Pflanzenschutz: Behörden im Bummelstreik?

Die Zulassungssituation bei Pflanzenschutzmitteln kann man gelinde gesagt als unbefriedigend beschreiben. Die Anzahl der eingereichten Anträge übersteigt in Deutschland seit Jahren die der abgearbeiteten bei weitem. Diese schleppende Bearbeitung verstößt gegen geltendes EU-Recht, das feste Fristen für solche Verfahren vorschreibt. Die Folge sind zahlreiche Klagen von beantragenden Unternehmen.

Ein grundsätzliches Problem hierzulande besteht darin, dass vier Institutionen bei der Zulassung mitzureden haben: das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als Zulassungsbehörde, das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das Julius Kühn-Institut (JKI) und das Umweltbundesamt (UBA), wobei keine Zulassung ohne Zustimmung des UBA erfolgen darf. Hier sind Reibungsverluste vorprogrammiert, die nur von der Politik abgebaut werden können. Leider ist oft das Gegenteil der Fall, indem vor allem über das UBA eine Politisierung der Entscheidungen erfolgt – Beispiel Glyphosat.

Zusätzlich haben die Behörden mit einem erheblichen Mitarbeitermangel zu kämpfen, der aber zuletzt, so wird aus Berlin berichtet, abgemildert wurde.

Die Verzögerungen bei der Zulassung neuer Mittel und auch bei Zulassungs-Erweiterungen bestehender Mittel sind aber nicht nur ein Problem der Hersteller, sondern vor allem auch der Ackerbauern: Sie warten händeringend auf innovative Neuzulassungen, die effektiver und umweltverträglicher als ältere Mittel sind. Denn andereseits laufen die Aberkennungen und Verbote vieler bestehender Mittel wie am Schnürchen.

Neue selektive Produkte sind deshalb nötig, weil sich die Schad­erreger ständig wandeln und Resistenzen hervorbringen, welche die Wirksamkeit älterer Mittel herabsetzen. Um dem entgegenzuwirken, wird ein relativ breites Spektrum an Wirkstoffen benötigt. Werden diese im Feld abwechselnd eingesetzt, wird es den Erregern erschwert, Resistenzen auszubilden. Alternativ müssen weniger wirksame Produkte immer häufiger oder höher dosiert eingesetzt werden, was ja nicht das Ziel sein kann. Dieser Zusammenhang muss immer wieder klargestellt werden.

Karsten Becker – LW 49/2018