Nährstoffverfügbarkeit und Bodenstabilität sichern

Auch in schwierigen Zeiten auf Kalkung nicht verzichten

Die Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft unterliegen in den letzten Jahren sehr starken Veränderungen. Die Preise sowohl für landwirtschaftlich erzeugte Produkte, aber auch für die eingesetzten Betriebsmittel wie Energie, Futtermittel und Düngemittel, unterliegen stärkeren Schwankungen. Die Preise für Kalkdüngemittel stellen hierbei eine Ausnahme dar und befinden sich praktisch seit Jahren auf einem nahezu gleichen Niveau.

Kalkgaben sind fast immer eine lohnende Investition.

Foto: Werkbild Amazone

Bei den teils sehr geringen Erlösen für die erzeugten Produkte stellt sich die Frage, mit welcher Intensität die Produktion betrieben werden soll. Aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertungen belegen, dass auch unter den derzeitigen Rahmenbedingungen mit relativ geringen Erlösen ein hoher Betriebsmitteleinsatz sinnvoll ist. Verzicht auf Ertrag durch geringere Intensität bei Pflanzenschutz oder Düngemitteln ziehen schnell starke Gewinnverluste nach sich.

Hohe Intensität lohnt sich weiterhin

Langjährige Versuche zeigen, dass ein schlechter Kalkzustand erhebliche Ertragsverluste mit sich bringt. Daher ist es – trotz des angespannten Budgets für die Betriebsmittel – wichtig, den Zustand des Bodens im Hinblick auf den pH-Wert und den Kalkzustand nicht aus dem Blick zu verlieren. Häufig werden die „hohen“ Kosten für eine Kalkung als Grund für eine Unterlassung angeführt. Dieses Argument ist bei näherem Hinsehen nicht haltbar. Der Anteil der Kalkdünger an den gesamten variablen Aufwendungen ist mit 1 bis 3 Prozent relativ gering. Die Kalkung nimmt bei den Düngungsmaßnahmen eine Sonderrolle ein. Sie stellt in erster Linie eine Bodendüngung dar. Anders als bei anderen Nährstoffen – wie etwa Stickstoff – kann man Schäden oder Ertragseinbußen, verursacht durch einen unzureichenden Kalkzustand, nicht immer unmittelbar sehen oder zuordnen.

Der Kalkzustand steht allerdings in einer komplexen Beziehung zu allen anderen pflanzenbaulichen Prozessen im Boden. Nur wenn ein Boden ausreichend mit Kalk versorgt ist, kommen alle anderen Maßnahmen voll zum Tragen oder umgekehrt gesagt: Stimmt der Kalkgehalt nicht, muss mit einer abnehmenden Effektivität aller andern pflanzenbaulichen Maßnahmen gerechnet werden. Der pH-Wert des Bodens hat einen zentralen Einfluss auf die Verfügbarkeit und Ausnutzung der Nährstoffe wie Stickstoff, Kalium oder Phosphat. Sinkt der pH-Wert unter das Optimum ab, fällt auch der Ausnutzungsgrad der Nährstoffe sehr schnell ab. Dann werden die teuer bezahlten Nährstoffe nur zu einem geringen Anteil ertragswirksam verwertet, und der Rest geht ungenutzt verloren.

Einstellung eines geeigneten pH-Wertes

Auch der sich im Boden befindliche Phosphat-Pool ist für die Pflanzen nur im schwach sauren bis neutralem pH-Bereich ausreichend nutzbar. Nur dann werden aus dem Bodenvorrat stetig ausreichende Phosphor-Mengen in die Bodenlösung nachgeliefert, um die pflanzlichen Anforderungen auch in Phasen mit hohem Bedarf abzudecken, während bei tieferen pH-Werten die Phosphate als schwer lösliche Fe- und Al-Phosphate gebunden vorliegen. Eine Kalkung ist neben der Einstellung eines geeigneten pH-Wertes aber auch für wichtige bodenphysikalische Prozesse verantwortlich. Nur bei einem ausreichenden Kalkzustand (Stichwort „freier Kalk“) ist eine stabile Bodenstruktur gewährleistet. Dabei bilden die Calcium- (und Magnesium-) Ionen stabile Brücken zwischen den Bodenfeinanteilen (Ton, Schluff) und der organischen Substanz (Ton-Humus-Komplexe). Im Oberboden gewährleistet freier Kalk so eine beständige Krümelstruktur die – insbesondere bei anfälligen Kulturen wie Zuckerrüben, Mais, Raps oder Gerste – für den Auflauf und die Jugendentwicklung von Bedeutung ist.

Im Unterboden garantiert eine Kalkung eine dauerhafte, belastbare Gefügestabilität durch eine Stabilisierung der Tonminerale. Es bildet sich ein ausgewogenes Verhältnis von Grob- und Feinporen. Das ist entscheidend für die Wasserführung und -haltefähigkeit sowie den Gasaustausch (Luft/CO2) und die Durchwurzelbarkeit eines Bodens. In den letzten Jahren mit schlechter Verteilung der Niederschläge (Starkregenereignisse wechseln mit längeren Trockenperioden) ist eine gute „Regenverdaulichkeit“ des Bodens bei hohen Niederschlagsmengen aber auch ein gutes Wasserhaltevermögen in Trockenzeiten von steigender Bedeutung. Insbesondere bei tonigen und schluffigen Böden, die zur Verschlämmung und Verdichtung neigen, ist neben dem pH-Wert als Kenngröße auch auf einen genügenden Gehalt an „freiem Kalk“ zu achten. Das ist durch eine regelmäßige Kalkung – idealerweise mit schnell umsetzbaren Kalken zu den empfindlichen Kulturen – gewährleistet. Die gegenüber unterlassener Kalkung bessere Struktur fördert Wurzelwachstum und Aktivität des Bodenlebens über einen harmonischen Luft, Wasser und Wärmehaushalt. Die Aktivität der Biomasse im Boden wird durch die chemischen und physikalischen Wechselwirkungen einer angepassten Kalkung deutlich gefördert. Das erhöht wiederum die von der Leistung der Bodenlebewesen beeinflusste N-Verfügbarkeit.

Der optimale Zeitpunkt

Je nach Kultur bieten sich verschiedene Termine für die Kalkung an. Bei hinsichtlich der Bodenstruktur empfindlichen Pflanzen ist eine Vorsaatkalkung ideal. Aus arbeitswirtschaftlichen Gründen bietet sich oftmals die Stoppelkalkung an. Der Boden ist zu dieser Zeit in der Regel gut befahrbar und der ausgebrachte Kalk kann so in einem Arbeitsgang ohne zusätzliche Mehrkosten flach in die Krume eingearbeitet werden und voll zur Wirkung kommen. Die Kalkung innerhalb der Fruchtfolge ist insbesondere zu den Kulturen Raps, Gerste oder Zuckerrüben zu empfehlen.

Dr. Uwe Pihl, Rheinkalk KDI GmbH, Landesarbeitskreis Düngung Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland – LW 16/2016