Mangelhafte Herbizidwirkung nicht nur durch Resistenz

Aktueller Stand der Herbizidresistenz bei Ungräsern

Im Jahr 2010 wurde an dieser Stelle zum ersten Mal über erkennbare Probleme mit herbizidresistenten Ungräsern in Rheinland-Pfalz berichtet. Aktuelle Untersuchungen weisen darauf hin, dass eine Zunahme der Resistenzen festzustellen ist. Daher ist es wichtig dieser Entwicklung entgegen zu wirken.

Zur Feststellung von Herbizidresistenz ist ein aufwändiger Biotest erforderlich.

Foto: Dr. Augustin

Normalerweise gewährleisten die zugelassenen Aufwandmengen eine zufriedenstellende Wirkung gegen Ungräser und -kräuter. Ungünstige Rahmenbedingungen können die Wirkungsgrade jedoch drastisch verringern, wie nachfolgende Beispiele zeigen.

Für die Wirkungssicherheit der Bodenherbizide ist Herbstwitterung entscheidend. Eine lang andauernde Herbsttrockenheit macht nicht nur den Kulturen zu schaffen, sondern bremst auch den Auflauf der Schadgräser. Wenn zusätzlich auf den trockenen Böden nur ein grobscholliges Saatbett gelingt, sind schlechte Wirkungen absehbar. Solche Bedingungen herrschten beispielsweise im Herbst 2011.

Witterung kann Herbizidwirkung stark herabsetzen

Blattherbizide sind wirkungsstabiler, da sie unabhängig von den Bodenbedingungen sind. Damit sie ihre Wirkung entfalten können, müssen die Ungräser aber ausreichende Wachstumsaktivitäten zeigen. Eine ausgeprägte Frühjahrstrockenheit, wie 2011, verursacht Wachstumsstillstand und die Wirkungsgrade sinken.

In guter Erinnerung sind noch die lückigen Bestände im Frühjahr 2012, hervorgerufen durch ausgeprägte Spätfröste. Die Schadgräser hatten dadurch viel Raum für die Entwicklung. Neben den ACCase-Blattherbiziden kommen im Frühjahr hauptsächlich Sulfonylharnstoffe zum Einsatz. Deren Wirkmechanismus lässt die Ungräser nicht immer direkt Absterben. Sie stellen das Wachstum ein (verzwergen) und erst die Kulturkonkurrenz führt durch Wasser-, Nährstoff- und Lichtentzug zum Absterben. Unter diesen Bedingungen sind häufig schlechte Wirkungsgrade zu verzeichnen. Reduzierte Aufwandmengen verstärken diesen Effekt zusätzlich.

Abgesehen von dem lang anhaltend, kalten Frühjahr waren in diesem Jahr gute Voraussetzungen für eine optimale Herbizidwirkung. Trotzdem waren in der Praxis häufig wechselhafte Ergebnisse zu verzeichnen. Dies galt insbesondere für den Windhalm. Hier reichten die Ergebnisse von völlig unzureichend, über gerade noch akzeptabel, bis hin zu hohen Wirkungsgraden. Klarheit kann in solchen Fällen nur eine aufwändige Untersuchung auf Herbizidresistenz bringen, um andere Ursachen für die Minderwirkung der Herbizide ausschließen zu können.

Gezielte Beprobung von Verdachtsflächen

Resistenzen sind als erbliche Eigenschaft definiert. Zum Nachweis müssen Samenproben von Ungräsern auf Feldern gesammelt werden, auf denen eine unzureichende Herbizidwirkung beobachtet wurde. Die Untersuchung der Nachkommenschaft zeigt, ob Resistenzen die Ursache für die mangelhafte Wirkung sind und welche Wirkmechanismen betroffen sind.

Die Ungräser im Ackerbau besitzen keine flugfähigen Samen. Daher sind die Ergebnisse standortgebunden und lassen keine Interpretation über die flächenmäßige Verbreitung der Resistenzen zu. Durch mehrjährige Untersuchungen sind Aussagen über die künftige Entwicklung möglich.

