit Menschen zu tun und lernt eine Menge Dinge, die man auf den eigenen Haushalt übertragen kann“, so Hildegard Schuster, die als Oecotrophologin für die Fortbildung beim Landfrauenverband Hessen zuständig ist.

Die zwei- bis dreijährige Ausbildung entspricht nicht dem Klischee und bereitet auf ein vielfältiges Aufgabenfeld vor, das Tätigkeiten in Großküchen und Kantinen ebenso umfasst wie in der Gastronomie und im Catering: Gelernt wird das Organisieren von großen Festen ebenso wie die Einrichtung einer Großküche. Vor Jahren war noch die überwiegende Mehrheit der Hauswirtschafterinnen in der Landwirtschaft tätig, heute ist es nur noch ein verschwindend geringer Teil. Die große Mehrheit hat eine Aufgabe im städtischen Bereich gefunden.

Vielfältige Berufsinhalte

Vermittelt werden in der Berufsausbildung die folgenden Inhalte: Neben Grundkenntnissen in der Ernährungs- und Nahrungsmittellehre, geht es vor allem um Planung und Durchführung der Nahrungszubereitung, um Vorratshaltung und Service. Was benötigen die Personen überhaupt, die zu versorgen sind? Wie kann man Speisen lagern und verarbeiten? Das sind grundlegende Fragen der Ausbildung. „Gerade in diesem Bereich ist es wichtig, dass man flexibel ist und bereit, sich immer wieder mit neuen Technologien zu beschäftigen“, sagt Hildegard Schuster. „Vom Kochen mit dem Dampfgarer oder dem Beherrschen ganz neuer Reinigungsverfahren und -techniken reicht die Palette der Dinge, in die man sich immer wieder aufs Neue einarbeiten muss.“ Vielerorts wird auch noch gelernt, einen Hausgarten zu planen und zu bewirtschaften.

Aber die Thematik der Ernährung ist nur ein Teilaspekt der Haushaltsführung: Arbeiten delegieren, andere Menschen anleiten, auf die Bedürfnisse von Kindern eingehen können, Entscheidungen selbstständig treffen und ihre Konsequenzen bedenken – alles Aufgaben, die künftige Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschaftsleiterinnen übernehmen müssen. Gelernt wird deshalb auch Betriebs- und Unternehmensführung: Wie plant, kalkuliert und erbringt man betriebsspezifische Produkt- und Dienstleistungen? In der Betriebs- und Unternehmensführung wird geplant, wie man ein neues Produkt auf den Markt bringt und es vermarktet. „Kundenorientierung und Marketing“ heißen die entsprechenden Fächer. Daneben stehen Deutsch, Englisch, Politik und Naturwissenschaften auf dem Stundenplan. Die Schülerinnen lernen die wichtigsten Regelungen des Arbeits- und Tarifrechts kennen, sprechen über Arbeitsschutz und Sicherheit. Weitere Punkte, die in der Ausbildung eine Rolle spielen, sind die Beurteilung und Planung von Betriebsräumen und Betriebseinrichtungen, das Reinigen und Pflegen von Räumen und auch von Textilien und das Gestalten des Wohnumfeldes.

Darüber hinaus gibt es aber auch Fachschulen mit unterschied­lichen Schwerpunkten wie beispielsweise Direktvermarktung oder Landtourismus. Voraussetzung für die Ausbildung ist mindestens ein Hauptschulabschluss. Viele Auszubildende haben aber auch Abitur gemacht, da sie die Ausbildung vor ein späteres Studium als Oecotrophologin (Haus­halts- und Ernährungswissenschaftlerin) schalten. Die Aus­bildung ist nicht zu verwechseln mit der Ausbildung zur „Helferin in der Hauswirtschaft“, die zumeist junge Mädchen ohne Schul­abschluss oder mit Sonderschulabschluss angehen.

Wichtige Schlüsselfunktion

Ob als Leitung in einer Großküche oder als Managerin im privaten Heuhotel – die Einsatzbereiche von Hauswirtschafterinnen und Meisterinnen der Hauswirtschaft sind vielfältig.

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„In unserer Gesellschaft ist der persönliche Lebensraum der Ort, wo der Mensch sich entfaltet. Die Hauswirtschafterin hat dabei eine Schlüsselfunktion, denn die Bewältigung der Alltagsaufgaben ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die persönliche Lebensqualität“, ist Hildegard Schuster überzeugt. „Wer sich diesen Aufgaben stellen möchte, wer Lust auf diesen Beruf hat, für den gibt es als Allrounderin auch große Chancen im Berufsleben“, ist die Fortbildungsexpertin sicher.

