Neuer Wolfsmanagementplan für Hessen vorgestellt

Wolfszentrum Hessen hat die Arbeit aufgenommen

Der Wolf ist nach Hessen zurückgekehrt. Damit wachsen die Sorgen der Weidetierhalter um ihre Tiere. In dem neuen Wolfsmanagementplan der Hessischen Landesregierung sind unter anderem die Fördermöglichkeiten für Herdenschutzmaßnahmen sowie Beratungsangebote für Weidetierhalter aufgeführt. Im Mittelpunkt des Wolfsmanagements steht das neu gegründete Wolfszentrum Hessen (WZH) im Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG).

Die Existenz der Weidetierhalter ist durch den Wolf bedroht. Das machten Schäfer, Rinder- und Pferdehalter bei vielen Gelegenheiten, wie hier im August vergangenen Jahres auf dem Eichhof, deutlich.

Foto: privat

„Der Wolf ist nach Hessen zurückgekehrt. Wir sind überzeugt, dass ein konfliktarmes Zusammenleben von Mensch und Wolf gelingen kann, und schaffen mit dem neuen Wolfsmanagementplan die Rahmenbedingungen dafür“, sagte die hessische Umweltministerin Priska Hinz am vergangenen Freitag bei der Vorstellung des Wolfsmanagementplans.

Fünf Wolfsterritorien in Hessen

Inzwischen seien fünf Wolfsterritorien dokumentiert: eine Wölfin im Vogelsberg, eine weitere in Nordhessen, zwei weitere Wölfinnen im Kreis Hersfeld-Rotenburg und im Rheingau-Taunus-Kreis sowie ein männliches Tier im Odenwald. Zusätzlich zögen immer wieder Wölfe auf der Suche nach neuen Territorien durch Hessen. „Wir müssen jederzeit und überall mit Wölfen rechnen“, so die Ministerin. Damit nehme auch die Herausforderung für die Weidehaltung zu. „Wir haben den Wolfsmanagementplan weiterentwickelt mit dem Ziel, Konflikte zu minimieren“, erklärte Hinz. „Wir nehmen die Sorgen der Weidetierhalter ernst“, versicherte die Ministerin und räumte ein, dass das Zusammenleben mit dem Wolf wohl nicht ganz ohne Konflikte gehen wird. Aus diesem Grund seien auch die Verbände aus Landwirtschaft, Naturschutz und Jagd in die Weiterentwicklung des Managementplans eingebunden worden.

Der Wolfsmanagementplan bietet Informationen rund um das Verhalten von Wölfen und erklärt, was beispielsweise bei einer Wolfssichtung zu tun ist. Nutztierhalter erhalten einen Ãœberblick über Fördermöglichkeiten, Beratungsangebote und Ansprechpersonen. Die Ministerin sieht in dem Weidegrundschutz die wichtigste Sicherungsmaßnahme der Tiere. Hierzu zählen bei Schafen und Ziegen eine nach allen Seiten geschlossene Einzäunung mit Elektroknotennetzen mit gutem Bodenabschluss, der mindestens 90 cm hoch ist und 2 500 Volt Hütespannung aufweist. „Der Wolf muss lernen, dass Weidetiere keine leichte Beute sind. Hier liegt die Verantwortung der Weidetierhalter, bei der wir sie unterstützen wollen. Der Wolf soll Schmerzen erleiden, wenn er auf einen Weidezaun trifft“, erklärte Hinz.

Förderung in Wolfspräventionsgebieten

Die Weidetierhalter sollen nach den Plänen der Landesregierung in sogenannten Wolfspräventionsgebieten bei Investitionen rund um einen erweiterten Herdenschutz finanziell unterstützt werden. Dazu zählt beispielsweise eine Erhöhung der Zäune, eine stärkere Elektrifizierung oder auch ein verbesserter Untergrabschutz. Auch die Einrichtung von Nachtpferchen oder die Anschaffung von Herdenschutzhunden könne im Einzelfall hilfreich sein. „Hierfür stehen 1 Mio. Euro zur Verfügung. Wichtig ist, dass es erstmals auch Unterstützung für die Unterhaltung der Herdenschutzmaßnahmen gibt. Die genauen Förderbedingungen seien noch in der Abstimmung. Die Verbändeanhörung zur Förderrichtlinie sei in der Vorwoche bereits abgeschlossen worden. Wir werden die zahlreichen Rückmeldungen schnellstmöglich prüfen und die Richtlinie auf den Weg bringen“, so Hinz. Auch die Entschädigungen würden nach der Abstimmung mit den Verbänden noch in die Förderbedingungen aufgenommen.

