Neuer Fall der Infektiösen Anämie in Hessen

Verdacht durch Labortest bestätigt – weitere Pferde untersucht

In einer Pferdehaltung in der Gemeinde Rodgau im Landkreis Offenbach ist ein Pferd an Ansteckender Blutarmut erkrankt. Das Pferd war in einer Haltung mit insgesamt sieben Pferden untergebracht und zeigte seit längerer Zeit wiederkehrende Fieberschübe. Eine durchgeführte Blutuntersuchung ergab eine geringgradige Blutarmut (Anämie) und einen Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie). Aufgrund des klinischen Verdachts wurde eine Blutprobe zur Untersuchung auf Antikörper gegen das Virus an den Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) gesendet. Die in der dortigen Veterinärabteilung durchgeführten Labortests konnten den Verdacht bestätigen. Das teilt der LHL in einer Pressemeldung mit.

Das Virus der Equinen Infektiösen Anämie wird durch blutsaugende Insekten übertragen und führt je nach Schwere der Erkrankung unter anderem zu Schwäche, Ataxie oder auch Fieber.

Foto: landpixel

Da es sich um eine anzeigepflichtige Tierseuche handelt, wurden veterinärpolizeiliche Maßnahmen, wie Bestandssperre und Untersuchung der Kontakttiere umgehend eingeleitet. Das betroffene Tier muss eingeschläfert werden. Bei dem Erreger der ansteckenden Blutarmut des Pferdes, Equine Infektiöse Anämie (EIA), handelt es sich um einen viralen Krankheitserreger aus der Familie der Retroviren, Genus Lentivirus. Betroffen sind neben Pferden auch andere Equiden, wie Ponys, Esel, Maulesel und Zebras. Für den Menschen ist das Virus ungefährlich. Als Hauptübertragungsweg gilt die mechanische Übertragung durch blutsaugende Insekten, wie Pferdebremsen. Eine Virusvermehrung in den Insekten selbst erfolgt nicht. Es handelt sich um eine Kontamination der Mundwerkzeuge. Da das Virus auf diese Weise nur rund 30 Minuten infektiös ist, kommt eine Übertragung über größere Strecken nicht vor. Eine direkte oder indirekte Übertragung des Virus über Körperflüssigkeiten, wie zum Beispiel Speichel, Milch oder Urin ist bei sehr engem Tierkontakt nicht ausgeschlossen.

Antikörper-Bildung aber keine Immunität

Infektionen mit Lentiviren führen immer zu lebenslangen Infektionen, dass heißt das Tier kann den Erreger nicht eliminieren. Der Körper bildet zwar spezifische Antikörper, aber durch ständige Veränderungen des Virus kann das Immunsystem die Viren nicht erfolgreich bekämpfen. Deshalb stellen infizierte Tiere immer eine Infektionsquelle dar. Nach einer relativ langen Inkubationsphase von 3 bis 6 Wochen können sich im Verlauf der Erkrankung folgen Formen entwickeln:

  • Akute Form der EIA: Hohes Fieber, Apathie, Schwäche, Ataxie sowie punktförmige Schleimhautblutungen im Bereich der Unterzunge, des Enddarms, der Lidbindehäute und/oder der vorderen Augenkammer.
  • Chronische Krankheitsform mit wiederkehrenden Krankheitsschüben gekennzeichnet durch Fieber, Anämie, Leistungsdepression, Auftreten von Ödemen, besonders an den Gliedmaßen und am Unterbauch und Gewichtsverlust.
  • Latente Infektion als am häufigsten auftretende Form ohne Auftreten jeglicher klinischer Symptomatik. Infolge von Stress können gelegentlich Symptome auftreten.

Wo kommt die Erkrankung vor?

EIA ist eine weltweit verbreitete Erkrankung. Das Vorkommen ist jedoch regional gehäuft. In Europa sind es insbesondere Regionen in Süd- und Osteuropa. In Deutschland kommt es immer wieder zu vereinzelten EIA-Ausbrüchen, meist, wie im vorliegenden Fall durch Importtiere oder Kontakt mit diesen Tieren aus vorgenannten europäischen Regionen. Bei Auftreten der oben beschriebenen Symptomatik oder bei sonstigen Notwendigkeiten der Abklärung eines Infektionsverdachtes folgt die Labordiagnostik. Die Diagnose wird üblicherweise durch den Nachweis von Antikörpern gegen das EIA-Virus gestellt. Zum Einsatz kommt zunächst der Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA). Hier lassen sich vorhandene Antikörper gegen ein erregerspezifisches Virusprotein (p26) mit hoher Empfindlichkeit nachweisen. Eine im ELISA positive Serumprobe wird zusätzlich mittels Agargel-Immundiffusion (AGID) im sogenannten Coggins-Test verifiziert. Ist dieser Test auch positiv, ist die Infektion bestätigt. Die Virus-RNA selbst lässt sich mittels Realtime-Polymerase-Kettenreaktion (PCR) nachweisen. Dieser zeit- und kostenintensivere Test kommt routinemäßig bei der Seuchenabklärung der EIA nicht zum Einsatz, da ein Antikörper-positives Tier das Virus lebenslang beherbergt.

Bekämpfung über Prophylaxe

Heilungsversuche sowie die Impfung sind nach deutschem Tierseuchenrecht verboten. Somit bleiben nur Prophylaxe-Maßnahmen, damit die Erkrankung möglichst gar nicht erst auftritt. Dazu gehört neben der Einstallung von negativ getesteten Tieren eine effektive Insektenbekämpfung sowie die Vermeidung von Pferdekontakten auf Turnieren. Nach Feststellung des Ausbruchs sind gemäß der Verordnung zum Schutz gegen die Ansteckende Blutarmut der Einhufer (Einhufer-Blutarmut-VO, BlutArmV 2010) die Sperrung der betroffenen Pferdehaltung, einschließlich möglicher Kontaktbetriebe, das Testen aller Kontakttiere sowie das Töten positiv getesteter Tiere neben begleitenden hygienischen Maßnahmen vorgesehen.

 – LW 24/2020