Managerin im Heuhotel
Das Berufsbild Hauswirtschafterin wird oft unterschätzt
Früher war es das Top-Berufsziel vieler junger Frauen vom Lande, später hat die hauswirtschaftliche Ausbildung viel von ihrem guten Image eingebüßt. Zu Unrecht. Wer glaubt, diese Tätigkeit sei gleichzusetzen mit harter Arbeit auf dem Bauernhof, unattraktiven Arbeitszeiten und wenig Abwechslung in der Küche, der irrt.
Die zwei- bis dreijährige Ausbildung entspricht nicht dem Klischee und bereitet auf ein vielfältiges Aufgabenfeld vor, das Tätigkeiten in Großküchen und Kantinen ebenso umfasst wie in der Gastronomie und im Catering: Gelernt wird das Organisieren von großen Festen ebenso wie die Einrichtung einer Großküche. Vor Jahren war noch die überwiegende Mehrheit der Hauswirtschafterinnen in der Landwirtschaft tätig, heute ist es nur noch ein verschwindend geringer Teil. Die große Mehrheit hat eine Aufgabe im städtischen Bereich gefunden.
Vielfältige Berufsinhalte
Vermittelt werden in der Berufsausbildung die folgenden Inhalte: Neben Grundkenntnissen in der Ernährungs- und Nahrungsmittellehre, geht es vor allem um Planung und Durchführung der Nahrungszubereitung, um Vorratshaltung und Service. Was benötigen die Personen überhaupt, die zu versorgen sind? Wie kann man Speisen lagern und verarbeiten? Das sind grundlegende Fragen der Ausbildung. „Gerade in diesem Bereich ist es wichtig, dass man flexibel ist und bereit, sich immer wieder mit neuen Technologien zu beschäftigen“, sagt Hildegard Schuster. „Vom Kochen mit dem Dampfgarer oder dem Beherrschen ganz neuer Reinigungsverfahren und -techniken reicht die Palette der Dinge, in die man sich immer wieder aufs Neue einarbeiten muss.“ Vielerorts wird auch noch gelernt, einen Hausgarten zu planen und zu bewirtschaften.
Aber die Thematik der Ernährung ist nur ein Teilaspekt der Haushaltsführung: Arbeiten delegieren, andere Menschen anleiten, auf die Bedürfnisse von Kindern eingehen können, Entscheidungen selbstständig treffen und ihre Konsequenzen bedenken – alles Aufgaben, die künftige Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschaftsleiterinnen übernehmen müssen. Gelernt wird deshalb auch Betriebs- und Unternehmensführung: Wie plant, kalkuliert und erbringt man betriebsspezifische Produkt- und Dienstleistungen? In der Betriebs- und Unternehmensführung wird geplant, wie man ein neues Produkt auf den Markt bringt und es vermarktet. „Kundenorientierung und Marketing“ heißen die entsprechenden Fächer. Daneben stehen Deutsch, Englisch, Politik und Naturwissenschaften auf dem Stundenplan. Die Schülerinnen lernen die wichtigsten Regelungen des Arbeits- und Tarifrechts kennen, sprechen über Arbeitsschutz und Sicherheit. Weitere Punkte, die in der Ausbildung eine Rolle spielen, sind die Beurteilung und Planung von Betriebsräumen und Betriebseinrichtungen, das Reinigen und Pflegen von Räumen und auch von Textilien und das Gestalten des Wohnumfeldes.
Darüber hinaus gibt es aber auch Fachschulen mit unterschiedÂlichen Schwerpunkten wie beispielsweise Direktvermarktung oder Landtourismus. Voraussetzung für die Ausbildung ist mindestens ein Hauptschulabschluss. Viele Auszubildende haben aber auch Abitur gemacht, da sie die Ausbildung vor ein späteres Studium als Oecotrophologin (HausÂhalts- und Ernährungswissenschaftlerin) schalten. Die AusÂbildung ist nicht zu verwechseln mit der Ausbildung zur „Helferin in der Hauswirtschaft“, die zumeist junge Mädchen ohne SchulÂabschluss oder mit Sonderschulabschluss angehen.