Die amtliche Beratung sammelt seit 2006 solche Ungrassamenproben von Getreideflächen in Rheinland-Pfalz ‑ anfangs beschränkt auf Ackerfuchsschwanz. Seit 2007 wurdeN die Probenahmen auf Windhalm und 2011 auch auf Flughafer ausgedehnt. 2012 wurden insgesamt 24 Ackerfuchsschwanz-, 17 Windhalm- und acht Flughaferproben gesammelt und untersucht. Die Ergebnisse der aktuellen Proben werden nachfolgend dargestellt.

Aufwändige Testung auf Herbizidresistenz

Nur mit dem Biotest können derzeit alle Formen der Resistenz (metabolische und Wirkortresistenz) ermittelt werden. Die gesammelten Samenproben werden im Gewächshaus herangezogen und mit ausgewählten Herbiziden in maximaler Feldaufwandmenge behandelt. Bleibt die Wirkung unzureichend, obwohl eine bekannt sensible Herkunft erwartungsgemäß auf die Behandlungen reagiert, ist der Nachweis erbracht. Anschließend werden diese Herkünfte einem zweiten Biotest unterworfen, um Aussagen über Resistenzgrad (Herbizidmenge, die vertragen wird) und Breite der Resistenz (sind weitere Wirkstoffe betroffen?) machen zu können. Zur Erleichterung der Übersichtlichkeit wurden die Ergebnisse in drei Gruppen unterteilt:

+ = schwache Resistenz ++ = mittlere Resistenz

+++ = hohe Resistenz Ackerfuchsschwanz

bereitet Sorgen

Die Auswertung der 2012 gesammelten Ackerfuchsschwanzproben ist in der Tabelle 1 zusammengefasst. Lediglich bei drei der 24 Ackerfuchsschwanzproben waren alle eingesetzten Ungrasmittel noch voll wirksam. Die übrigen waren in mehr oder weniger starkem Umfang von Resistenz betroffen. Wirkungseinschränkungen waren besonders häufig bei Ralon Super zu beobachten. Im Vergleich zum Vorjahr war eine deutliche Zunahme von Kreuzresistenz mit Axial zu erkennen, das heißt beide Wirkstoffe wirken auf solchen Standorten nicht mehr ausreichend.

Auf den Flächen 10 und 17 wirkte auch ein Focus Ultra nicht mehr zufrieden stellend. Das kann als Hinweis auf eine Targetside-Resistenz gegen ACCase-Hemmer gewertet werden.

Während sich die Resistenzen auf der Fläche 19 fast ausschließlich auf Sulfonylharnstoffe beschränkte, war auf den Flächen 10 und 20 bis 22 eine sehr große Resistenzbreite (Multiresistenz) zu verzeichnen.

Obwohl bei IPU keine Resistenzen nachweisbar waren, muss auf den genannten Flächen davon ausgegangen werden, dass im Frühjahr der Ackerfuchsschwanz nicht mehr zufrieden stellend kontrollierbar ist. Der Resistenznachweis ist bei IPU unter Gewächshausbedingungen sehr unsicher, weil die Wirkung im Vergleich zum Freiland zu gut ist.

Ralon Super neigt unter den ACCase-Hemmern (A) zu sehr raschem Resistenzaufbau. Ähnlich scheint es mit Lexus bei den Sulfonylharnstoffen (B) zu sein. Andere Wirkstoffe (z. B. Attribut und Atlantis) sind deutlich weniger häufig betroffen beziehungsweise benötigen mehr Zeit für den Resistenzaufbau. Allerdings ist deutlich erkennbar, dass die Resistenz auf solchen Standorten sehr schnell in die Breite geht und selbst wirkungsstarke Präparate wie Broadway und Atlantis in ihrer Wirkung nachlassen.

Dr. Bernd Augustin, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück – LW 32/2013