Öko-Roggen drischt deutlich besser als in den Vorjahren

LSV Winterroggen, ökologischer Anbau

Unter den Getreidearten ist der Roggen so anspruchslos wie kein anderes Getreide. Aufgrund der ausgeprägten Resistenz gegenüber Kahlfrösten, des starken Wurzelsystems und der frühen Pflanzenentwicklung bei langer Kornfüllungsphase ist er sehr gut auch für grundwasserferne, leichte, sandige Standorte mit Tendenz zur Trockenheit geeignet. Dr. Thorsten Haase vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen fasst die Ergebnisse der hessischen Öko-Landessortenversuche zu Winterroggen aus den vergangenen drei Jahren zusammen.

Im Ökolandbau werden bevorzugt Populationsroggensorten angebaut.

Foto: agrar-press

In Alsfeld-Liederbach (sandiger Lehm) steht der Winterroggen auf einem relativ fruchtbarem Standort und aus versuchstechnischen Gründen sogar nach zweijährigem Feldfutterbau. Aufgrund der integrierten Viehhaltung (0,4 GV/ha) ist auf den Versuchsflächen die Grundnährstoffversorgung mit Phosphor, Kalium und Magnesium auf den meisten Schlägen im optimalen Bereich (Versorgungsstufe C). Auch der pH-Wert kann gewöhnlich als sehr günstig für einen sandigen Lehm (Ackerzahl 55) gelten. Lediglich das Feld im Versuchsjahr 2014/15 wies relative niedrige Werte (Versorgungsstufe B) für die Nährstoffe Phosphor und Kalium auf. Auch der pH-Wert war auffallend niedrig, während die Magnesiumversorgung mit Gehaltsklasse D sehr hoch war. Der Nmin-Gehalt der Böden war dagegen nach relativ mildem Spätherbst und Winter im Frühjahr 2015 sehr niedrig.

Öko-Winterroggen mit erfreulichen Erträgen

Die Erträge des Öko-Winterroggens in Alsfeld-Liederbach liegen 2015 nach zwei sehr dürftigen Jahren mit durchschnittlich 62,7 dt/ha (Durchschnitt von drei Populationssorten) wieder auf einem sehr hohen Niveau. Für die Auswertung des vorliegenden Sortiments wurden Verrechnungssorten genutzt, für die Ergebnisse aus allen drei Versuchsjahren vorliegen. Mit dem durchschnittlichen Ertrag dieser drei (Populations-) Sorten wurden im jeweiligen Versuchsjahr die Ergebnisse der anderen, teilweise erst einjährig geprüften Sorten verglichen.

Auch weil im Ökolandbau bevorzugt Populationssorten angebaut werden, ist der Vergleich innerhalb der Gruppe der Populationssorten vorzunehmen. Die Populations- und die Hybridsorten unterscheiden sich naturgemäß sehr stark in ihrem Ertragspotenzial. Es wäre daher verfehlt, eine Hybrid- mit einer Populationsorte zu vergleichen. Die ebenfalls im Verhältnis zu den Verrechnungssorten angegebene relative Ertragsleistung der Hybriden sollte lediglich für den Vergleich der Hybriden untereinander herangezogen werden.

Vergleicht man die jeweils gemittelten Erträge der drei, in allen drei Jahren geprüften Sorten miteinander, so sind die Unterschiede marginal. Wenn sich der mittlere Ertrag der Sorten kaum voneinander unterscheidet, lohnt sich der Blick auf die Ertragsstabilität. Je geringer die Abweichung der relativen, einjährigen Ertragsleistung einer Sorte von ihrem eigenen dreijährigen Mittelwert, desto ertragsstabiler ist sie.

Verwertung als Futter- oder Brotroggen

Im Hinblick auf den Futterwert des Roggens ist ein hoher Proteingehalt positiv zu bewerten. Im Falle der Verwendung als Brotroggen können hohe Gehalte jedoch die Mehlausbeute verringern. Die Rohproteingehalte der Populationssorten unterschieden sich in der vorliegenden Untersuchung kaum voneinander.

Als wichtigstes Qualitätskriterium für die Backfähigkeit des Roggens gilt die Fallzahl. Backtechnisch werden bei Roggen für Weißmehlprodukte hohe Fallzahlen günstiger beurteilt. Die folgende Bewertung der Sorten basiert weniger auf der Ausprägung der beiden Qualitätsparameter Rohprotein und Fallzahl als vielmehr auf der im Versuch erzielten Ertragsleistung und den agronomischen Eigenschaften der Sorten.

Die geprüften Sorten im Überblick

Populationssorten:

Die Sorte Conduct ist blattgesund, vor allem was die Anfälligkeit für Mehltau und Braunrost betrifft, lang im Stroh bei mittlerer Standfestigkeit. Im Mittel der drei Jahre war sie die stabilste Populationssorte. Sie kann nach wie vor für den Anbau empfohlen werden.

Dukato enttäuschte hinsichtlich ihres Ertrages in einem von drei Jahren und drosch sonst aber ähnlich wie Conduct. Dukato ist mittellang bei gleichzeitig sehr guter Standfestigkeit und ausgewogener Blattgesundheit. Die Populationssorte kann, wenn auch weniger eindeutig als Conduct, für den Anbau empfohlen werden.

