Nachfrage war da, aber nicht die Gerste

Für den Anbau von Braugerste gab es in der vergangenen Saison ein Stück weit Entwarnung: Sowohl in Hessen als auch in Rheinland-Pfalz wurde der negative Trend gestoppt und wieder – wenn auch in geringem Umfang – mehr vom Bier-Rohstoff Nummer eins angebaut. Schwache Qualitäten aus dem Vorjahr, eine schwierige Herbstaussaat 2010 und eine dadurch bedingte günstige Marktlage hatten viele Landwirte dazu bewogen, sich auf den relativ riskanten Anbau von Sommerbraugerste einzulassen.

Aber was nutzen gute Absatzchancen, wenn wieder einmal die Witterung nicht mitspielt. Das bekanntermaßen viel zu trockene Frühjahr 2011 hat bei der Braugerste dazu geführt, dass die Pflanzen weniger bestockten und Triebe reduziert wurden. Im nassen Sommer wurde dann durch die einsetzende Mineralisation verstärkt Stickstoff in die wenigen Körner eingelagert. Dadurch konnten viele Partien den geforderten Rohprotein-Gehalt von maximal 11,5 Prozent nicht einhalten. Bundesweit konnte fast ein Drittel der erzeugten Ware nicht wie vorgesehen vermarktet werden.

Mit der Braugerste war also im letzten Jahr oft kein Geld zu verdienen, und viele Bauern werden sicher diesmal auf Ackerfrüchte umsteigen, deren Absatz auch gesichert ist. Eine knappe Versorgung mit heimischer Ware ist also jetzt schon ab­sehbar.

Abhilfe kann hier nur die aufnehmende Hand schaffen, indem sie einerseits durch ihre Preisgestaltung eine gewisse Risikoabsicherung bietet und andereseits durch einen schnelleren Sortenwechsel stärker auf die ackerbaulichen Erfordernisse der Landwirte eingeht. Sorten, die auch in schwierigen Jahren die geforderten Qualitä­ten bringen, stehen zur Verfügung.

Welche das sind, haben die Landessortenversuche in diesem Extremjahr deutlich zeigen können. Die Ergebnisse und die mit dem Handel abgestimmten Sortenempfehlungen finden Sie in dieser Ausgabe ab Seite 18.

Karsten Becker