Mechanischer Schnitt - neue Erfahrungen

Neue Kulturführung erleichtert und vereinfacht viele Arbeiten

In den zurückliegenden Jahren hielt der mechanische Schnitt Einzug in zahlreiche Betriebe, häufig probehalber im Vergleich zu herkömmlichen Schnittsystemen. Dabei wurde anfangs meist die ursprüngliche Lorettemethode angewandt, das heißt der Schnitt bei acht bis zwölf Blättern. In der Regel reagierten die umgestellten Parzellen darauf mit erhöhtem Fruchtansatz, der nicht selten ungenügend oder zu spät korrigiert wurde. In Folge dessen ging mit der Umstellung die Erfahrung nachlassender Fruchtqualitäten einher. Dass unzureichende Fruchtbehangsregulierung die Fruchtqualität beeinträchtigt, ist jedoch ein grundsätzlicher Zusammenhang, der für alle Schnittsysteme gilt, somit auch, aber nicht nur, für den mechanischen Schnitt.

Schnitt zum Entwicklungszeitpunkt „Rote Knospe“.

Foto: Uwe Harzer

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass der mechanische Schnitt immer eine Schwächung des Wachstums zur Folge hat. Das Ausmaß der Wuchsberuhigung ist abhängig vom Schnitttermin. Am eklatantesten wirkt sich der Schnitt im Mai/Juni (Lorette) aus, gefolgt vom Nachernte- und Vorblüteschnitt.

Lorette-System – ein Auslaufmodell

Nach dem Loretteschnitt stellt sich ein enges Blatt-Frucht-Verhältnis ein, welches bei hoher Behangdichte Alternanz- und Qualitätsprobleme verursachen kann. Hierzu kann auch der mit dem frühsommerlichen Schnitt einhergehende Stress beitragen. Ein weiterer Nachteil ist die große Gefahr des Wiederaustriebs im Sommer, mit den damit verbundenen Gefahren einer Neuinfek­tion mit Mehltau, Schorf und Läusen. Diese negativen Begleiterscheinungen haben zur Prüfung weiterer Schnitttermine geführt, deren vorläufige Beurteilung wie folgt ausfällt.

Als Alternativen wurden bisher der Schnitt bei „Rote Knospe“ (Vorblüte bis Blüte), der Herbstschnitt aber auch der Winterschnitt geprüft.

  • Der Schnitt unmittelbar vor der Blüte (Rote Knospe) wirkt wachstumsberuhigend und Fruchtansatz fördernd. Er eignet sich besonders für wuchskräftige Anlagen mit hohem Fruchtansatz oder ausgewogen stark wachsende Anlagen mit mittlerem oder geringeren Fruchtansatz. Je näher der Schnitttermin zur Blüte rückt, umso stärker fällt die Wuchsreduktion aus und umso genauer kann die Schnittbreite dem (noch) vorhande­nen Blütenpotenzial angepasst werden. Der Ergänzungsschnitt muss allerdings vorher stattfinden, was dessen Ausführung komplizierter gestaltet.
  • Der Schnitt unmittelbar nach der Ernte (mit Blättern) wirkt ebenso wachstumsberuhigend und Fruchtansatz fördernd wie der Vorblüteschnitt. Prädestiniert dazu sind ausreichend wuchskräftige Anlagen mit ausreichend hohem Fruchtansatz. Der notwendige Ergänzungsschnitt lässt sich anschließend (Januar/Februar) wegen der übersichtlichen Baumstruktur rasch und effizient durchführen. Der Herbsttermin ist daher arbeitswirtschaftlich am interessantesten. Bei der Umstellung von mit Krebs befallenen Anlagen ist, vor allem bei Entstehung größerer ungeschützter Wunden, eine stärkere Ausbreitung des Befalls möglich.
  • Der Schnitt im Winter (Januar/Fe­-b­ruar) wirkt sich von allen Terminen am wachstumsstimulierendsten aus. Er ist in (zu) ruhigen Anlagen mit diploiden (mittel bis kleinfrüchtigen) Sorten sinnvoll, vor allem bei voraussichtlich sicherem Fruchtansatz.
 
Gerhard Baab, DLR Rheinpfalz, Luka Olbertz; Universität Bonn – LW 11/2013