Auch von Seiten der Arbeitgeber besteht ein großes Interesse an Hauswirtschaftsleiterinnen. Gerade viele Altenheime sind auf der Suche nach gut ausgebildetem Personal, das sich nicht nur in der Küche auskennt, sondern auch über die Anforderungen der Betreuung von alten Menschen Bescheid weiß. Hier wie an allen Einsatzorten sind professionelle, gut ausgebildete und verantwortungsbewusste Hauswirtschafterinnen gefragt, die insbesondere die Hygienevorschriften einhalten müssen und deren Arbeit pflegerische Anteile enthält. Auch Ganztagsschulen mit Über-Mittag-Verpflegung bieten hervorragende Betätigungsfelder.

Ländliche Servicebörsen

„Nicht zu vergessen ist der Sprung in die berufliche Selbstständigkeit. Gerade auf dem Lande bieten sich mit den sogenannten Servicebörsen gute Möglichkeiten der Arbeit für Hauswirtschafterinnen, auch als Wiedereinsteigerinnen oder Quereinsteigerinnen. Kinderbetreuung, hauswirtschaftlicher Service für ältere Menschen, die möglichst lange in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben möchten oder Familienhelferinnen sind nicht nur in der Stadt gefragt, sondern sorgen für mehr Lebensqualität auf dem Lande“, weiß Hildegard Schuster.

Natürlich gibt es auch in der Hauswirtschaft die Möglichkeit der beruflichen Fortbildung: Lehrgänge zur Meisterin der Hauswirtschaft, Fachhauswirtschafterin, Wirtschafterin, Technikerin oder Betriebsleiterin sind gute Möglichkeiten, den eingeschlagenen beruflichen Weg zu vertiefen. Viele Schülerinnen, die mit Fachhochschulreife oder Abi­tur in die Ausbildung gestartet sind, nutzen die Ausbildung als Vorbereitung auf ein Studium.

„In immer mehr Lebensbereichen wird der Mensch durch die Technik an den Rand gedrängt. Obwohl auch die Hauswirtschafterin nicht ohne Computer auskommt, geht es hier weniger um Marketing, kalte Kalkulation und reine Methoden. Bei allem nötigen Fachwissen ist soziales Engagement doch eine wichtige Eigenschaft“, sagt Hildegard Schuster. „Deshalb finde ich es zum Beispiel unerlässlich, dass in Ganztagsschulen und Kitas die Verpflegung nicht durch ein Cateringunternehmen übernommen wird, sondern durch eine Hauswirtschafterin, der die Kinder beim Kochen noch über die Schulter schauen können.“

Die Absolventinnen von Hauswirtschaftsschulen gehen im späteren Berufsleben ganz unterschiedliche Wege: Manche arbeiten in Großküchen bei Betrieben, Schulen, Krankenhäusern oder Universitäten, und manche – die möglicherweise selbst vom Bauernhof kommen – eröffnen ein Hofcafé, ein Heuhotel oder einen Hofladen. Sabine Hense-Ferch

Ausbildung auch für Männer?

Wer meint, hauswirtschaftliche Berufe seien nur etwas für Frauen, der irrt. Hil­de­gard Schuster informiert aus der Ausbildungspraxis: „Auch Män­ner interessieren sich für hauswirtschaftliche Ausbildungen. Sie wollen diese Ausbildung durchführen, um da­rauf aufbauend beispielsweise ins Studium der Haushalts- und Ernährungswissenschaft zu gehen. Sie haben beispielsweise das Ziel vor Augen, in der System­gastronomie oder in betriebswirtschaftlichen Ernährungsbereichen Fuß zu fassen.“ So­wohl aus Hessen als auch aus Rheinland-Pfalz sind sich die Ausbildungsberater jedoch einig: Die Mehrzahl der Interessierten sind weiblich. SL

Ausbildungsberatung

Bei Fragen zur Ausbildung und zum Berufsabschluss über den zweiten Bildungsweg Hauswirtschaft sowie zu den Fortbildungsberufen wenden Sie sich

  • aus Hessen an das Fortbildungswerk beim Landfrau­enverband Hessen, Hil­de­gard Schuster, Tel.: 06172-77073;
  • aus Rheinland-Pfalz an die Ausbildungs­beratung der Landwirtschafts­kam­mer Rheinland-Pfalz, in der Dienststelle Bad Kreuznach: Marita Frieden, Tel.: 0671-793-1151, Andrea Schwahn, Tel.: 0671-793-1146 und Dajana Müller, Tel.: 0671-793-1168 sowie in der Dienststelle Koblenz: Gertrud Specht, Tel.: 0261-91593-251. SL