Pflegestufe wird abgelehnt – was tun?

Es gibt immer wieder Fälle, bei denen eine beantragte Pflegestufe vom Medizinischen Dienst abgelehnt wird. Das LW hat bei Martina Opfermann-Kersten, Referentin Pflegeleistungen bei der Landwirtschaftlichen Pflegekasse Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland nachgefragt, was man in dieser Situation tun kann.

Martina Opfermann-Kersten ist Referentin Pflegeleistungen bei der Landwirtschaftlichen Pflegekasse Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland in Kassel.

Foto: privat

LW: Woran kann es liegen, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung die beantragte Pflegestufe ablehnt?
Martina Opfermann-Kersten:
Das Pflegeversicherungsgesetz sieht für jede Pflegestufe einen Mindestaufwand für die körperbezogene Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung vor. Um in die Pflegestufe 1 eingestuft zu werden, ist ein Hilfebedarf (Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung) von mindestens 90 Minuten pro Tag erforderlich, wobei der pflegerische Mindestaufwand aus Körperpflege, Ernährung und Mobilität (= die Grundpflege) von mindestens 46 Minuten pro Tag berechnet wird.

LW: Was kann man tun, wenn die beantragte Pflegestufe abgelehnt wurde?
Opfermann-Kersten:
Man kann um eine Kopie des Gutachtens bitten, um zu überprüfen, ob bei der Begutachtung der Hilfebedarf vom Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung entsprechend der Begutachtung im häuslichen Bereich erfasst wurde.

Sofern im Gutachten der Hilfebedarf umfassend erfasst wurde, ist davon auszugehen, dass die Ablehnung der Pflegestufe zu Recht erfolgte. Sofern im Gutachten der Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege nicht vollständig erfasst wurde, ist gegen den Bescheid der Pflegekasse fristgerecht Widerspruch zu erheben. Der Widerspruch sollte in jedem Fall eine entsprechende Begründung beinhalten. Hierbei kann es sehr hilfreich sein, wenn man über circa drei Tage ein Pflegetagebuch führt und dieses der Pflegekasse beziehungsweise dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung dann zur Verfügung stellt. Ein Pflegetagebuch kann bei den Pflegekassen angefordert werden.

LW: Wird ein weiterer Hausbesuch des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nötig?
Opfermann-Kersten:
Sofern gegen das Erstgutachten Widerspruch eingelegt wurde, wird der Medizinische Dienst der Krankenversicherung erneut durch die Pflegekasse beauftragt, eine weitere gutachterliche Stellungnahme abzugeben. Fast immer erfolgt eine erneute Begutachtung im häuslichen Bereich des Versicherten. Die Zweitbegutachtung erfolgt durch einen anderen Gutachter.

LW: Wie sollte man sich da­rauf vorbereiten? Welche Unterlagen werden benötigt?
Opfermann-Kersten:
Es sollte auf jeden Fall die Pflegeperson bei der Begutachtung dabei sein, damit der Hilfebedarf auch vollständig erfasst wird. Außerdem sollte der Tagesablauf des Pflegebedürftigen nicht verändert werden. Dadurch könnte eine Tagesform erreicht werden, die nicht der Tagesform an einem „normalen“ Tag entspricht.

LW: Was kann man tun, wenn die Pflegestufe erneut abgelehnt wird?
Opfermann-Kersten:
Man könnte noch einmal seine Gründe schriftlich darlegen, sofern allerdings auch das zweite Gutachten aus Sicht der Pflegekasse eindeutig ist, wird die Pflegekasse einen Widerspruchsbescheid fertigen. Gegen diesen Bescheid kann dann beim zuständigen Sozialgericht Klage erhoben werden. Es besteht aber auch jederzeit die Möglichkeit, einen neuen Antrag auf Pflegeleistungen zu stellen. Die Fragen stellte Stephanie Lehmkühler