Firmament hat über die drei Jahre im Relativertrag starke Schwankungen gezeigt. Die Sorte ist langstrohig, laut Züchterangaben sehr winterhart und hat eine gute Blattgesundheit. Um eine gute Standfestigkeit zu sichern, sollte auf besseren Standorten oder bei zu erwartender hoher N-Nachlieferung der Vorfrucht die Saatstärke von 300 auf 250 keimfähige Körner/m2 reduziert werden.

Inspector wurde 2015 zum zweiten Mal geprüft. Ihr Abschneiden im Ertrag ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht eindeutig zu interpretieren, da die Sorte einmal deutlich über und einmal deutlich unter dem Mittel der Verrechnungssorten abschnitt. Hier bleibt ein drittes Prüfjahr abzuwarten. Sie ist relativ lang und gleichzeitig, wenig anfällig für Lager, ebenfalls erfreulich ist die gute Blattgesundheit.

Hybridsorten:

SU Performer hat in beiden Prüfjahren Höchsterträge und eine hohe Fallzahl erreicht. Pflanzenbaulich von Nachteil aus Sicht des Ökolandbaus ist die kurze Pflanzenlänge. Auch die recht hohe Anfälligkeit für Mutterkorn muss berücksichtigt werden. Aufgrund ihrer Spitzenerträge wird man jedoch – möchte man sich auf Hybriden einlassen – jedoch kaum an dieser Sorte vorbeikommen.

KWS Bono wurde bislang nur einjährig geprüft. Sie ist eine sehr kurze, gesunde Sorte, die 2015 aber bei weitem nicht mit SU Performer mithalten konnte. Ihr sehr ausgeglichenes Portfolio der wichtigen agronomischen Eigenschaften macht neugierig auf die folgenden Prüfjahre.

Hybridroggen spielen im Ökoanbau immer noch eine untergeordnete Rolle, obwohl die meisten Verbände (außer Demeter) den Anbau erlauben. Weil der Nachbau nur mit erheblichen Ertragseinbußen möglich ist, finden nur wenig Hybriden in der Praxis Verwendung; hinzu kommen die relativ hohen Kosten für Z-Saatgut. Betrachtet man aber das langjährige Abschneiden der geprüften Hybriden, darf man annehmen, dass die Mehrkosten durch die sehr hohen Erträge mehr als kompensiert werden.

Was beim Anbau zu beachten ist

Günstige Vorfrüchte sind Körnerleguminosen, Kartoffeln, Weizen, Hafer und Mais. Auf leichten Standorten kann der Roggen auch nach Kleegras angebaut werden, auf leichten und schweren Böden besser an sehr abtragender Position am Ende der Fruchtfolge. Dort bietet er eine gute Deckfrucht für Untersaaten eines folgenden Kleegrases. Winterroggen kann auch in abtragender Fruchtfolgestellung im Vergleich zu den anderen Getreidearten noch hohe Kornerträge ausbilden, wohingegen bei zu guter Stellung in der Rotation das Risiko des Lagerns steigt. Bei Lager kann Auswuchs und damit ein Verlust der Backqualität die Folge sein.

Roggen nutzt im Herbst aufgrund seiner bescheidenen Vorwinterentwicklung nur geringe Mengen bodenbürtigen Stickstoffs. Daher ist ein später Umbruch einer Vorfrucht oder Gründüngung ratsam um – insbesondere auf leichten Standorten – N-Auswaschungs­verluste zu minimieren. Die späte Bodenbearbeitung und Aussaat kann auch das Aufkommen von Unkräutern reduzieren. Auf einem genügend abgesetzten Saatbett wird Roggen 1 bis 2 cm flach abgelegt, auf leichteren Böden auch bis zu 3 cm tief. Ein Reinschmieren bei zu nassem Boden ist möglichst zu vermeiden.

Der Roggen besitzt eine hohe Konkurrenzkraft gegenüber Unkräutern, so dass auf begleitende Pflegemaßnahmen meist verzichtet werden kann. Beim Striegeln ist aufgrund des flachen Wurzelwerks Vorsicht geboten. Sehr flach und spät gesäte Bestände sollten im Frühjahr vor dem Striegeln gegebenenfalls angewalzt werden.

Der Stickstoffbedarf ist vergleichsweise gering, so dass ein Zuviel leicht zu Lager führt. Daher empfiehlt sich eine Düngung mit flüssigen Wirtschaftsdüngern im Frühjahr nur bei sehr leichten Böden. Auswuchs und Verlust der Backqualität können bei einem Übermaß an pflanzenverfügbarem Stickstoff die Folge sein. Da Futterroggen weniger gut bezahlt wird als Weizen, ist es ratsam, sich durch gezielte Sortenwahl auf die Erzeugung von Roggen mit guter Backqualität zu konzentrieren. Ein rechtzeitiger Drusch sichert Qualität und kompensiert für höhere Trocknungskosten.

Verfügbare Öko-Sorten und deren Anbieter sind im Internet auf der Seite www.organicxseeds.com zu finden. Die Ergebnisse der Öko-Landessortenversuche des LLH können auf www.llh.hessen.de/oekologischer-landbau/oekologischer-pflanzenbau.html abgerufen werden.

 – LW 37/2015