Nähe und Distanz

Beides wird benötigt

Im Umgang mit „Corona“ gehört räumliche Distanzierung mit zur gegenwärtigen Realität. So wichtig das für den Infektionsschutz ist, so zeigt es doch auch, welche Bedeutung die Nähe in persönlichen Beziehungen hat. Im nachfolgenden Beitrag geht Peter Jantsch, Diplom-Agraringenieur und systemischer Coach, darauf ein, was Nähe und Distanz für uns bedeuten.

Zurzeit muss Abstand gehalten werden. Dabei ist körperliche Nähe ein Grundbedürfnis des Menschen.

Foto: imago images/Christian Ohde

„Social distancing“ bedeutet, einen Abstand von mindestens 1,50 m zwischen zwei Menschen zu wahren. In der Tat ist der Begriff nicht ganz stimmig, weil es sich dabei um eine räumliche Distanz handelt und nicht um eine soziale. Eine soziale Distanz schafft eher die Kontaktsperre, die, von Bundesland zu Bundesland verschieden, verbietet, sich mit mehr als einer oder wenigen Personen zu treffen, mit denen man nicht im selben sowie in einem weiteren Haushalt lebt.

Diese Maßnahmen scheinen angemessen für die gegenwärtige Situation zu sein, es entspricht aber nicht dem Bedürfnis des Menschen nach Gesellschaft und Nähe. Selbst wenn die körperliche Nähe unter Partnern oder Familienmitgliedern, die in einem Haushalt wohnen, weiterhin möglich ist, wird deutlich, wie viele kleine Momente körperlicher Nähe wir darüber hinaus leben. Das klassische Händeschütteln, oft reflexhaft und unbewusst, plötzlich fehlt es. Wie oft legt man mal im Gespräch mit Kollegen oder Freunden als Geste eine Hand auf die Schulter oder auf den Arm. Das ist beruhigend oder beziehungsstiftend.

Die durch Corona auferlegte körperliche Distanz rückt die Bedeutung der Nähe wieder stärker in die Aufmerksamkeit.

Jantsch, www.veraenderung.jetzt – LW 21/2020