Zuständigkeiten für die Beratung

Der Wolfsmanagementplan legt die Zuständigkeiten und Aufgaben der hessischen Behörden fest. „Wir haben neue Strukturen für die Beratung angelegt“, erklärte die Ministerin. Neben den ehrenamtlichen Wolfsberatern soll künftig in jedem der 39 Forstämter der HessenForst ein zusätzlicher amtlicher Wolfsberater agieren. Die Fäden für das Wolfsmonitoring in Hessen laufen künftig in dem neu geschaffenen Wolfszentrum Hessen (WHZ) zusammen, das in Wiesbaden im Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie angesiedelt wird. Die Zusammenarbeit mit den Verbänden soll im Rahmen der AG „Wolf in Hessen“ beibehalten werden, sie behalten eine zentrale Beratungsfunktion, insbesondere bei der Weiterentwicklung des Wolfsmanagements.

Prof. Dr. Thomas Schmid, Präsident des Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG), stellte das neu gegründete Wolfszentrum Hessen (WZH) vor. „Ich bin davon überzeugt, dass ein friedliches Zusammenleben zwischen Menschen und Wölfen möglich ist – ebenso wie der Interessenausgleich zwischen Weidetierhaltung und Naturschutz. Dafür wird das HLNUG sich künftig verstärkt einsetzen.“ Das WZH ist ab sofort der zentrale Ansprechpartner für fachliche Fragen zu Verhalten und Vorkommen des Wolfs, Ratgeber für die Vollzugs- und Förderverwaltung und zuständig für den Wissens- und Erfahrungsaustausch mit anderen Behörden sowie den involvierten Verbänden. Damit übernehme das HLNUG zusätzlich zu den bisherigen Aufgaben im Rahmen des Wolfsmonitorings künftig auch weitergehende Aufgaben: Dazu gehören unter anderem die Koordination und Betreuung der Wolfshotline (per Mail oder telefonisch) sowie die fachliche Beratung von Einzelpersonen, Tierhaltern, Institutionen, Behörden und Verbänden. Ministerin Hinz wies darauf hin, dass der Wolf unter Naturschutz steht. Im vergangenen Jahr seien in Hessen sieben Riss­ereignisse mit 30 Tieren dokumentiert worden, in diesem Jahr erst ein Rissereignis. Nur bei einer Gefährdung von Menschen und zur Abwehr ernster wirtschaftlicher Schäden komme ein Abschuss in Betracht. „Die Tötung eines Wolfes ist immer umstritten und darf nur als letztes Mittel in Betracht gezogen werden. Alternative Maßnahmen müssen vorher ausgeschöpft sein. Deswegen konzentrieren wir uns vielmehr darauf, die Weidetierhaltungen bestmöglich beim Schutz ihrer Herden zu unterstützen“, sagte Hinz.

Schmal: konsequentes Eingreifen erforderlich

Der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Karsten Schmal, hat sich am Freitag in einer ersten Stellungnahme wie folgt zum neuen hessischen Wolfsmanagementplan geäußert: „Der von Hessens Umweltministerin Priska Hinz vorgestellte neue Wolfs-managementplan bedeutet keinen wirklichen Schutz für unsere Weidetiere. Wir brauchen ein möglichst frühzeitiges und konsequentes Eingreifen gegen den Wolf, damit er sich von Siedlungen und Weidetieren fernhält, bevor Tiere oder gar Menschen zu Schaden kommen. Der Bestand an Wölfen hat hierzulande ein Ausmaß erreicht, so dass praktikable Regelungen zur Entnahme auffälliger Wölfe längst überfällig sind.“Sollte es zu Wolfsrissen kommen, seien diese adäquat und vollständig zu entschädigen, so Schmal weiter. Nicht zuletzt sei der Wolf sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene in das Jagdrecht aufzunehmen. „Die grundsätzliche Unterstützung der Weidetierhalter seitens der Landesregierung ist positiv zu bewerten, allerdings unzureichend.“

Der Wolfsmanagementplan ist im Internet unter https://umwelt.hessen.de/sites/default/files/media/wolfsmanagementplan_hessen.pdf abrufbar. Beratung zu den einzelnen Förderprogrammen erhalten die Landwirtinnen und Landwirte bei den landwirtschaftlichen Fachdiensten der Landkreise:  https://umwelt.hessen.de/sites/default/files/media/hmuelv/kontaktdaten_halm_zustaendige_landratsaemter.pdf

ibs – LW 18/2021