Wichtige Schlüsselfunktion
„In unserer Gesellschaft ist der persönliche Lebensraum der Ort, wo der Mensch sich entfaltet. Die Hauswirtschafterin hat dabei eine Schlüsselfunktion, denn die Bewältigung der Alltagsaufgaben ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die persönliche Lebensqualität“, ist Hildegard Schuster überzeugt. „Wer sich diesen Aufgaben stellen möchte, wer Lust auf diesen Beruf hat, für den gibt es als Allrounderin auch große Chancen im Berufsleben“, ist die Fortbildungsexpertin sicher.Auch von Seiten der Arbeitgeber besteht ein großes Interesse an Hauswirtschaftsleiterinnen. Gerade viele Altenheime sind auf der Suche nach gut ausgebildetem Personal, das sich nicht nur in der Küche auskennt, sondern auch über die Anforderungen der Betreuung von alten Menschen Bescheid weiß. Hier wie an allen Einsatzorten sind professionelle, gut ausgebildete und verantwortungsbewusste Hauswirtschafterinnen gefragt, die insbesondere die Hygienevorschriften einhalten müssen und deren Arbeit pflegerische Anteile enthält. Auch Ganztagsschulen mit Ãœber-Mittag-Verpflegung bieten hervorragende Betätigungsfelder.
Ländliche Servicebörsen
„Nicht zu vergessen ist der Sprung in die berufliche Selbstständigkeit. Gerade auf dem Lande bieten sich mit den sogenannten Servicebörsen gute Möglichkeiten der Arbeit für Hauswirtschafterinnen, auch als Wiedereinsteigerinnen oder Quereinsteigerinnen. Kinderbetreuung, hauswirtschaftlicher Service für ältere Menschen, die möglichst lange in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben möchten oder Familienhelferinnen sind nicht nur in der Stadt gefragt, sondern sorgen für mehr Lebensqualität auf dem Lande“, weiß Hildegard Schuster.
Natürlich gibt es auch in der Hauswirtschaft die Möglichkeit der beruflichen Fortbildung: Lehrgänge zur Meisterin der Hauswirtschaft, Fachhauswirtschafterin, Wirtschafterin, Technikerin oder Betriebsleiterin sind gute Möglichkeiten, den eingeschlagenen beruflichen Weg zu vertiefen. Viele Schülerinnen, die mit Fachhochschulreife oder AbiÂtur in die Ausbildung gestartet sind, nutzen die Ausbildung als Vorbereitung auf ein Studium.
„In immer mehr Lebensbereichen wird der Mensch durch die Technik an den Rand gedrängt. Obwohl auch die Hauswirtschafterin nicht ohne Computer auskommt, geht es hier weniger um Marketing, kalte Kalkulation und reine Methoden. Bei allem nötigen Fachwissen ist soziales Engagement doch eine wichtige Eigenschaft“, sagt Hildegard Schuster. „Deshalb finde ich es zum Beispiel unerlässlich, dass in Ganztagsschulen und Kitas die Verpflegung nicht durch ein Cateringunternehmen übernommen wird, sondern durch eine Hauswirtschafterin, der die Kinder beim Kochen noch über die Schulter schauen können.“
Die Absolventinnen von Hauswirtschaftsschulen gehen im späteren Berufsleben ganz unterschiedliche Wege: Manche arbeiten in Großküchen bei Betrieben, Schulen, Krankenhäusern oder Universitäten, und manche – die möglicherweise selbst vom Bauernhof kommen – eröffnen ein Hofcafé, ein Heuhotel oder einen Hofladen. Sabine Hense-Ferch
Ausbildung auch für Männer?
Wer meint, hauswirtschaftliche Berufe seien nur etwas für Frauen, der irrt. HilÂdeÂgard Schuster informiert aus der Ausbildungspraxis: „Auch MänÂner interessieren sich für hauswirtschaftliche Ausbildungen. Sie wollen diese Ausbildung durchführen, um daÂrauf aufbauend beispielsweise ins Studium der Haushalts- und Ernährungswissenschaft zu gehen. Sie haben beispielsweise das Ziel vor Augen, in der SystemÂgastronomie oder in betriebswirtschaftlichen Ernährungsbereichen Fuß zu fassen.“ SoÂwohl aus Hessen als auch aus Rheinland-Pfalz sind sich die Ausbildungsberater jedoch einig: Die Mehrzahl der Interessierten sind weiblich. SL |
Ausbildungsberatung Bei Fragen zur Ausbildung und zum Berufsabschluss über den zweiten Bildungsweg Hauswirtschaft sowie zu den Fortbildungsberufen wenden Sie sich
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